BLUTIGER FANG (German Edition)
der Lifttür hin und her. Was konnte er tun? Anrufen schied aus, weil da drin keiner erreichbar war. Angesichts der Waffe fragte er sich, ob er die Tür einfach aufschießen könnte. Doch in Gedanken schon hörte er den Alarm.
Schließlich bückte er sich, hob den Schlüsselbund auf und ging zum Ausgang des Parkhauses.
Kaum hatte er den dunklen Schlund der Einfahrt verlassen, lief er ein Stück am Kaufhaus entlang bis zu der Tür, die sie früher am Abend so akribisch beobachtet hatten. Bronco stand vor ihr, äugte nach links, nach rechts und drehte sich um.
Dann wandte er sich dem Haus zu und blickte über die Tür, wo der Lichtsignalgeber der Außenhautüberwachung an der Wand hing. Nun nahm die Tür vor ihm seine Aufmerksamkeit in Beschlag.
Bronco fingerte nervös durch den Bund und checkte ab, welcher Schlüssel hier passen könnte. Die Anzahl der Schlüssel war groß, so um die zwanzig herum, und es würde wohl einige Zeit dauern, bis er den richtigen gefunden hätte.
Dann sah er die Tür noch einmal an.
Wie war das noch? Hatte Kramer die Außenhautüberwachung nun lahm gelegt oder nicht? Bronco wusste, dass alle Bewegungsmelder seit dem Erscheinen der Wächter abgeschaltet waren. Aber was war mit den Glasbruchmeldern?
Für kurze Zeit spielte er mit dem Gedanken, die Tür aufzubrechen, kam aber davon ab, weil ihm einfiel, dass er weder Werkzeug noch den Dietrich hatte. Den hätte er für diese Tür unbedingt gebraucht. Denn es war eine Stahltür mit in die Mauer eingelassenem Rahmen und einem erstklassigen Sicherheitsschlosssystem. Das war etwas anderes als die Wohnungstür von Tante Berta. Ohne ein Routinier in Sachen Einbruch zu sein, sah er sofort, dass die Sache für ihn gelaufen war, falls er den Schlüssel zu dieser oder irgendeiner der anderen Außentüren nicht haben sollte. Er musste auch davon ausgehen, dass alle Glasteile mit entsprechenden Kontakten versehen waren, die Alarm in der Zentrale auslösen würden, sollte er gewaltsam eindringen. Deshalb war jetzt ganz klar: Kein Zurück ohne Schlüssel.
Wieder schlug er mit der Faust gegen sein Bein. Er notierte mit Unbehagen, dass sich die Fehler, die er machte, zu häufen begannen und, wie es schien, immer schwerwiegender wurden. Er hätte nie so einfach das Kaufhaus über den Fahrstuhl verlassen dürfen, ohne über die Folgen nachzudenken. Er hätte das Kaufhaus überhaupt nicht verlassen dürfen. Die Nachdenkerei im Auto hatte ja gezeigt, dass er vor einer Fülle schier unlösbarer Probleme stand, die durch eine Flucht niemals gelöst werden würden.
Bronco begann damit, Schlüssel um Schlüssel durchzuprobieren. Seine Hände zitterten vor Schusseligkeit und Aufregung. Immer wieder schüttelte er den Kopf. Zwischendurch hörte er auf und sicherte die Umgebung. Wenigstens da gab es keine Probleme. Zum ersten Mal in seinem Leben war Bronco froh darüber, dass er in einem so langweiligen Kaff lebte, dessen Bewohner mit den letzten Sonnenstrahlen in die Heia gingen und mit dem ersten Gockelsound senkrecht auf der Matte standen.
Im Halbminutentakt überfiel ihn Panik, wenn er daran dachte, dass Kramer womöglich in diesem Moment befreit wurde oder sich selbst befreite und dann vollendete Tatsachen schaffte, an denen es nichts mehr zu deuteln gab. Wieder spürte er den Druck im Magen, der auch die Folge des Zeitdrucks war, den er empfand.
Ein Schlüssel nach dem anderen versuchte, in die Pforte zu kommen. Bronco setzte ihn an, probierte, fingerte und justierte herum. Verdammt, es war so scheißheiß unter der Jacke, der Schweiß lief ihm von der Stirn. Und gleichzeitig fror er.
Hektisch probierte er Schlüssel um Schlüssel.
Keiner passte.
Er fing von vorn an und versuchte, diesmal etwas ruhiger zu sein.
Und, oh Wunder, einer passte endlich!
Bronco sah sich nochmals um, bevor er die Stahltür nach außen aufzog. Dann verschwand er im Eingang und zog sie langsam hinter sich zu. Der schwache Schein der Straßenlaterne verblasste nach und nach und war abrupt weg, als die Tür zu war.
Hier drin herrschte absolute Dunkelheit.
Bronco sah die Hand vor Augen nicht.
Er blieb bei der Tür stehen und versuchte, seine Augen an die Nacht zu gewöhnen, doch zunächst sah er überhaupt nichts.
Nur ganz allmählich konnte er Umrisse erkennen. In einiger Entfernung schimmerte ein etwa kerzenflammengroßes Licht. Offenbar handelte es sich hier um einen langen Gang, an dessen Ende eine Tür war, über der das Licht einen Orientierungspunkt
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