BLUTIGER FANG (German Edition)
Haustür knarrte und Franks Stimme über den Hof dröhnte.
„Hö-hört doch auf, ihr Pe-Penner!“ Frank war jetzt bei ihnen und schaffte es, sie auseinander zu bringen und auch zu halten.
„Wi-wir si-si-sind alle vie-vielleicht ein bisschen durcheinander. A-A-Aber jetzt beruhigt euch m-m-m-ma-mal!“
Jetzt war wieder Ruhe vor dem Haus.
Eddie und Theo trotteten weg wie vollgefressene Schweine. Eddie ging krumm und schief und hielt sich mit der rechten Hand an der Hüfte. Theo hingegen war seltsam gebeugt wie ein alter Sack. Ihre Fressen war schmerzverzerrt.
Eddie schleifte sich Richtung Haus und Theo humpelte die paar Meter hinüber zu dem Wachposten, der am Boden lag und stöhnte.
„Sag deinem Alten, er braucht sich keine Gedanken zu machen!“, rief Bronco Eddie hinterher. „Wem Bronco was schuldet, der bekommt das auch – so oder so.“
Eddie drehte sich nicht mehr um, winkte aber mit der Hand ab, als wollte er sagen: Halt’s Maul, werd’s meinem Alten schon ausrichten!
Theo half dem Wachposten hoch, der seine rechte Hand am Kinn hielt. Beide humpelten über den Hof zum Haus zurück.
Bronco, Frank und Linda waren jetzt allein.
Über dem Hof war ein strahlend heller Mond aufgegangen, der das Ambiente in ein silbriges Licht versetzte.
Sie stiegen ins Auto und fuhren nach Gehrsdorf zurück.
Linda machte sich auf der Rückfahrt Sorgen. Sie wusste, der ohnehin verschuldete Bronco hatte jetzt dreitausend Euro Schulden mehr. Und das würde seine Laune nicht unbedingt heben.
An der Art, wie Bronco schaltete, wie er bremste und Gas gab, wie überhaupt sein Fahrstil war, konnte sie ermessen, wie sehr er kochen musste vor Wut. Sie sah ihn verstohlen von der Seite an. Seine Wangen bebten und das Blut pochte ihm in den Schläfen. Niemand mehr würde ihn heute ansprechen können. Frank nicht, sie nicht, und so war die Nacht gelaufen, für alle drei. Und in den nächsten Tagen würde es wahrscheinlich auch nicht besser werden. Denn die würden von der Frage bestimmt sein, woher Bronco das Geld nehmen sollte, um seine Wettschulden zu bezahlen. Sie wusste, Bronco würde seinen Ruf nicht wegen lumpiger dreitausend Mücken verschmutzen, um keinen Preis. Er würde irgendwas unternehmen, irgendein Ding drehen wollen. Und das machte ihr Angst.
9
Linda erwachte am nächsten Morgen recht früh, noch bevor der Wecker klingelte, den sie auf 7.30 Uhr gestellt hatte.
Sie blieb noch im Bett und dachte nach. Bronco ging ihr durch den Kopf und sie spürte wieder diese Hummeln im Bauch.
Gestern Abend hatte es noch eine Diskussion gegeben, weil sie ihm angeboten hatte, ihm das Geld für Konrad zu leihen. Bronco hatte abgelehnt, weil sie ihm schon mehrfach aus der Patsche geholfen hatte, ohne dass er je zurückbezahlt hätte. Sie spürte, dass ihm das immer peinlich gewesen war. Es passte wohl nicht so recht in das Bild, das er von ihrer Beziehung hatte: Bronco sah sich als der große Versorger, der mit den wie auch immer aufgerufenen dicken Scheinen in der Luft herumwedelte. Doch in Wirklichkeit war sie es, die immer wieder einspringen musste, wenn etwa für den BMW eine Rechnung fällig wurde. Dass er von ihr dann Geld angenommen hatte, musste als Ausnahme betrachtet werden. Er nahm sich so etwas nur bei ihr heraus, niemals jedoch, wenn es um jemand anderen ging. Bronco würde ums Verrecken seine Wettschulden bezahlen wollen, und das hieß: Er würde bald irgendeine Dummheit anstellen, wie er es früher schon getan hatte.
Linda hörte mit der Grübelei auf. Ihr Job wartete nicht.
Sie schlug die Bettdecke zurück und streckte sich.
Dann stand sie mit einem Schwung auf und machte ihre Morgentoilette. Sie setzte sich, nackt wie sie war, vor den Spiegel im Bad, rieb ihre Augen und sah sich an. Gott, wie gut sah sie doch aus. Ein Juwel von einem Mädchen. Ihr Körper war tadellos, das Gesicht betörend schön (selbst jetzt, am frühen Morgen) und sie wusste, wie ihre Erscheinung auf andere wirkte. Sie hatte es ganz ohne ihr Zutun zum lokalen Star dieser Kleinstadt gebracht. So ziemlich alles, was einen Schwanz zwischen den Beinen hatte, verzehrte sich nach ihr. Die anderen Mädchen suchten ihre Freundschaft, waren natürlich auch neidisch, was Linda aber auszutarieren verstand. Bisher jedenfalls.
Sie hatte ihr Abitur mit Bravour bestanden und studierte im ersten Semester Psychologie, was sie zum Teil mit einem Nebenjob finanzierte, ohne dies eigentlich nötig zu haben. Denn ihre
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