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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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»jemand habe ihm einfach aufgetragen, das Ding hier abzugeben – und damit gut.«
    »Jemand? Wer war denn dieser Jemand?« Albrecht wollte sich mit so wenig Auskunft nicht zufrieden geben.
    »Der Junge ist noch da«, sagte Christoph. »Wir könnten ihn fragen ...«
    »Dann her mit ihm!« Albrecht war aufgeregter, als es der Vorfall eigentlich rechtfertigte. »Schick ihn mir herauf, Christoph – und mach, dass er sich sputet.«
    »Soll er nicht erst den Teller Suppe essen dürfen, den ich ihm versprochen hatte?«, gab Christoph zurück. »Der Junge machte einen so ausgehungerten Eindruck ...«
    »Magdalene soll ihm einen Kanten Brot in die Hand drücken«, sagte Albrecht ungeduldig, »den kann er auch hier essen. Jetzt lauf, Christoph. Ich will wissen, was das hier zu bedeuten hat!«
    Christoph warf einen Seitenblick auf das sonderbare Päckchen und eilte hinaus. Schon sehr kurze Zeit später war er wieder da, einen zerlumpten kleinen Kerl von sieben oder acht Jahren im Schlepptau, der mit vollen Backen kaute und immer wieder hastig von einem dicken Stück Brot abbiss.
    »Aha«, sagte Albrecht und baute sich mit gespreizten Beinen vor dem Bettelkind auf. »Du bist also der Bote dieses ... dieses Dings ...«
    Der Junge schob sich mit der freien Hand seine schmierige braune Filzmütze schief aufs Ohr. Er schien nicht sonderlich beeindruckt davon, dass er dem Herrn dieser Burg gegenüberstand. »Hmm«, sagte er und nickte heftig.
    »Wer hat dich geschickt?«
    »Eine schöne Frau.« Der Junge biss erneut ein Stück von seinem Brot ab und kaute energisch.
    »Eine ... was?«
    »Na – eine Frau. Aus dem Dorf, wo wir durchkamen.« Der Junge grinste breit. Er schien mit allen Wassern gewaschen.
    Albrecht musste sich ein Lächeln verkneifen. »Wer ist ›wir‹?«, fragte er.
    »Meine Familie und ich.«
    »Ihr seid Fahrende?« Albrecht musterte den Jungen scharf. Es war wahrhaftig mühsam, dem Knirps seine Kenntnisse zu entlocken! »Rede gefälligst von allein – ich habe keine Lust, alles aus dir herauszufragen!«
    »Ja, ja«, sagte der Junge in plötzlicher Beflissenheit, »wir sind Landfahrer. Mein Vater flickt Kessel und schleift Messer und Scheren, und meine Mutter verkauft ... ihren guten Rat ...«
    »Was ist denn damit gemeint?«, wollte Albrecht wissen.
    »Sie kennt sich aus mit Heilkräutern und so«, murmelte der Junge. »Und Segenssprüche kennt sie auch ...«
    Albrecht zog eine Augenbraue hoch. »Hoffentlich keine, die verboten sind!«
    »O nein, Herr!« Der Junge bekam jetzt doch Respekt und schien ein wenig zu schrumpfen. »Sie bespricht bloß Warzen ...«
    »Und welche Aufgaben hast du bei deinen Leuten?« Albrecht tat einen Schritt auf den kleinen Lumpenkerl zu. »Du bist wohl zuständig für Diebereien, was?«
    »O nein, Herr!«, flüsterte der Junge. »Ich hab der Frau Wasser getragen und Holzspäne zum Feueranmachen geschnitten ...«
    »Sonst nichts?«, fragte Albrecht übertrieben scharf und näherte sich dem Jungen um einen weiteren Schritt.
    Der duckte sich, als habe er Angst, geschlagen zu werden. »Glaubt mir, Herr – sonst nichts! Und dann, als wir weiterzogen, sollte ich den Boten spielen für die Frau. Sie hat so herzlich gebeten – da bin ich weich geworden ...«
    Albrecht fühlte sich wieder zum Lachen gereizt. »So, du bist weich geworden«, sagte er mit mühsam verhaltener Heiterkeit. »Nun, dann muss die Frau aber wirklich sehr schön gewesen sein.«
    »O ja, Herr!« Die Augen des Jungen glänzten auf. »Sie hat mir ein ganzes Stück Speck überlassen – nur dafür, dass ich das Päckchen hier abliefere. Und ich hab’s getan, anstatt es wegzuwerfen – wie’s doch am einfachsten gewesen wär!«
    Albrecht räusperte sich. »Und wo wohnt die Frau?«
    »Es war ein Dorf mit einer Mühle«, sagte das Bettelkind ernsthaft. »Und sie wohnt in dem Haus am Rand des Teichs. Sie hat braune Haare und braune Augen – und wir haben sie nicht bestohlen, meine Leute und ich. Weil sie anständig ist.«
    »Kennst du ihren Namen?« Albrecht hatte sich abgewandt und starrte aus dem Fenster. Anna Elisabeth schickte ihm eine Nachricht – wer sonst hätte es sein können? Er spürte, wie seine Hände zu zittern begannen.
    »Nein«, sagte der Junge, »den hat sie mir nicht genannt. Nur den Euren, Herr ...«
    »Schon gut«, sagte Albrecht. Er deutete zur Tür. »Du kannst wieder gehen. Lass dir in der Küche für die Deinen noch einen frischen Laib Brot mitgeben. Und sei bedankt ... dafür, dass du das

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