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Blutiger Freitag

Blutiger Freitag

Titel: Blutiger Freitag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Kava
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Falles beitragen. Trotz der schlechten Bildqualität würde sie vielleicht doch noch irgendetwas finden. Doch leider erwartete ihr neuer Chef mehr als „irgendetwas“. Kunze ging davon aus, dass sie ihm ein vollständiges Profil liefern würde. Ein Profil, das detailliert genug ausfiel, um einen Fahndungsbefehl herauszugeben. Offenbar stellte er sich vor, dass Maggie ihm Namen, Adressen und Sozialversicherungsnummern der Täter liefern würde, nachdem sie einen kurzen Blick auf die grobkörnigen Bilder geworfen hatte.
    Unglücklicherweise war er nicht der Einzige, der so dachte. Fernsehen und Spielfilme stellten das Profiling wie eine Art Magie dar. Und nun glaubten die Leute, ein paar Anhaltspunkte würden reichen, und schon hatte man sozusagen das Kaninchen aus dem Zylinder gezaubert. Auch Kunze schien der Meinung zu sein, dass es eine wissenschaftliche Formel gebe – was fast auf das Gleiche hinauslief – und ein Verdächtiger bestimmte vorgefertigte Eigenschaften oder Gesichtszüge aufwies. Auf diesen Mann trafen die Punkte eins, zwei und fünf der psychologischen Profilingliste zu? Schwups, schon hatte man den Täter. Der Verdächtige war pingelig, hatte Rachegefühle und neigte zu Ritualen? Kein Problem. Jetzt musste man nur noch nach einem narzistischen Geschäftsmann mit Sprachstörung suchen, der einen doppelreihig geknöpften marineblauen Anzug trug.
    Wenn es nur so einfach wäre.
    Maggie hatte ein Grundstudium in Medizin absolviert, einen Bachelor-Abschluss in Kriminalpsychologie und einen Magister in Verhaltenspsychologie. Am Anfang ihrer Berufslaufbahn hatte sie ein gerichtsmedizinisches Praktikum in Quantico absolviert. Sie selbst glaubte, dass Profiling hauptsächlich eine Sache des Beobachtens war. Der Trick – wenn es einen gab – bestand darin, etwas zu sehen, das anderen entging, etwas zu registrieren, das anderen nicht außergewöhnlich vorkam. Und genauso wichtig wie das, was man sehen konnte, war das Fehlen bestimmter Elemente.
    Was war es, das in diesem Fall fehlte? Es waren inzwischen Stunden vergangen, und niemand hatte sich für den Anschlag verantwortlich gezeichnet. Keine Selbstmordankündigung, kein Video ... noch nicht. Doch das war bereits eine Abweichung von den bisherigen Anschlägen wie zum Beispiel in Virginia oder der Columbine Highschool. Ebenso auffällig war, dass keiner dieser jungen Männer auf den Filmen nervös oder ängstlich wirkte. Keiner von ihnen passte in das bisher bekannte Profil von Selbstmordattentätern oder Massenmördern.
    „Ist er das?“, fragte Yarden.
    Dass der kleine Mann ständig um sie herumscharwenzelte, wurde langsam lästig. Normalerweise hätte Maggie sich die Bänder lieber allein angesehen – immer wieder von vorn, bis sie sicher sein könnte, dass ihr kein Detail entgangen war. Doch sie befanden sich hier in Yardens Territorium. Außerdem sparten sie kostbare Zeit durch seine Kenntnisse der Anlage und seine Bereitschaft, ihr zu assistieren.
    „Ja. Wenn Sie es zurückspulen könnten bis zu der Stelle, wo er zum ersten Mal auftaucht.“
    Es war die Aufnahme der Kamera im zweiten Stock, die Yarden als NW1 markiert hatte. Maggie wollte diese Sequenz bereits zum dritten Mal sehen.
    Es musste etwas da sein, das ihr noch nicht aufgefallen war. Was konnte sie nicht sehen?
    Yarden ließ den Film laufen, bereit, eine Taste zu drücken, um das Bild einzufrieren oder heranzuzoomen. Aber Maggie brauchte keine Unterbrechung. Sie wollte den ersten Bombenattentäter untersuchen, sich nur auf ihn konzentrieren, ihn von Weitem aus dem Pulk von Leuten heraussuchen und ihn beobachten, während er immer näher kam.
    Er hielt den Kopf immer gerade nach vorn gerichtet. Seine Hände hingen locker zu beiden Seiten herunter, während er entspannt lief. Nichts deutete darauf hin, dass er nervös oder ängstlich war. Keine besorgten Blicke nach hinten über die Schulter, ob er verfolgt wurde. Er sah auch nicht nach oben, um installierte Kameras zu suchen, schien sich überhaupt nicht darum zu kümmern, ob er aufgenommen wurde.
    Er trug Jacke, Jeans, Tennisschuhe und eine Baseballkappe. Keines seiner Kleidungsstücke hatte die falsche Größe oder hing verdächtig weit herunter, es gab keine ausgebeulten Taschen. Wenn der Kerl tatsächlich eine Waffe trug, musste er sie verdammt gut versteckt haben. Und für eine bloße Verkleidung passten sämtliche Sachen viel zu gut. Auch Hinweise auf die Zugehörigkeit zu einer Gang konnte Maggie nicht ausmachen: keine verkehrt

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