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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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Bei Fischen sah es nicht anders aus – es sei denn, ein Bauernjunge traute sich, heimlich zu angeln oder eine Schlinge zu legen und Kaninchen zu wildern. Fisch- und Jagdrecht lagen ja selbstverständlich beim Grundherrn.
    Anna Elisabeth spürte heißen Zorn in sich aufsteigen. Dazu gesellte sich ein schreckliches Schuldgefühl. Sie liebte einen,der aus den Reihen der Grundherrn stammte, und der vielleicht mit seinen Bauern nicht anders verfuhr als der Abt von Kaltenbrunn. Wie konnte sie ihr Herz an einen Wolf von Weißen- stein hängen, wenn die eigenen Leute darbten?
    »Wir wollen es bereden, wenn wir genau wissen, wie viele Männer mitmachen«, sagte Hannes gerade. »Inzwischen sorgen wir für Waffen. Wohl jeder von euch hat eine alte Sichel oder Sense in der Ecke stehen, die man zum Spieß umschmieden könnte.«
    »Ja«, fiel der Schmiedejörg ein, »bringt alles brauchbare Gerät zu mir. Ich mach schon was draus – und das könnt ihr mir glauben: die schlechtesten Waffen sollen es nicht werden!«
    »Ich mach die Stiele«, sagte der Matthias, plötzlich eifrig dabei.
    »Stiele?« Der Jörg lachte schallend. »Lange Schäfte brauchen wir, damit wir sie den faulen Pfaffenknechten durch den Wanst rennen können!«
    »Mindestens sieben Fuß lang«, pflichtete Hannes bei. »Und haltbar müssen sie sein. Sie dürfen nicht beim ersten Stoß schon brechen – also nimm junges Stangenholz, Mattheis!«
    Anna Elisabeth wandte sich ab. Nachdem ihre Hausarbeit getan war, konnte sie guten Gewissens in ihr Kämmerchen hinaufsteigen. Ohne ein Wort an die Männer kletterte sie die schmale Leiter hoch, die unter das Dach führte. Hier war ihre Schlafstätte, ein schlichter Strohsack, bedeckt mit selbst gewebtem Leinen und einem mächtigen Federbett, das jetzt im Winter die schlimmste Kälte abhielt. Darauf ließ sie sich niedersinken und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
    Was die Männer unten im Wohnraum besprachen, war auch von hier aus noch gut zu verstehen. Sie planten einen bewaffneten Überfall auf das Kloster, um ihren Vater und den Mann aus dem Birkenhof zu befreien. Sie kamen überein, doch bis Maria Lichtmess abzuwarten – denn zu dem Zeitpunkt würdenalle Spieße, Äxte, Schwerter und Hellebarden fertig sein, wie der Schmiedejörg versicherte. Man würde mit etwa achtzig Mann zur Vogtei ziehen und die Wachen niedermachen. Danach ...
    Es war auch davon die Rede, dass man weiterziehen und sich dem Bauernheer anschließen sollte, das im Odenwald aufgestellt wurde. Ein gewisser Georg Metzler, Wirt zu Ballenberg, sei der selbst erklärte Hauptmann dieses Heeres und ließe allenthalben die Bauern zu den Waffen rufen. »Den kenne ich«, sagte der Schmiedejörg gerade, »ein Kerl wie ein Baum – und alles andere als ein Feigling. Der weiß, was er will, und wird’s den Pfaffen und Herren schon richtig eintränken!«
    »Darauf kannst du einen mächtigen Furz lassen«, erwiderte der Schweineheinz mit einem Lachen in der Stimme, »so würde unser lieber Doctor Martinus sagen!«
    »Seit wann bist du fromm?«, fragte der Schmiedejörg.
    »Seit ich weiß, dass ich als Christenmensch dieselben Rechte habe wie die Herren«, gab der Schweineheinz im Brustton der Überzeugung zurück. »Der Joos Fritz hat’s mir erklärt.«
    »Ja, dann ...« Das war Hannes’ Stimme. »Aber noch ist der Furz nicht fällig. Erst müssen wir unser Ziel erreicht haben.«
    »Der Doktor Luther hat auch gesagt: Aus einem verzagten Arsch kann kein fröhlicher Furz kommen. Also, Brüder – seid unverzagt. Dann können wir bald –«
    »Herzhaft furzen!«, ergänzte der Schmiedejörg, begleitet von röhrendem Gelächter.
     
    Albrecht tauchte die Feder in sein silbernes Tintenfass. Sorgfältig malte er ein großes und ein kleines A auf den Bogen aus dickem grauem Hadernpapier. Daneben zeichnete er in schwungvollen Linien einen Apfel, den er noch mit einem Stiel und einem elegant gekrümmten Blatt verzierte.
    Der nächste Buchstabe war das B. Eine Birne – nicht sehrphantasievoll, aber eindeutig – versinnbildlichte den Laut. Nun kam das C ...
    Citrone ... Aber nein, Anna würde diese seltene Frucht nicht kennen. Sicherlich hatte sie noch nie eine gesehen. Also, welcher Begriff kam dann in Frage?
    Albrecht überlegte minutenlang, aber es fiel ihm kein einziger Gegenstand ein, der mit C geschrieben wurde und Anna Elisabeth bekannt sein konnte. Er entschloss sich, den Buchstaben C wegzulassen, und wischte die Feder sauber, an der die Tinte eingetrocknet

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