BLUTIGER FANG (German Edition)
Auf dem Rückweg zur Rolltreppe merkte er auch, dass er forscher wurde, seit er bewaffnet war. Denn die Armbrust war eine gefährliche, ernst zu nehmende, vollwertige Waffe, die hinsichtlich der Effekte mit einer Pistole problemlos konkurrieren konnte.
Joel spürte, dass sich etwas in ihm verändert hatte, seit das Loch in der Scheibe und er bewaffnet war. Er merkte dies auch daran, dass er wieder aufrecht ging – und nicht mehr geduckt schlich. Und auch daran, dass er auf Axt und Messer verzichten zu können glaubte, als er durch die Dunkelheit auf die Rolltreppen zuhielt, über die er nach oben wollte.
32
Bronco versteckte sich weiterhin in der Elektroabteilung hinter dem Großbildschirm.
Das kraftlose Gewimmer Franks, das in der Totenstille des Kaufhauses selbst bis zu ihm durchgedrungen war, verstummte plötzlich. Er wusste, etwas Furchtbares war geschehen. Etwas, das er hätte verhindern können. Ein dumpfer Druck kam in seinem Magen auf.
Plötzlich gab es einen fürchterlichen Knall!
Bronco fuhr erschrocken zusammen. Ein Lärm, der aus dem Erdgeschoss heraufgedrungen war. Es klang wie zerberstendes Glas, das zu Boden ging und in tausend Stücke zerbrach.
Hatte Kramer also doch getan, womit er schon gerechnet hatte! Irgendwann würde der probieren, den Außenhautalarm auszulösen. Wie gut, dass er deshalb noch mal ins Büro des technischen Pförtners zurückgegangen war, um auch diesen Überwachungsbereich über den Hauptschalter lahm zu legen.
Bronco schmunzelte und war fast ein wenig stolz. Wenigstens eine Sache funktionierte so, wie er es gedacht hatte. Kramer könnte auf Hilfe warten, bis er schneeweiß wäre vor Angst. Er würde es ihm vielleicht doch noch zeigen. Das Blatt konnte sich immer noch zu seinen Gunsten wenden.
Er lauschte, ob sich noch irgendetwas tat, doch im Moment blieb alles ruhig. Seine Aufmerksamkeit galt jetzt dem Eingang zum Restaurant und seine Gedanken waren bei Linda. Wie musste sie sich fühlen? Was musste sie von ihm denken?
Er biss sich auf die Lippen und versuchte zu überlegen. Es gelang ihm kaum. Er spürte nur das aufsteigende Gefühl der Niederlagen, die er erlitten hatte. Nichts war so gekommen, wie er wollte. Alles, was er sich gedacht hatte, war irgendwie schief gegangen. Das Einzige, was nach Plan gelaufen war, war die Demontage der Alarmanlagen – und später die Beseitigung der Wächter, auch wenn dies ursprünglich gar nicht vorgesehen war.
Er fixierte intensiv den Eingang zum Restaurant. Hatte er da etwas gesehen? Sein Blick schweifte auch in Richtung der Rolltreppen, dann wieder zurück. Was sollte er als nächstes tun?
„Lass die Kanone fallen!“
Bronco erschrak über die Stimme, die sich so plötzlich erhoben und ihn aus seinen Gedanken gerissen hatte.
Er wandte den Kopf um und zuckte innerlich zusammen.
Vor ihm stand Kramer mit einer auf ihn gerichteten Armbrust. Bronco konnte die Bedrohlichkeit der fiesen Pfeilspitze selbst in dieser Dunkelheit wenigstens noch erahnen.
„Lass sie fallen, sonst jagt dir in einer halben Sekunde der Pfeil dein mickriges Hirn aus dem Schädel.“
Träumte er?Einen solchen Ton hatte er von Kramer noch nie gehört.
Die Pistole glitt aus seiner Hand auf den Boden und für den Bruchteil einer Sekunde dachte er daran, was er mit Kramer gemacht hätte, wenn der sich einen solchen Ton im Club erlaubt hätte. Doch das hier war eine andere Situation. Und Kramer war anders.
Der hielt eine tödliche Waffe gegen ihn gerichtet, um deren Effizienz er sehr wohl wusste. Offenbar war Kramer zum ersten Mal bereit, sich in aller Deutlichkeit gegen ihn zu stellen, und das signalisierte Bronco, dass er wohl nachgedacht haben musste.
Er hätte es sich denken können. Es war ja klar, dass die Flucht und der Versuch, Kramer zum Löwenfutter zu machen, jedem Idioten eingeleuchtet hätte. Und für einen Idioten hielt er Kramer nicht gerade. Für alles andere ja, aber nicht für einen Idioten.
Er musste sich schnell was einfallen lassen, irgendeine Strategie, irgendwas …
„Joel, hilf mir“, sagte Bronco. Er versuchte, seinen Ton so flehentlich wie möglich klingen zu lassen. „Ich glaub, die Löwen sind im Restaurant und haben Frank getötet und jetzt schwebt Linda …“
„Halt dein dreckiges Maul“, sagte Kramer, „wenn du’s aufmachst, lügst du doch!“
Bronco kniff die Augen zusammen und jagte die jüngsten Überlegungen zum Teufel.
„Du
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