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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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über den Rücken lief – nicht einmal Leo hätte er davon erzählen können.
Früher, als er noch geraucht hatte, war es manchmal so gewesen, beim ersten langen
tiefen Zug aus einer Zigarette, die man sich endlich anzünden konnte. Ein Wohlbehagen,
fast ein Triumph. Aber jetzt lief er sich schon seit Tagen die Hacken ab und fragte
und fragte nach … und spürte nichts.
    Auf den
Stufen vom Präsidium kam ihm dieser Woratschek entgegen. Pestallozzi nickte und
wollte an ihm vorbei, aber Dr. Clemens Woratschek verstellte ihm den Weg.
    »Ich nehme
an, dass Sie zu mir kommen wollten, um mir endlich Bericht zu erstatten?«
    Es klang
allerdings nicht wie eine Frage, sondern ganz eindeutig wie eine versteckte Drohung.
    Pestallozzi
schüttelte den Kopf.
    »Wir stecken
mitten in den Ermittlungen, aber es gibt noch keine wirklich heiße Spur.«
    »Das zieht
sich aber, Herr Chefinspektor. In Wien ist man schon ungeduldig. Wir haben mehr
von Ihnen erwartet.«
    ›Wir‹ –
der liebe Gott, der Herr Minister und ich. Pestallozzi hätte den Mann am liebsten
zur Seite gewischt, aber er blieb gelassen.
    »Das tut
mir leid.«
    Woratschek
sah ihn abwartend an, offenbar hatte er sich einen Sermon an Rechtfertigungen erhofft.
Aber dieser Pestallozzi stand nur da und schaute ihn an mit dieser provokant höflichen
Miene, er hätte ihn am liebsten zum Schuhputzer degradiert. Nun, die Zeit würde
kommen. Obwohl, die Nachrichten aus Wien waren nicht wirklich beruhigend, Woratschek
rückte seine Brille zurecht.
    »Dann wollen
wir hoffen, dass Sie mir baldmöglichst handfeste Ergebnisse berichten können, Herr
Chefinspektor.« Und er ließ Pestallozzi einfach grußlos stehen, dieser kleine Triumph
musste sein.
    Der Aufzug
war wieder einmal besetzt, Pestallozzi nahm das Treppenhaus hinauf in den zweiten
Stock. Auf dem Schreibtisch in seinem Büro stapelten sich die Unterlagen zum Fall
Gleinegg, die Leo zusammengetragen hatte, dazu eine vertrauliche Akte des Innenministeriums.
Pestallozzi war sich sicher, dass die Akte Wien noch ungleich praller verlassen
hatte. Was da auf seinem Schreibtisch lag, das war die bereinigte Fassung, alle
peinlichen Querverbindungen zu anderen Mächtigen im Land getilgt, da gab sich Pestallozzi
keinerlei Illusionen hin. Er zog sein Jackett aus und hängte es über die Stuhllehne,
dann setzte er sich nieder. Leo erschien augenblicklich im Türrahmen.
    »Endlich,
der Präsident hat schon nach dir gefragt, Chef. Jetzt ist er aber zu einem Mittagessen,
irgendeine Delegation aus Polen ist da. Der Präsident hat sich extra noch ein Speckbrot
aus der Kantine bringen lassen, damit er die ganzen Trinksprüche übersteht.« Leo
grinste. »Ein Knochenjob!«
    Pestallozzi
nickte und sah zum Fenster hinaus. Die Mittagssonne beschien in der Ferne die Dächer
von Schloss Mirabell, das einst vom Hochwürdigsten Fürsterzbischof Wolf Dietrich
für seine Mätresse und ihre gemeinsamen 15 Kinder erbaut worden war. Damit hatte
er seine Exschwiegermutter immer so wunderbar ärgern können. Die hatte bestimmt
eine Kerze gestiftet, als sich ihre Tochter endlich von diesem ungehobelten Polizisten
getrennt hatte. Pestallozzi streckte sich gut gelaunt und wandte sich wieder Leo
zu.
    »Und, hast
du einen Termin ausmachen können?«
    »Ich hab
schon ein dutzendmal angerufen, aber es läuft immer nur ein Tonband. Ich hab jedenfalls
draufgesprochen, dass es wirklich dringend ist, und sie sonst mit einer Vorladung
rechnen muss, die Frau Hochwohlgeboren.«
    »Na, sei
nicht so streng. Immerhin hat die Frau ihren Vater verloren. Gibt es sonst noch
Neuigkeiten?«
    »Der Loibner
hat zwei Anzeigen wegen Raufhandel, aber nichts Aufregendes, so Wirtshausstreitereien
halt. Und der Holzinger vom Fremdenverkehrsverband hat sich offenbar mit Fonds übernommen,
der steckt ganz schön in der Bredouille. Außerdem geht das Gerücht, dass er schwul
ist. Aber der einzige Anhaltspunkt dafür ist, dass er immer noch nicht verheiratet
ist. Das reicht anscheinend schon aus, dass man von diesen Hinterwäldlern schief
angeschaut wird.«
    Pestallozzi
nickte wenig beeindruckt und griff nach dem Aktenstapel auf seinem Schreibtisch.
    »Ich geh
die jetzt einmal genauer durch. Und du, Leo …«
    Leo hatte
sich schon zum Gehen gewandt, jetzt drehte er sich noch einmal um.
    »Du hast
doch diese Freundin gehabt, die …«
    Leo schnitt
eine Grimasse. »Die Sonja meinst du?«
    »Genau.
Probier doch, ob sich da was machen lässt. Ich würde einfach gerne wissen, mit wem
die Anna

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