Blutige Verfuehrung 2
und sagte zu ihr:
"Du kannst dich ruhig etwas von mir ziehen lassen, ich habe viel Kraft!" In der Tat hatte das bisschen Blut, das ich von Ben getrunken hatte, meine Speicher wieder aufgefüllt. Ich fühlte mich nicht nur stark sondern richtig gut. Und zusammen mit meinen Freunden erschien mir mein nächtliches Erlebnis fast wie ein Hirngespinst, etwas, das ich nur geträumt hatte. Doch je näher wir der Burg kamen, desto unruhiger wurde ich. Jetzt bei Tag sah alles anders aus und die albernen Vampirfiguren am Wegesrand brachten uns zum Lachen. Lucky sagte, als er eine nach dem Weg fragte:
"Hast du dich etwa mit diesen Gestalten getroffen? Haben sie den armen Ikarus entführt?" Mir blieb das Lachen jedoch im Halse stecken. Trotz der Hitze hatte ich eine Gänsehaut am ganzen Körper. Meine Freunde erkannten noch immer nicht den Ernst der Lage. Ich konnte und wollte sie auch nicht in alles einweihen. Sie hätten mich nicht verstanden. Nur Ikarus, der arme Ikarus, der für seine Zuneigung zu mir jetzt büßen musste, wäre eine Hilfe gewesen. Doch ihn hatten sie gekidnappt. Wollte ich sie wirklich wiedersehen, meine Vampirverwandschaft? Ich wusste im Augenblick nur, dass ich alles tun musste, um Ikarus zu befreien.
Mein Herz war ein Bleiklumpen in meiner Brust und die Gefühle, die in mir tobten, waren kaum auszuhalten. Meine Beine schienen mich kaum mehr zu tragen, je näher wir dem Platz kamen, an dem ich meinen Vater und meine Mutter getroffen hatte. Lucky war uns ein Stück voraus gegangen. Plötzlich hielt er inne und bückte sich. Er hob einen kleinen Gegenstand auf. Er drehte ihn in seiner Hand hin und her, dann sagt er:
"Schaut mal, was ich gefunden habe!" Mareike streckte sofort ihre Hand danach aus. Dann rief sie erstaunt:
"Ein Siegelring mit einem "G", oh, der ist aber schön!" Sie drehte sich zu mir um und zeigte mir den Ring, der aus Gold war und ein fein ziseliertes Wappen trug. Das "G" war in winzigen rubinroten Steinen eingelegt. Wir standen genau an der Stelle im Innenhof der Burg, wo sich der Halbkreis der Vampire um mich gruppiert hatte. Ich sah Mareike an und sagte:
"Das ist ein Ring des Clans. Irgendjemand muss ihn heute Nacht verloren haben."
"Du meinst der gehört einem Vampir!" Mit spitzen Fingern streckte sie den Ring von sich.
"Bitte nimm ihn, ich will ihn nicht haben!", sagte sie mit Ekel in der Stimme. Lucky nahm ihr den Ring wieder weg, bevor ich meine Hand danach ausstrecken konnte.
"Den habe ich gefunden und ich werde ihn auch behalten." Mit diesen Worten steckte er sich den Ring an seine rechte Hand. Mit stolzem Kennerblick musterte er dann seine ausgestreckte Hand:
"Er steht mir gut, findet ihr nicht?" Ben trat neben Lucky. Er hatte sich im Hintergrund gehalten, doch jetzt sagte er:
"Gib diesen Ring Lucy, sie kann ihn dem Clan zurückgeben, vielleicht lassen sie dann Ikarus wieder frei!" Ach ja, Ikarus, deshalb waren wir ja hier auf dieser Burg. Lucky schüttelte energisch den Kopf:
"Das muss ich mir noch überlegen!", sagte er dann mit einem zweifelnden Blick auf mich. "Ich habe da noch eine andere Idee." Dabei zwinkerte er mir vertrauensselig zu. Luckys Blick ließ bei mir sofort eine Idee aufkeimen, was er mit diesem Ring bezwecken wollte. Für ihn war dieser Ring ein willkommenes Pfand. Wenn alles gut ginge, würde er keine Gelegenheit mehr bekommen, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Heute Nacht würde die Entscheidung fallen, ob ich im Clan aufgenommen, oder wieder mit meinen Freunden zurückfahre würde.
Wir sahen uns im Burghof um. Er war nicht besonders groß, einige halbrunde Bogentüren führten ins Innere der Burg. Der Hof war mit einem unregelmäßigen Pflaster bedeckt, das so abgetreten war, dass es im Sonnenlicht glänzte. Auf einer Mauer standen irdene Töpfe und Krüge, die teilweise mit Blumen bepflanzt waren. Es wirkte hier sehr touristisch und die ersten Besucher außer uns hatten den Weg herauf auch schon gefunden. Nichts Unheimliches oder gar Bedrohliches, wie ich es heute Nacht empfunden hatte, war zu sehen. Ben rief uns plötzlich zu sich, er war in den hinteren Teil des Hofes gegangen und hielt eine abgebrannte Fackel in der Hand.
"War das die Beleuchtung heute Nacht?", fragte er und hielt mir die Fackel hin. "Die stammt aus einem Baumarkt, sie hat sogar einen Aufdruck.", sagte er, als ob das irgendetwas zu bedeuten hatte.
"Ja", sagte ich, "fast alle hatten Fackeln in den Händen, es war ja auch ziemlich dunkel."
"Und du bist sicher, dass es
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