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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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mir die Wahrheit gesagt?«
    Sie antwortete nicht. Unter ihren geschlossenen Lidern quollen Ströme von neuen Tränen hervor.
    »Nur, wenn du gelogen hast, kannst du mich jetzt noch von dir weisen«, setzte Albrecht seinen Monolog fort. »Nur, wenn du mich nicht liebst, Anna, werde ich dich lassen und nicht wiederkehren. Jetzt sprich, um Gottes willen!«
    Sie öffnete die Augen. »Ich habe nicht gelogen«, sagte sie leise und mit einem verzweifelten Zittern in der Stimme. »Ich liebe dich so sehr, Albrecht, dass ich es nicht beschreiben kann. Aber –«
    »Dann gibt es kein Aber«, schnitt er ihr die Rede ab. »Wirst du mir folgen, Anna?«
    Ihre Augen hatten angefangen zu glänzen. »Es ist widersinnig«, erwiderte sie, »ich würde dir folgen bis ans Ende der Welt, Albrecht – wenn wir nur zusammenbleiben könnten!«
    »Wir werden es einfach tun«, sagte er und schob das Kinn vor. »Wer sollte uns denn gebieten, was wir zu tun und zu lassen haben?«
    Anna Elisabeth lächelte. Trotz zeigte sich in ihrem Blick. »Küss mich noch einmal, Albrecht«, sagte sie. »Ich will deine Berührung auf meinen Lippen spüren, wenn ich ins Dorf zurückgehe. Das Gefühl muss halten, bis wir uns wiedersehen. Wann...?«
    »In vier Tagen«, sagte er. Dann nahm er ihren Mund in Besitz. Als sie sich kurze Zeit später trennten, wussten beide, dassder heutige Tag den Rest ihres Lebens bestimmt hatte. Sie gehörten endgültig zusammen – und es gab kein Zurück. Der kleine goldene Ring mit dem roten Stein, den Albrecht Anna Elisabeth gegeben hatte, hing an einer dünnen Lederschnur um ihren Hals und ruhte unter ihrem Mieder nah ihrem Herzen. Er war das Kostbarste, was sie je besessen hatte – nicht nur, weil er aus Gold und einem Edelstein bestand. Für sie symbolisierte er Albrechts Liebe – eine Liebe, die sie aus tiefster Seele erwiderte und die sie nie verraten würde.
     
    Das Dreikönigsfest lag nun beinahe eine Woche zurück. Schon vor Tagesanbruch hatten sich die Männer des Dorfes vollzählig in Anna Elisabeths Vaterhaus getroffen und dort auf die Abordnungen aus den drei anderen Dörfern gewartet, die ihr Kommen zugesagt hatten. Als die Sonne sich dann endlich über den Horizont erhob und ihr kraftloses Licht über die frisch gefallene Schneedecke verströmte, quoll die Stube über von entschlossenen, zornigen und kampfbereiten jungen Männern, die ihre selbst gemachten Waffen – zu groben Schwertern umgeschmiedete Sensen und Sicheln, eisenbewehrte Dreschflegel und zu Stichwaffen umgearbeitete Forken – gleich mitgebracht hatten.
    Anna Elisabeth zählte sechsunddreißig. Bis auf die Männer ihres eigenen Dorfes kannte sie kaum einen von ihnen. Aber untereinander schienen sie sich alle gut zu kennen, was Anna Elisabeth verwunderte. Denn wann hatten sie in der Vergangenheit schon Muße und Gelegenheit gehabt, miteinander ins Gespräch zu kommen?
    Das musste sich in letzter Zeit geändert haben. Jetzt begrüßten sie sich mit Schulterklopfen und sogar herzlichen Umarmungen. Und der Hannes – der schien so etwas wie ihr Hauptmann zu sein ...
    Gerade hatte sich wieder ein neu Angekommener sehr ehrerbietigbei ihm gemeldet und seinen Namen genannt. »Jaköble nennt man mich – aus dem Birkenhof. Aber lass dich durch den Spottnamen nicht irreführen, Müller. Ich bin kräftig genug, um draufzuschlagen, wo’s nötig ist!«
    »Siehst auch nicht aus wie ein Hänfling«, grinste der Hannes und versetzte ihm einen kräftigen Puff an die Schulter. »Männer wie dich brauchen wir – viele von deiner Sorte!«
    »Mein Bruder wollt auch kommen«, sagte der Jakob. »Es könnt sein, dass er schon heut dabei ist. Ihn druckt der Schuh gerade so wie uns ...«
    Hannes nickte. »Wir brechen ja erst gegen den halben Vormittag auf«, sagte er, »die Pfaffen sollen wach und auf sein, wenn wir uns bei ihnen zu Gast melden!«
    Die Männer lachten. In den Augen der meisten von ihnen lag ein böses Funkeln. »Zu Gast ist das rechte Wort«, sagte der arme Matthias aus dem Dorf. »Wer weiß? Vielleicht finden wir noch ein bisschen von unserem sauer erwirtschafteten Hab und Gut in ihren Kellern. Vielleicht haben sie das Unsere noch nicht vollständig aufgefressen ...«
    Allgemeine Zustimmung war seine Antwort. Doch gleichzeitig drangen von draußen Geräusche herein. Ein paar Pferde waren in den Hof eingetrabt; mehrere Männer saßen ab und kamen sporenklirrend auf die Haustür zu. Eine harte Faust pochte an die Bohlen.
    »Erwartest du noch mehr Leut,

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