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Blutige Tränen (German Edition)

Blutige Tränen (German Edition)

Titel: Blutige Tränen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rhys Beck
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»Es ist wichtig.«
    »Dann bring es ihm doch selbst«, brummte Alex.
    Astarans Hand zuckte hoch zu seinem Gürtel. Es war eine winzige Bewegung, doch Alex wusste, was sie bedeutete: Sie hatten ihn die Peitsche oft genug spüren lassen.
    »Ist die Nachricht so schlecht, dass du dich nicht zu ihm traust?«
    Astaran kniff die Augen zusammen. »Wäre sie es, würde es doch sehr sinnvoll sein, einen Vampir zu ihm zu schicken, oder? Es haben schon einige Boten das Leben gelassen, kamen sie mit schlechten Nachrichten.« Sein Blick wanderte zu Raphael hinüber. »Der dort ist die Ausnahme.«
    Ärgerlich stand Alex auf. »Dann gib schon her, das Ding.«
    »Lance ist nicht allein.«
    »Aha, daher weht also der Wind.« Alex nahm das zusammengefaltete Pergament entgegen. Sie genierten sich, Lance zu stören, da er noch immer mit Silk zusammen war. Bei jedem anderen wäre es ihnen wohl egal gewesen, aber dass der Herrscher es mit seinem eigenen Sohn trieb – das war selbst für Astaran zu viel. Fast hätte Alex laut aufgelacht. Scheinmoralisten.
    Mit der Nachricht in der Hand betrat er leise den Raum. Silk lag in Lances kräftigen Armen. Völlig entblößt. Seine helle Haut schimmerte sanft im Schein der Kerzen – er schlief einen erschöpften Schlaf.
    Doch Lance erwachte sofort, als er Alex’ Anwesenheit bemerkte. Ein zufriedenes Lächeln umspielte seinen sonst so harten Mund. Besitzergreifend schlang er den Arm um den hübschen Knaben und zog ihn noch dichter zu sich heran. Sie hatten ihre Wiedervereinigung gebührend gefeiert. Aber es tat Alex nicht leid, sie stören zu müssen.
    »Astaran bat mich«, begann er, »Euch diese Nachricht zu überbringen.«
    Er trat mit gesenktem Blick ans Bett und gab Lance den Brief. Dieser setzte sich auf, schob Silk von sich herunter. Der Junge wachte nicht einmal kurz auf. Alex ließ seine Augen über den hübschen schlanken Körper gleiten und entdeckte eine große, schwarze Tätowierung zwischen Silks Schulterblättern; ein auffälliges, symmetrisches Muster, das sich kontrastreich von der weißen Haut des Jungen abhob. Es war Alex bisher verborgen geblieben. Hätte Lance ihn bei seiner Begutachtung ertappt, wäre er wohl wieder hart bestraft worden, doch dieser las mit zunehmend düsterem Blick die Zeilen. Schließlich faltete er das Pergament wieder zusammen. »Es war klar – sie will den Jungen wiederhaben.«
    Alex wartete gespannt.
    »Du kannst gehen.«
    Wortlos drehte Alex sich um und ließ Lance und Silk allein. Er war neugierig, was Lance nun vorhatte – aber er war nicht scharf darauf, seinen einigermaßen guten Stand wieder zu verscherzen. Und merkwürdigerweise konnte er im Moment keinen Ärger empfinden – dabei gehörte der Zorn zu seinem Wesen!
    Langsam kehrte er in sein Quartier zurück. Raphael wartete dort auf ihn. Er sah noch immer erschöpft aus, blass.
    »Raphael, erzähl mir noch mehr von hier. Von all diesen merkwürdigen Prophezeiungen, Magiern ... und von Silk.«
    Raphael sah sich hektisch um; er befürchtete ständig, belauscht zu werden, und nach seinen letzten Erfahrungen konnte Alex ihm das auch nicht verübeln.
    Er winkte den Vampir zu sich heran. Alex setzte sich und wartete, bis Raphael sich ebenfalls gesetzt hatte. Und er begann zu erzählen ...

Meine Kehle schnürte sich enger zusammen, als ich den kleinen dunklen Raum betrat. Ich war völlig lautlos, trotzdem hatte ich den Eindruck, eine heilige Ruhe zu stören. – »Heilige Ruhe« ... ich musste verrückt geworden sein! Meine Füße berührten kaum den Boden, als ich näher an das Stehpult herantrat. Es roch nach Weihrauch und Tanne.
    Zwei große mattweiße Kerzen standen zur Rechten und Linken des gewaltigen, goldeingefassten Buches. Das große Geheimnis – das Buch der Herrschaft.
    Ich hielt den Atem an. Warum war dieses Heiligtum nicht bewacht? Diese Chance war schier unfassbar. Vorsichtig, mit kribbelnden Fingerspitzen schlug ich das Buch auf. Das Papier war gelblich, dünn wie Pergament. Die verschnörkelten Buchstaben verflossen vor meinen Augen. Sie waren ebenso vergoldet wie der prächtige Einband.
    Für eine Millisekunde befürchtete ich, dass ich die Schrift nicht würde lesen können – doch schon formten sich die Buchstaben vor meinen Augen zu Worten. Und ich begann zu lesen:
    »Der Auserwählte wird zu erkennen sein. Er wird in zwei Farben die Welt schauen, und seine Stimme ist reiner als das Wasser der Kogura-Quelle. Seine Macht ist unermesslich, denn er wird die Gabe besitzen,

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