Blutiger Freitag
Bombe aufspüren, falls einer von ihnen den Rucksack ablegte. Er hatte beschlossen, sie alle drei in dieselbe Etage zu schicken, sodass die Zerstörung das maximale Ausmaß erreichte. Jetzt überprüfte er, wo der Rucksack des dritten Boten sich zum Zeitpunkt der Explosion befunden hatte. Er holte das Bild näher heran und konnte es jetzt ziemlich genau sehen: die Damentoilette. Die junge Frau hatte nicht nur Dixon Lees iPhone, sondern auch seinen Rucksack getragen.
„Sir?“
„Fahren Sie fort.“
„Ihr Name ist Rebecca Cory. Studentin der University of New Haven, wohnt in Hartford, Connecticut. Ihr Vater ist William Cory, der ...“
„Welche Bank? Kreditkarten? Führerschein?“, fragte Asante ungeduldig, während er sich auszog. Er benötigte jetzt nicht alle Einzelheiten. Nur das Wichtigste.
„Kreditkarte von der First Bank of Hartford“, sagte die Frau am Telefon mit einschmeichelnder Stimme, als würde sie aus der Speisekarte eines edlen Restaurants vortragen. „Vor zwei Tagen hat sie in Toledo fünfzig Dollar Bargeld abgehoben. Sie scheint aber hauptsächlich mit einer Mastercard zu bezahlen. Die benutzt sie für alltägliche Ausgaben. Bis vor zwei Tagen täglich eine Rechnung bei Starbucks in West Haven. Führerschein ausgestellt in Connecticut.“
„Ziehen Sie alles aus dem Verkehr. Sofort.“
„Jawohl, Sir.“
„Sie soll sich nicht weiterbewegen können.“ Er stand inzwischen nur noch in Boxershorts und Socken vor dem Spiegel. Und genau so wollte er auch Rebecca Cory sehen: nackt und schutzlos. Im übertragenen Sinn. Bis es möglich war, sie selbst gefahrlos und ein für alle Mal aus dem Verkehr zu ziehen. „Sagen Sie Danko, dass er das Mädchen und Dixon Lee im St. Mary’s Hospital finden kann.“
„Und wenn er sie dann hat?“
„Einkassieren.“
„Ja, Sir.“
Er würde einen Weg finden, um den Jungen noch mal einzusetzen. Als zusätzliches Ass im Ärmel, wenn die Zeit gekommen war. Vielleicht als Tauscheinsatz.
„Was ist mit dem anderen Jungen?“, fragte Asante.
„Sein Name ist Patrick Murphy. Ich bin noch dabei, die Daten zu sammeln.“
Asante erteilte einige knappe Anweisungen, wie weiter zu verfahren war. Bevor er die Verbindung unterbrach, gab er noch die neue Telefonnummer durch, unter der er ab jetzt zu erreichen war. Dann nahm er die Simkarte aus dem Handy, zerstörte sie und spülte sie die Toilette hinunter. Mit der Karte verschwanden alle Daten, mittels derer man ihn hätte identifizieren können. Aus einer Seitentasche seines Matchbeutels zog er einen neuen Chip, den er in sein Handy schob. Kurz darauf hatte er sein Passwort für das kabellose Headset eingegeben, ein paar Codenummern eingetippt, und das Mobiltelefon war so gut wie neu. Er legte es zusammen mit dem Headset aufs Waschbecken, dort, wo es nicht im Weg war.
Der Akku des Rasierers war inzwischen aufgeladen. Innerhalb von Sekunden hatte Asante seinen Spitzbart abrasiert. Er stellte die Schneideblätter so ein, dass sie das Haar bis auf etwa einen Zentimeter abschnitten. Dann fuhr er sich damit über den Kopf und beobachtete, wie die dunklen Locken ins Waschbecken fielen.
Als Nächstes kam das Färbemittel. Es war seine eigene Spezialmixtur. Asante massierte die gräuliche Creme ein und konnte zusehen, wie sein Haar innerhalb weniger Sekunden honigblond wurde. Seine Augenbrauen färbte er ebenfalls.
Das Saubermachen dauerte nur wenige Minuten. Alles, was er nicht mehr benötigte, auch die Spritze, hatte er die Toilette hinuntergespült. Die Wanderstiefel landeten zusammen mit den anderen Kleidungsstücken im Mülleimer. Aus dem Matchsack zog Asante einen teuren Anzug, marineblau und maßgeschneidert, der ebenso perfekt saß wie das weiße Hemd. Den Kragen ließ er lässig offen stehen. Eine Krawatte hätte viel zu spießig für seine neue Rolle gewirkt. Mit einem zufriedenen Lächeln steckte sich Asante den kabellosen Kopfhörer wieder ins Ohr und schob das Handy in seine Brusttasche.
Nachdem er nun die Hülle des Projektmanagers abgestreift hatte, klappte er seine Brieftasche auf und nahm den Führerschein heraus. Er war wieder Robert Asante, ein ganz normaler Geschäftsmann, der zu seinem nächsten Termin reiste. Der Mann, der ihm aus dem Spiegel entgegenblickte, glich haargenau dem Foto auf seinem Führerschein.
Es wurde Zeit, sich zum nächsten Ort des Geschehens zu begeben. Zeit für die zweite Phase des Projekts.
26. KAPITEL
„Ein Angestellter unserer Firma sichtet bereits die Tapes“,
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