BLUTIGER FANG (German Edition)
Geruch war so stark, dass er sogar noch den Thunfischgestank übertünchte, der von der Salatschüssel aufstieg, die drüben beim Fenster auf dem Kühlschrank stand.
Joel zog einen der Holzstühle zurück und setzte sich dem Alten am oberen Ende des Tischs gegenüber. Noch immer schwieg er und hielt sich mit beiden Händen an der Stuhlkante fest. Was hatte er jetzt schon wieder falsch gemacht? Mit einem drückenden Gefühl im Magen blickte er auf die glänzenden Oberarme des Vaters, der gerade mit beiden Händen die Bierdose umklammerte und ihn wieder ignorierte.
Er hob die Dose hoch, setzte sie an den Mund und trank sie mit einem Mal aus. Dann ließ er sie auf den Küchentisch herabsausen, auf den die schweren Fäuste wie auf einen Amboss donnerten.
Joel zuckte zusammen und sah, dass der Vater das bemerkt hatte.
„Was denn? Hast du noch nie einen was saufen sehen?“
Joel zögerte noch. „Ich wollte mir dir über … über die Katzen reden.“
„Hol mir ‘n Bier!“
Sofort stand Joel auf und ging zum Kühlschrank. Er öffnete ihn, schaute dabei aber hinaus in den Garten. Er blinzelte in das klare Licht der Vormittagssonne, hörte die Vögel zwitschern, die sich in den Apfelbäumen tummelten. Tief zog er die frische, nach Sommer duftende Luft ein, die so unschuldig roch, und jetzt bereute er, in die Küche gekommen zu sein. Hier herrschten der Alkoholgestank und die schlechte Stimmung vor. Ob er mit Vater würde reden können, schien mehr als auf der Kippe zu stehen. Doch musste er wenigstens den Versuch dazu unternehmen. Scharf stieg ihm von unten her der widerliche Thunfischgestank in die Nase.
„Wo bleibt das Bier?“
Joel bückte sich und holte eine Dose Budweiser aus dem Kühlschrank. Bevor er sich vom Fenster abwandte, schaute er noch einmal hinaus und erschrak. Hatte er nicht eben etwas im Gras herumschleichen sehen?
„Brauchst du ‘ne extra Einladung?“
Joel wandte sich ab und machte die paar Schritte zum Küchentisch zurück.
Während er seinem Vater die Bierdose öffnete, fiel ihm ein, dass er vergessen hatte, das Fenster in seinem Zimmer zu schließen. Oh Gott! War das eben im Gras vielleicht eine seiner Katzen? Oder doch nur ein Wiesel? Joel wusste zu gut, dass Wiesel am Tage hier nicht herumschlichen. Er musste sich verziehen und nach den Katzen sehen, alles andere könnte später folgen.
Joel trat an die Küchentür.
„Wo willst du hin?“
„Äh, ich … ich muss auf die Toilette …“
„Nichts da. Du wolltest mit mir reden. Also setz dich gefälligst auf deinen Hosenboden!“ Sein Vater fixierte ihn scharf.
Joel konnte sich nicht von diesem Blick lösen. Wie von einem Magneten angezogen, bewegte er sich zum Küchentisch zurück. Er setzte sich und sagte, während er an Vater vorbei zum Küchenfenster schaute: „Ich wollte mit dir wegen der Katzen sprechen.“
Wie zur Antwort fuhr die Hand des Vaters unter die Tischkante.
Joel hörte irgendetwas leise klicken. Es war ein metallisches Geräusch.
Dann erschien die Hand wieder auf dem Tisch. Sie hielt die Dienstwaffe fest umschlossen.
Joel fühlte Hitze in seine Wangen steigen.
Vater legte die Waffe vor sich auf den Tisch. „Ich habe mir für meine Knarre eine Neuigkeit besorgt.“
Joel rieb sich über seine rechte Wange. „Ich möchte, dass du Verständnis für meine Katzen aufbringst … ich … ich mag meine Tiere sehr … und …“
„Eine tolle Neuigkeit.“ Der Vater klopfte mit der offenen Handfläche auf die Pistole.
„Auch Katzen können krank werden. Ich will … will, dass du das verstehst, Vater.“
„In Zukunft wird es nicht mehr so knallen, falls wir einen Einbrecher über den Jordan schicken sollten oder …“, Vater sah ihn bedrohlich an, „deine blöden Viecher.“
Joel erschrak. „Das sind keine Viecher. Das sind Tiere, die genauso wie du ein Recht haben, zu leben.“ Joel wunderte sich über seinen Ton, als das letzte Wort verklungen war.
Vater nahm einen Schluck aus der Bierdose und zerdrückte sie, obwohl sie noch nicht leer war. Dabei spritzte etwas Bier aus der Dose und traf Vaters Unterhemd. „Hol mir ein Glas Wasser. Das Gesöff macht mich schlapp!“ Er sah die Dose verächtlich an, seufzte und realisierte, dass sowohl der Küchentisch als auch die Pistole nass geworden waren.
Joel stand sofort auf und wollte ein Küchentuch holen.
„Wo willst du hin?“
Joel deutete mit der Hand zur Papierrolle und Vater
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