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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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habt. ›Sie würde Euch nicht gefallen, Herr Vetter – sie hat zu viel Knoblauch gegessen‹!«Konnte sie seine Gedanken lesen? Es war gerade so, als antworte sie auf das, was er gedacht hatte! »Bitte«, flüsterte er, »ich kann Euch alles erklären, wenn Ihr mir nur einen Augenblick zuhören wollt!«
    »Macht Euch nicht die Mühe, jetzt wieder zu einer höflichen Anrede zurückzukehren«, sagte sie. Ihre Worte fielen in die Stille wie ausgespuckte Steine. »Ich bin bloß eine dumme Bauerndirne – da lohnt sich der Aufwand wohl kaum.«
    »Anna!« Seine Stimme hatte jeden Klang verloren. »Ich weiß, ich habe Euch wehgetan, und wenn Ihr jetzt Genugtuung wollt, dann verstehe ich Euch vollkommen. Aber hätte ich den Junker Hinzheim nicht von Euch abgelenkt, und das mit drastischen Worten – er hätte ... er hätte ...«
    Wieder versagte ihm die Sprache. »Was?«, wollte Anna Elisabeth wissen.
    »Könnt Ihr es Euch nicht denken?«
    »Doch ...«, murmelte sie.
    Albrecht suchte ihren Blick. »Ich wollte Euch für mein grässliches Benehmen um Verzeihung bitten ... darum musste ich Euch noch einmal unter die Augen treten.«
    Sie schwieg. Sie sah ihn forschend an. Auf einer ihrer Wangen war ein glitzernder Streifen. Er konnte die Augen nicht von ihr abwenden. Bitte, verzeih mir, dachte er – wie soll ich weiterleben, wenn du mir nicht verzeihst?
    »O – das schafft Ihr schon«, gab sie zurück. Eine zweite Träne rollte ihre Wange hinab. »Ein Mann wie Ihr braucht doch auf eine aus dem niederen Volk keine Rücksicht zu nehmen. Betrachtet mich einfach als Niemand. Das tut Ihr hohen Herren ja ohnehin.«
    Was sie da gesagt hatte, passte nicht recht zu seinen Worten. Es war, als habe sie wieder auf seine Gedanken geantwortet. Zudem tropften immer mehr Tränen aus ihren Augen und bildeten dunkle Flecken auf ihrem grauleinenen Mieder. Aber dubist doch nicht der einzige Mensch, der Schmerz empfindet, dachte er. Wenn du wüsstest, wie weh es mir tut, dass alles so gekommen ist ... dann zeigtest du mehr Herz ...
    Sie starrte ihn an. »Wie kann ich das?«, fragte sie. »Ich glaube ja nicht, dass es Euch wirklich Leid tut – weil Ihr es schon wieder an jeglicher Höflichkeit mangeln lasst.«
    Es verwirrte ihn vollständig, wie sie mit ihm sprach. Er hatte ja kein einziges Wort geäußert – oder doch? »Das würde ich niemals tun, Anna«, stammelte er hilflos, »niemals würde ich Euch den gebührenden Respekt versagen ...«
    »Und doch werdet Ihr immer wieder vertraulich, als seien wir miteinander verwandt«, flüsterte sie. »Ihr unterstellt mir, ich hätte kein Herz – Ihr behauptet sogar, Ihr liebt mich!« Sie schluchzte auf. »Ach, Albrecht ... der Herzlose seid Ihr! Sonst könntet Ihr mich nicht noch mehr beleidigen, als es schon geschehen ist!«
    »Ich hätte behauptet ...?« Was sagte sie denn da? Sie weinte jetzt ungehemmt, und sie hatte ihn einen Herzlosen gescholten! »Anna«, wisperte er fassungslos, »nie habe ich –«
    »Ich musste immerfort an Euch denken und hatte mich so gefreut, Euch wiederzusehen«, unterbrach sie ihn tränenübertrömt, »nur – das gibt Euch doch nicht das Recht ...«
    Er konnte ihren Kummer nicht mehr ertragen. Mit einem langen Schritt war er bei ihr, und seine Hände umfassten ihr Gesicht wie aus eigenem Willen. Anna Elisabeth senkte den Blick und versuchte sich von ihm abzuwenden, doch er ließ es nicht zu. »Ich weiß, ich hätte mich auf keinen Fall in Euch verlieben dürfen«, sagte er, »aber es ist geschehen, Anna. Niemand kann es mehr ändern – weder ich noch Ihr. Damit ich wieder Ruhe finde ... wollt Ihr mir bitte vergeben?«
    »Ihr redet immer nur von Euch«, kam es beinahe unhörbar von ihren Lippen, »was ist mit meinem Seelenfrieden – und wie soll ich weiterleben, wenn Ihr wieder fort seid?«
    »Anna ... ich verstehe nicht ...«, murmelte er verstört. »Ich liebe dich ja auch, Albrecht«, flüsterte sie.
    »Du bist versprochen ...«
    Sie schluchzte auf. »Ja. Und du bist nicht von meinem Stand. Aber ich will ein Andenken – etwas, woran ich mich erinnern kann. Küss mich noch einmal, bevor du gehst!«
    Sie war so nah, dass er den Hauch ihres Atems spüren konnte. Sie, die Unerreichbare, forderte von ihm einen Kuss auf ihren hinreißenden Mund. Das machte ihn wehrlos. Wie schon so oft in seinen Träumen beugte er sich über sie und berührte ihre Lippen – aber zaghaft und voller Scheu, denn dies war Wirklichkeit. Sie schlang die Arme um seinen Nacken und öffnete

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