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Blutige Spuren

Blutige Spuren

Titel: Blutige Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Liemann
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Dachboden der Villa. » Ich kann mir nicht vorstellen, dass uns die Befragung seiner Witwe weiterbrächte. Seine Frau ist im Urlaub. Da konnte sie ihn nicht in Berlin abschlachten. Es sei denn, sie hat Urlaub vom Urlaub genommen oder jemanden beauftragt. Möglich. Aber mein Gefühl sagt mir, dass das nicht sehr wahrscheinlich ist. Wäre der erste Fall, in dem eine Frau sich rächt, indem sie die Gedärme ihres Mannes wie Luftschlangen über Holzbalken hängt. Wenn es ein sexuelles Motiv gäbe, hätte sie andere Körperteile von ihm aufgehängt. Ich denke zum Beispiel eher an einen Polizisten, an einen, der ihm etwas verübelt. Wohl kein Knacki, die rächen sich lieber direkt an den Polizisten, die sie in den Bau gebracht haben, als dass sie sich an einem Apparatschik vergreifen, den sie nicht kennen. Und an Terrorismus glaube ich nicht. Also, ich würde – wenn wir denn zuständig wären – bei frustrierten Exkollegen anfangen. Wenn wir da eine Kartei hätten, wäre sie bestimmt reich gefüllt. «
    Beatrix stand nach wie vor angelehnt an die Glasplatte und wirkte nicht überrascht. » Ich danke Ihnen « , versicherte sie, und es klang nach Verabschiedung.
    Kai Sternenberg nahm seine Mappen und erhob sich. » Tja, hoffen wir, dass das BKA viele gute Leute hat. «
    Sie nickte und begleitete ihn mit zwei, drei Schritten in Richtung Tür.
    Als er draußen stand, wandte er sich noch einmal um, klopfte und öffnete die Flügeltür. Beatrix hatte sich inzwischen hinter den Glastisch gesetzt.
    » Ich habe etwas vergessen « , sagte er. » Wenn Sie die Vertretung des Vizepräsidenten übernehmen – wer macht dann Ihre Nachfolge, hier bei uns? «
    Sie hob Schultern und Arme zu einer Geste des schicksalsbedingten Nichtwissens.
    Sternenberg folgte einem Impuls, indem er sagte: » Ich fände es schade, wenn wir jemand anderes bekämen. «
    Sie lächelte.
    Er lächelte auch.
    » Danke « , erwiderte sie knapp.
    Ihm fiel zum ersten Mal auf, dass die Hände der Frau, die fast zehn Jahre älter war als er, und die nebeneinander auf der Glasplatte zwei Halbkugeln aus Luft zu formen schienen, sehr schön waren. Diesem Impuls, das zu sagen, folgte er nicht. Er nickte und ging.

5
    » Wolf – hast du einen Moment? «
    Wolfgang Lichtenberg saß auf einem Sessel neben seinem Schreibtisch inmitten einer Kulisse aus Aktenbergen und Zigarettennebel. Langsam tauchte er mit dem Kopf auf, sog an der Fluppe und deutete auf einen freien Sessel.
    Kai Sternenberg öffnete das Fenster und setzte sich. Werde ich mir diese Freiheit auch noch nehmen, wenn er Büroleiter ist?
    Lichtenberg schob eine Akte beiseite, die vor Sternenberg lag, und ersetzte sie durch ein DIN -A4-großes Foto. Die Leiche eines Mannes, Laub, offenbar ein Waldboden, viel Blut.
    » Wolfgang, ich will mit dir über eine Sache sprechen … «
    Der andere blickte nicht auf, sondern schien weiter mit dem Foto beschäftigt zu sein.
    » Du weißt, dass du für eine Stelle im Gespräch bist?! Darüber wollte ich mit dir sprechen … Okay? «
    Lichtenberg steckte sich wieder den Filter zwischen die gestülpten Lippen und nickte.
    » Ich sehe es so, dass du mein Chef wirst, wenn du zu Beatrix wechselst. Ich glaube, daran muss ich mich erst mal gewöhnen. «
    » Passt schon « , grummelte Lichtenberg.
    Sternenberg schoss hoch. » Passt schon? Mir passt gar nichts. Ich will dich nicht verlieren. Hast du dich beworben um die Stelle? Haben die dich überzeugt? Haben sie dir plötzlich den Aufstieg in den höheren Dienst versprochen? «
    » Setz dich! «
    Er setzte sich. » Und? «
    » Beatrix hat mich gefragt, und ich habe angenommen. Das ist alles. Können wir uns jetzt mit diesem Herrn hier befassen? «
    » Nein! Wie wäre es, wenn du mich auch mal gefragt hättest? Informiert? Oder glaubst du, es ist mir egal, ob du dieses Team verlässt? «
    Lichtenberg zündete sich eine neue Zigarette an, während die Kippe noch qualmte. » Du hättest nein gesagt. «
    » Natürlich. «
    » Also. «
    » Ist das ’ne Erklärung, Wolfgang? Ich höre von einem Tag zum anderen, und zwar nicht von dir, dass du dich wegbewirbst, dass du mit Beatrix ziehst, dass du mein Chef wirst. Du hast kein Wort gesagt. Wann habt ihr das denn bekaspert? «
    » Vor gut zwei Stunden. Und das mit dem ›Chef‹ ist Unsinn. Weißte auch. «
    Sternenberg stand wieder auf. » Ich hatte bisher nie den Eindruck, dass du wegwillst. «
    » Ich wollte nicht weg, aber es ist eine Chance. Konnte ich dir vorher nicht sagen. Haben

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