BLUTIGER FANG (German Edition)
ausgemistet, genügend Futter und Wasser bereitgestellt und die Tiere nachtklar gemacht, wie sie es intern nannten.
Jetzt ging er etwas schneller. Er wollte heute eigentlich früher weg und deshalb die Arbeit zügig hinter sich bringen.
Tony ging zwischen den Gehegen der Strauße und Lamas hindurch und über eine kurze Strecke hinüber zu den Przewalski-Pferden.
Sein Handy klingelte.
Tony nahm ab.
Als er hörte, wer dran war, seufzte er leise. „Herr Hacker, ich habe Ihnen doch gesagt: Sobald ich kann, zahle ich.“
Hacker hielt ihm einen Vortrag.
Tony hörte zu und ging weiter.
Gerade kam er bei den Pferden an. „Bin ich der Nikolaus? Woher soll ich das wissen?“
Er kontrollierte den Futtertrog und hörte weiter zu. Auch hier war alles in bester Ordnung. Die Wildpferde standen an ihren Plätzen, wirkten satt und zufrieden. „Ja, bis zum Zwanzigsten schaffe ich das.“
Tony legte auf. Mist, dass der mir immer so auf die Füße treten muss!
Ein letzter Blick zu den Huftieren, dann ging es weiter zu den Raubvögeln, die in einem Vogelhaus untergebracht waren. Gut, die Flattermänner noch, dann zu den Löwen und ab nach Hause.
Mein Gott, dieser nervige Hacker! Tony hatte für heute wirklich die Schnauze voll.
Es war mittlerweile kurz vor 20 Uhr und schon fast dunkel. Die Sonne würde bald vollends verschwunden sein.
Tony schloss den Personaleingang des Vogelhauses auf, ging hinein und schaute auch da nach dem Rechten.
Im Vogelhaus war es gespenstisch still.
Ein Weißkopfseeadler-Pärchen erwiderte neugierig seinen Blick.
Er hielt sich kurz vor einem Uhukäfig auf, in dem der Nachtvogel auf einer Stange saß und offenbar aktiv werden wollte.
Tony kontrollierte die Käfige, Schlösser, Wasser- und Futtervorräte und fand auch hier alles in bester Ordnung. Auf die Kollegen war Verlass, selbst dann, wenn sie – wie heute – einmal unpässlich waren. Dennoch verschaffte ihm die Tatsache Unbehagen, dass die Herrschaften schon abgezogen waren, wohingegen es ihm als Chefpfleger oblag, auch noch ihre Kontrollgänge mitzumachen.
Er verließ die Vögel und ging hinüber zum Löwenhaus, in dem der Pascha und die Löwinnen auf das Abendessen warteten.
Dort angekommen, sah er durch die Glasscheiben in den verdreckten Käfig. Er konnte die Löwen der Reparaturarbeiten wegen ja nicht ins Gehege lassen. Doch würde er den Käfig trotzdem irgendwie reinigen müssen, da half alles nichts, das ging nicht mehr. Dann würden die Arbeiter eben nur noch alle zwei Tage hineinkönnen, er konnte die Tiere doch nicht im Dreck verkommen lassen!
Er sah die Löwen an und senkte die Lider. In den letzten Tagen war das gerade noch so gegangen und er hatte mit der Aussicht, dass die Reparaturarbeiten am Montag eine Pause erfahren würden, davon abgesehen, den großen Käfig im Innenhaus zu reinigen. Vorhin erst hatte er erfahren, dass daraus doch nichts werden würde und die Arbeiter am Montagmorgen kämen.
Tony wusste sehr wohl: Er durfte die Löwen nicht ins Freigehege lassen, wenn kein Wasser im Graben war. Aber der Anblick des verdreckten Käfigs stimmte ihn endgültig um. Er war bereit, dieses Risiko jetzt gleich einzugehen. Es würde schon klappen.
Er wusste ja, wie er die Löwen ins Haus lockte.
20.04 Uhr.
Dann schickte er sich an, seine Arbeit zu beginnen.
Wieder klingelte sein Handy.
Er atmete tief durch und nahm ab.
Joel traf sich mit Bronco, Linda und Frank um 20.00 Uhr in der Hohnhorststraße.
Sie saßen auf der Hartplastikbank einer Bushaltestelle gegenüber dem Kaufhaus und beobachteten den Personaleingang.
„Und du bist sicher, dass die Ärsche allesamt da rauskommen?“, sagte Bronco.
Joel sah aus dem Augenwinkel, wie Bronco ihn musterte. Er ließ seinen Blick nicht vom Eingang, aus dem in kurzen Abständen Leute strömten, die wie Büroangestellte aussahen.
„Laut meinen Unterlagen, ja. Das ist der Ausgang sowohl für die Bürohengste, als auch für das Verkaufspersonal, das aber längst weg sein müsste.“
„Und wer garantiert uns, dass da wirklich keiner mehr rumschwirrt, wenn wir reingehen?“, sagte Linda.
„Im Prinzip niemand. Das ist unser Risiko.“
„Risiko?“
„Sei still, Linda. Ein bisschen Thrill schadet nichts“, sagte Bronco. Er versuchte, cooler zu wirken, als er wohl wirklich war in diesem Moment.
„Es ist ein Risiko, ja“, sagte Joel, „aber ich glaube, wir können das so gut wie ausschließen und zwar aus einem einfachen Grund:
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