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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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Chance ergriffen, um das Sommerloch zu stopfen:
Serienkiller in der Mozartstadt! Dann hatten sie den ersten Täter dingfest gemacht,
einen Bulgaren aus dem Rotlichtmilieu. Die Versuchung war groß gewesen, den Mann
gleich auch für den zweiten Mord festzunageln, aber Pestallozzi hatte seine Zweifel
gehabt. Und Grabner hatte ihm den Rücken freigehalten, gegen alle Kritik und Anfeindungen.
Dann hatten sie nach wochenlangen mühsamsten Ermittlungen den zweiten Täter überführen
können, einen angesehenen Steuerberater, den die junge Frau zu erpressen versucht
hatte. Der Steuerberater war ebenfalls im Verein der Freunde der Festspiele gewesen,
und Pestallozzi konnte sich gut vorstellen, welchen versteckten und auch offen ausgesprochenen
Interventionen Grabner wohl ausgesetzt gewesen war.
    »Und?«,
unterbrach Grabner das Schweigen. »Wie geht es jetzt weiter?«
    »Leo und
ich fahren gleich wieder zum See«, antwortete Pestallozzi. »Wir haben uns ja schon
gestern mit den unmittelbaren Zeugen unterhalten, und ich glaube, ich habe da schon
ein paar Ansatzpunkte.«
    Grabner
nickte. »Ich muss Ihnen nicht erst extra sagen, wie heikel die ganze Geschichte
ist. Sie haben das sowieso in der Sitzung mitbekommen, die Kollegen aus Wien haben
ja die Unterlagen mitgebracht. Dieser Gleinegg war ein ganz großes Tier, bei dem
war die hohe Politik zu Gast. Und diese ganzen Wirtschaftsbosse, gegen die sind
Politiker heutzutage ja kleine Würsteln. Die waren alle bei seinen Jagden.«
    Über Grabners
Gesicht huschte ein Anflug von Widerwillen. Bei allem hatte er mitgemacht, nur einen
Jäger hatte seine Frau nicht aus ihm machen können. Dabei waren die Jagdgesellschaften
die ultimativen innersten Zirkel der feinen Gesellschaft, nicht einmal eine eigene
Loge beim Opernball konnte da mithalten.
    »Das ist
mir bewusst«, sagte Pestallozzi.
    »Gut.« Grabner
sah ihn an. »Wenn es eng wird, dann lassen Sie es mich rechtzeitig wissen. In diesem
Fall muss die Stillhaltung lückenlos funktionieren, Sie sind mir dafür verantwortlich.
Die Schmierfinken von der Presse schreiben sich sowieso schon die Finger wund.«
    Er nickte
nochmals und Pestallozzi war entlassen.
    Draußen
wartete schon Leo auf ihn.
    »Dieser
Woratschek vom Innenministerium will dich noch sprechen«, sagte er leise und deutete
mit dem Kinn auf die Gruppe von Beamten, die noch immer zusammenstand. »Super Typ!«
    Pestallozzi
ging auf die Gruppe zu, ein Mann löste sich daraus und kam ihm entgegen. Er trug
trotz der Hitze einen grauen Anzug mit Gilet und Krawatte, randlose Brille, sein
Haar war mit Gel straff zurückgekämmt. In der Sitzung war er als Ministerialrat
Dr. Clemens Woratschek vorgestellt worden.
    »Ich will
Sie gar nicht lange aufhalten«, sagte Woratschek. »Jetzt ist schon eine ganze Nacht
vergangen, da werden die Spuren langsam kalt.«
    Pestallozzi
wehrte sich nicht gegen den unausgesprochenen Vorwurf in diesem Satz. Er hätte dem
Herrn Ministerialrat Dr. Clemens Woratschek erwidern können, dass er schon längst
wieder vor Ort gewesen wäre, wenn er nicht an dieser völlig überflüssigen Sitzung
hätte teilnehmen müssen, in der alle nur ihre Eitelkeiten gepflegt und mit dubiosen
Vermutungen aufgewartet hatten, die nicht viel besser als die der Schmierfinken
von der Presse waren. Aber er verzichtete darauf und wartete einfach ab.
    »Also«,
fuhr Woratschek nach einer sekundenlangen Pause fort. »Ich wollte Ihnen nochmals
in Erinnerung rufen, dass der Herr Minister höchstpersönlich allergrößtes Interesse
an der Aufklärung dieses Falles bekundet hat. Jede neue Erkenntnis ist unmittelbar
an sein Büro zu richten, also an mich.«
    Er schwieg
und sah Pestallozzi auffordernd an.
    »Es wird
alles den vorgeschriebenen Gang gehen«, antwortete Pestallozzi.
    Woratschek
wollte etwas erwidern, aber dann begnügte er sich mit einem kühlen Kopfnicken.
    »Davon gehe
ich aus.« Dann ging er zu seinen Kollegen zurück, die die Szene beobachtet hatten.
    Pestallozzi
drehte sich ebenfalls um und ging durch die Glastür hinaus ins Treppenhaus, wo Leo
ihm erwartungsvoll entgegensah. Aber Pestallozzi schüttelte nur den Kopf, und sie
fuhren mit dem Lift hinunter in die Tiefgarage. Leo kannte seinen Chef gut genug,
um ihn jetzt nicht mit Fragen zu löchern. Sie stiegen ein und fuhren los, endlich.
Pestallozzi hätte sich am liebsten innerhalb von Sekunden an den See gezaubert.
Endlich würden sie wieder vor Ort sein, dort wo das Grauen mitten zwischen tanzenden
Faltern und

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