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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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meinen Schenkeln zu spüren«, sagte Albrecht lächelnd, »es ist so wunderbar, die Fingerspitzen über ihren Hals gleiten zu lassen und mit meinem Bogen ihre Saiten zu streicheln.«
    Anna Elisabeths Augen sprühten plötzlich kleine zornige Blitze. »Ihr seid schamlos, Albrecht Hund«, stieß sie hervor.
    »Ohne jegliche Hemmungen schäkert Ihr mit mir, während Viola –«
    »Schäkern nennt Ihr das?«, unterbrach sie Albrecht, noch immer lächelnd.
    »Ihr habt mich ... geküsst«, flüsterte Anna Elisabeth, »vorhin habt Ihr mich sogar geküsst! Und Eure Geliebte –«
    Er unterbrach sie noch einmal. »Meine Viola hätte nicht das Geringste dagegen«, sagte er schnell, »das müsst Ihr mir glauben. Sie ist nämlich –«
    »Ich will gar nicht wissen, was diese Welsche für eine ist«, fuhr Anna Elisabeth ihm ungestüm in die Rede. »Sie hat ältere Rechte – ganz abgesehen davon, dass ich ohnehin vergeben bin! Sofort lasst Ihr mich los ... sonst ...«
    Der Tanz war zu Ende, und die Musik schwieg. Anna Elisabeth war ebenfalls verstummt. Ihre Augen schienen allen Glanz verloren zu haben. Albrecht erschrak. »Bitte, Anna – ich glaube, ich schulde Euch eine Erklärung«, bettelte er. »Die Viola, von der ich sprach, und die ich wirklich sehr liebe, ist nämlich –«
    Die Tür zum Saal wurde aufgestoßen. Eine Gruppe von jungen Männern drängte johlend herein und strebte sogleich zum Tresen. Alle waren auffällig bunt und teuer gekleidet; sie trugen Lederwämser, zwiefarbene Hosen und Degen an der Hüfte. Einer von ihnen, ein hoch gewachsener, breitschultriger Kerl mit einer Narbe, die sich längs über die linke Seite seines Gesichts zog und ihm etwas Furchteinflößendes verlieh, schaute zum Tanzboden herüber. Sein Blick blieb an Albrecht hängen. »He, Herr Vetter«, rief er, während sich sein entstelltes Gesicht zu einem zerfurchten Grinsen verzog, »ich sehe, Ihr seid wieder bei Eurer liebsten Tätigkeit!«
    Albrecht hatte mitten im Satz innegehalten. Hastig wollte er der Tür den Rücken zukehren, doch es war zu spät. Der Riese nahm sein federgeschmücktes Barett ab, schwenkte es in eineräußerst übertriebenen Verbeugung und rief noch einmal: »Wolf von Weißenstein – Holla! Seid Ihr schon so betrunken, dass Ihr mich nicht mehr erkennt, Bruder?«
    Hätte Albrecht den Gruß des Mannes jetzt nicht zur Kenntnis genommen – er hätte sich einer groben Beleidigung schuldig gemacht. Also ließ er Anna Elisabeths Hand fahren und grüßte ebenfalls: »Hinzheim – nanu! Was treibt Euch denn hierher?«
    Der Riese lachte und setzte sich sein Federbarett schief aufs Ohr. »Dasselbe wie Euch, Herr Vetter«, sagte er. »Es gibt doch nichts Schöneres, als sich gelegentlich mit hübschen Bauerntöchtern zu verlustieren.«
    »Nicht wahr?«, erwiderte Albrecht mit gespielter Munterkeit. »Ich habe mir gedacht, man muss sich am Erntefest nicht unbedingt einsam zu Hause betrinken. Hier herrscht wenigstens gute Stimmung ...«
    Der Junker von Hinzheim grinste. Er musterte Anna Elisabeth mit einem scheelen Seitenblick. »Ich sehe, Ihr beweist wieder einmal Geschmack, Weißenstein«, sagte er und dehnte seine Worte über Gebühr, »gestattet Ihr, dass ich mir von diesem reizenden Mund einen Kuss genehmige?«
    Bei Albrecht spannten sich unter dem dreisten Blick des Junkers alle Muskeln. »Nicht so schnell, Herr Vetter«, gab er zurück.
    »Ihr wollt Euch mit mir anlegen?« Hinzheim verzerrte sein entstelltes Gesicht. »In diesem Dorf hab ich die älteren Rechte – das merkt Euch!«
    Seine Hand lag auf dem Knauf seines Rapiers. Albrecht erwiderte den hochmütigen Blick des Junkers mit einem stählernen Lächeln. »Mag sein«, gab er zurück, »aber ich habe das entzückende Blümchen zuerst entdeckt. Mir gebührt darum auch der Vortritt.«
    Hinzheim zog blank. Mit einem scharfen Zischen fuhr seine Waffe aus der Scheide. »Schlagen wir uns doch drum«, forderte er gereizt.
    »Ich bin unbewaffnet.« Albrecht bemühte sich um einen ruhigen Ton. »Mit einem wehrlosen Gegner ist nicht gut fechten. Oder habt Ihr einen Faustkampf im Sinn?«
    Der Junker von Hinzheim suchte nach den passenden Worten. Sekundenlang musterte er Albrecht ärgerlich. Dann steckte er die Waffe wieder in die Scheide. »Dummes Zeug«, schnarrte er. »Es sieht Euch ähnlich, Weißenstein, ohne Euren Degen herumzulaufen. Wenig standesgemäß, Herr Vetter – wenn ich das bemerken darf!«
    »Nun ja«, sagte Albrecht, »aber unter Bauern ist selbst ein

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