Blutiger Klee: Roman (German Edition)
der Promenade quollen über von Pappbechern und
leeren Flaschen und unappetitlichen Papierln, da würde er sich den jungen Forstinger
vorknöpfen müssen, auch wenn die Abfallentsorgung nicht direkt in sein Ressort fiel.
Fast ein Jahr lang war der Schlingel nach der Schule arbeitslos gewesen und nur
zu Hause herumgelungert. Dann hatte seine Mutter, die Leni, den Bürgermeister so
lange bekniet, bis der einen Job für ihren Sohn aus dem Hut gezaubert hatte: ›Müllbeauftragter
der Gemeinde‹. Aber der Forstinger Kevin hockte nur weiter zu Hause herum und träumte
von der ›Großen Chance‹ oder wie diese Shows im Fernsehen hießen, bei denen sich
die Leute vor der ganzen Nation zum Deppen machten. Zweimal schon hatte sich der
Kevin mit einem selbst komponierten Song beworben und war beide Male in der
allerersten Runde hochkant hinausgeflogen. Aber er wollte es unbedingt weiterversuchen,
hatte die Leni seufzend erzählt. Die Mistkübel an der Promenade waren dem Schlingel
jedenfalls herzlich egal.
Krinzinger
stapfte weiter, am Café vorbei. Ein Tee mit Schnaps wäre eine Wohltat gegen das
Frösteln gewesen, aber so ein kleiner Einkehrschwung war natürlich undenkbar. Ganz
besonders jetzt, wo sich noch immer Journalisten im Ort herumtrieben und jeden Moment
diese Polizisten aus Salzburg auftauchen konnten. Das hatte ihnen alles der Gleinegg
eingebrockt. Das heißt, natürlich sein Mörder, aber für ihn, den Krinzinger, war
in jedem Fall der alte Gleinegg die Ursache für das ganze Schlamassel. Wie ein dunkler
Habicht war er da oben in seinem Schloss gehockt. Nie ein freundliches Wort, nie
ein Dankeschön. Sogar ihn, den Krinzinger, hatte er behandelt wie einen Lakaien.
Und jetzt sollte er sich den Arsch aufreißen, um den zu finden, der die Schweinerei
auf der Bank angerichtet hatte. Womöglich sogar sich selbst in Gefahr bringen! Denn
einer, der schon einmal gemordet hatte, der würde bei der nächsten Gelegenheit nicht
lange fackeln. Aber da hatten sie die Rechnung ohne ihn gemacht, die Herren Kollegen
aus der Stadt und die hochnoble Familie oben im Schloss. Er würde seine Pflicht
erfüllen, Dienst nach Vorschrift, ganz recht. Aber nicht einen Fingerbreit mehr.
Und was er sich so dachte, das ging keinen was an. Wenn er spät in der Nacht neben
seiner Frau wach lag. Die übrigens schnarchte wie ein Besenbinder, auch wenn sie
ihm das nie glauben wollte in der Früh. Dann jedenfalls machte auch er sich so seine
Gedanken. Wie noch ein paar andere im Ort, ganz bestimmt. Die Leute am Land waren
ja nicht blöd, auch wenn die Stadtfritzen das immer noch glaubten. Diese alternativen
Typen ganz besonders, die ihm den ganzen Sommer über auf die Nerven gingen. Erst
vorige Woche war so eine Ökomutti im Büro aufgetaucht, mit einem plärrenden Kind
an der Hand. Die Frau war so aufgebracht gewesen, dass er schon einen zweiten Toten
in einer Blutlache befürchtet hatte. Aber dann hatte sich die ganze Aufregung bloß
um die Schwäne gedreht, einfach unfassbar! Um die Viecher, die schon so fett
waren, dass sie kaum mehr watscheln konnten. Weil sie ständig von Touristen mit
Kuchen und Hamburgern gefüttert wurden, obwohl überall Verbotsschilder standen.
Jedenfalls, die Ökomutti hatte ganz im Ernst bei ihm Anzeige erstatten wollen, gegen
die böse Frau auf der Promenade, die die liebe Schwanenfamilie verjagt hatte. Wegen
Tierquälerei! Die böse Frau war niemand anderer als die Hammerer Resi gewesen, die
völlig zu Recht die Viecher von den Badestegen gescheucht hatte, wo die nämlich
am allerliebsten hingackten. Er hatte also stoisch zugehört und dann mit wichtiger
Miene in seinen Computer getippt, die Ökomutti unterschreiben lassen und mit einem
Bonbon für ihre quengelnde Miniaturausgabe zur Tür hinauskomplimentiert. Dann hatte
er das Geschreibsel in den Papierhecksler gesteckt. Die Seminare über einfühlsamen
Umgang mit Beschwerdeführern und -innen machten sich halt doch bezahlt. Früher hätte
er die Ökomutti hochkant hinausgeworfen.
»Servus,
Krinzinger!«
Er schrak
hoch und winkte über die Straße. Der Vizebürgermeister winkte zurück, dann verschwand
er im Nebel. Krinzinger seufzte. Auf Hawaii müsste man jetzt sein. So wie dieser
Detektiv mit dem Schnauzbart, wie hatte der doch bloß geheißen? Als junger Bursch
hatte er sich jedenfalls alle Folgen geschaut und sich in der völlig unsinnigen
Hoffnung gewiegt, dass auch er einmal solche Fälle bearbeiten würde. Tote Gangster
und schöne Frauen, schnelle
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