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Blutige Tränen (German Edition)

Blutige Tränen (German Edition)

Titel: Blutige Tränen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Rhys Beck
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erwiderte sein Lächeln und trat hinter dem Baum hervor. „Vielleicht.“
    Ungeniert zog er sich weiter aus und watete in das zunächst seichte Wasser. Seine Kleidung ließ er achtlos auf dem Waldboden liegen.
    Ich beobachtete, wie er sich im Wasser niederließ und mit ein paar eleganten Schwimmbewegungen bis zur Mitte des Sees schwamm. Dort drehte er sich zu mir um.
    „Na – wasserscheu?“
    Ich schüttelte den Kopf. Mit einigen schnellen Bewegungen hatte ich mich ebenfalls entkleidet, und nur Sekunden später schwamm ich neben Silk durch den kleinen See. Das Wasser war recht kühl, doch das machte ihm offensichtlich nichts aus. Und ich genoss die Unbeschwertheit, einfach so zu schwimmen, ohne darüber nachdenken zu müssen, was wohl als Nächstes passierte. Einfach mal nicht nachzudenken – das erschien mir in diesem Moment als das höchste Glück.
    Silk schien das ähnlich zu empfinden, denn wir sprachen eine ganze Weile kein Wort. Nur das sanfte Platschen des Wassers, das wir verursachten, und das Rauschen der Bäume war zu hören. Hin und wieder ertönte der Ruf irgendeines fremden Vogels – doch an das merkwürdige Geräusch gewöhnte ich mich schnell.
    „Deine Tätowierung“, fragte ich schließlich, als wir Richtung Ufer schwammen, „hat die eigentlich eine Bedeutung?“
    „Ja.“ Silk konnte seine Überraschung nicht verbergen. „Es ist das Wappen des Herrschers.“
    Woher sollte ich das wissen? Ich hatte bisher nirgendwo Fahnen und Flaggen gesehen. Auch die Kleidung der Krieger war schlicht – keiner von ihnen trug einen Waffenrock mit irgendeinem Abzeichen.
    „Es ist das Zeichen, das den Thronfolger erkennbar macht ...“ 
    „Aber Lance trägt dieses Zeichen nicht!“ warf ich ein.
    Silk stieg aus dem See; das Wasser perlte an seinem schlanken Leib hinunter.
    „Nein – er hat die Tradition wieder eingeführt, als ich geboren wurde. Er wollte sicher sein, dass er mich immer wiedererkennt.“
    „Hätte er doch auch so ...“, murmelte ich.
    „Das war noch nicht abzusehen, als ich ein Säugling war.“ Lächelnd zog Silk sich wieder an. Seine Kleidung klebte auf seiner nassen Haut. Abwartend sah er mich an. „Ich habe noch keine Lust, zurückzugehen. Begleitest du mich ein bisschen?“
    Ich nickte. Silks Anwesenheit war mir tausendmal lieber als Lances. Und vielleicht hatte ich ja Glück, und Silk würde ein gutes Wort für mich bei Lance einlegen. Denn ich hatte meine Aufgabe doch jetzt erfüllt, oder nicht?

Silk stand mit Lance zusammen auf der Brüstung des großen Turms und sah hinunter auf das Treiben im Burghof. Ein leichter Wind strich durch sein kurzes Haar.
    »Es ist schon lange her, dass ich hier war ...«
    Lance nickte, er schlang seinen kräftigen Arm um Silks schlanke Taille.
    Dieser sah ihn neugierig an. »Früher hast du so etwas nicht mit mir gemacht.«
    »So etwas?« Lance zog die Augenbrauen hoch.
    »Du weißt genau, was ich meine.«
    »Du warst zu jung.«
    Silk lachte glockenhell. »Ich hätte schon gewusst, was du willst.«
    Lance grinste. »So, hättest du das ...«
    »Ich war kein Kind mehr, als Isgira mich mit sich nahm.«
    Er spürte, wie sich Lances Stimmung augenblicklich verschlechterte.
    »Das warst du in der Tat nicht mehr. Wahrscheinlich war das der Grund, warum sie dich mir weggenommen hat. – Sie war eifersüchtig.«
    Silk sah ihn nachdenklich an. »Jede Mutter ist eifersüchtig.«
    Lances Blick ging ihm durch Mark und Bein. Er war versucht, in den Gedanken seines Vaters zu lesen, wagte es aber nicht.
    »Du weißt Bescheid – bei uns verhält es sich anders.«
    Silk lenkte ihn schnell auf ein anderes Thema. »Lass ihn gehen, Lance.« Er hatte den Herrscher niemals Vater genannt. 
    Dieser tat ahnungslos. »Wen meinst du?«
    »Alex natürlich, den Vampir. Er hat seinen Auftrag erfüllt – warum hältst du ihn weiterhin gefangen?«
    Lance drehte seinen Sohn so, dass er ihm in die Augen sehen konnte. »Der Vampir ... hat er dir etwa den Kopf verdreht?«
    »Nein. Aber ... warum sollte er weiter hierbleiben? Er hat mich doch befreit.«
    Lances Mundwinkel verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. »Ich bin Staatsmann, ich habe meine Verpflichtungen, mein Sohn.«
    Silk runzelte die Stirn. »Verpflichtungen?«
    Aber er sah, dass er keine Antwort darauf bekommen würde. Wieder sah er hinunter in den Hof, dann ließ er seine Augen schweifen, bis weit über den dichten Baumkronen des Waldes, deren unterschiedliches Grün so wundervoll kräftig leuchtete und die

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