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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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ersten Mal, das Lächeln gab ihrem Gesicht beinahe Farbe. Leo hätte sie auf 40
Jahre geschätzt, plus/minus. Heutzutage konnte man sich bei diesem Thema ja ganz
furchtbar in die Nesseln setzen, am besten, man hielt den Mund. Die Frau wirkte
jedenfalls sonderbar altmodisch, als ob sie den Anschluss an die Gegenwart schon
vor langer Zeit verpasst hätte. Sie trug ihre Haare im Nacken zu einem Knoten geschlungen
und war völlig ungeschminkt. Das Gilet über der Bluse sah aus wie selbst gestrickt,
so ähnliche Zopfmuster hatte seine eigene Oma vor vielen Jahren fabriziert.
    »Ich ziehe
aus, Gott sei Dank! Die Wohnung war nur möbliert gemietet. Ich bin vor zwei Jahren
hergekommen, nach meiner Scheidung, weil ich gehört habe, dass das Hutgeschäft an
der Promenade zugesperrt hat. Ich habe es günstig mieten können und eine Wollstube
eröffnet.«
    Sie sagte
das mit einem Anflug von Stolz, Leo starrte sie ratlos an. Eine Wollstube? Was sollte
das denn sein? Die Brandauer redete weiter.
    »Ich habe
mir gedacht, dass so ein Geschäft gut gehen könnte, mit den vielen Touristen, die
herkommen, und mit den vielen Regentagen im Sommer. Die Leute können ja nicht immer
nur fernsehen oder in der Konditorei sitzen. Aber dann hat der große Hobbymarkt
auf der Straße nach Ischl eröffnet, und die haben einfach alles zum Basteln und
Stricken, alle Garne und Farben, und das zu Preisen, mit denen habe ich beim besten
Willen nicht mithalten können.«
    »Das tut
uns leid.«
    Sie zuckte
die Achseln. »Es hat ja nicht nur an den Preisen gelegen. Ich habe einfach keinen
Kontakt zu den Leuten gefunden. Zu den Gästen nicht und noch weniger zu den Einheimischen.
Als Frau allein ist man hier verloren. Niemand redet mit einem, man kann in kein
Lokal gehen, nur in die Kirche, überall wird man angestarrt, und hinter dem Rücken
tuscheln sie, ganz besonders die anderen Frauen. Es war schrecklich.«
    Jetzt sah
die Brandauer aus, als ob sie gleich losheulen würde, auch das noch. Er hatte nicht
einmal ein Taschentuch eingesteckt, nur seine Müsliriegel. Leo hätte die nur ungern
geteilt.
    »Das glaube
ich Ihnen gerne.«
    Der Chef
sah mitfühlend drein, aber er hielt Abstand. Die Frau schluckte und straffte ihren
Rücken.
    »Unser Kollege,
der Inspektor Krinzinger hat uns erzählt, dass …«
    »Dass ich
auf seinem Parkplatz gestanden bin? Ein oder zwei Mal ist mir das passiert, wie
ich damals eingezogen bin und die ganzen Kisten hab alleine schleppen müssen, das
Geschirr und die Kleider. Da habe ich mich falsch hingestellt, weil es so geregnet
hat. Dann habe ich einmal das Fensterbrett abgewischt, da ist er gerade aus dem
Büro unten herausgekommen, aber ich habe ihn nicht gesehen und das Tuch ausgebeutelt.
Seither behandelt er mich wie eine Schwerverbrecherin.«
    Sie sahen
sich alle drei an, die Unterlippe der Frau zitterte. Plötzlich brach der Chef in
Lachen aus, die Brandauer sah ihn völlig entgeistert an – und endlich lachten sie
alle drei, die Brandauer sah aus, als ob sie ein bisschen aus der Übung wäre, sie
hielt sich die Hand vor den Mund und kicherte wie ein Teenager. Dann brach sie abrupt
ab und strich sich die dunkelblonden Strähnen zurück, die sich aus dem Knoten gelöst
und ihr ins Gesicht gefallen waren.
    »Ich bin
so was von froh, wenn ich hier wegkomme«, sagte sie. »Ich gehe nach Kufstein zurück.
Meine Schwester führt dort ein Café, da kann ich halbtags aushelfen. Und dann werde
ich schon etwas finden, vielleicht sogar wieder als Handarbeitslehrerin an der Hauswirtschaftsschule,
das habe ich nämlich gelernt. Nur weg von hier.«
    Der Chef
nickte, als ob er das ebenfalls für eine ausgezeichnete Idee halten würde. Dann
wurde er wieder ernst und dienstlich.
    »Frau Brandauer,
ich kann Sie gut verstehen. Aber vorher müssen Sie uns noch helfen, denn ich bin
überzeugt, dass Sie das können. Waren Sie heute Vormittag zu Hause?«
    Sie sah
ihn entgeistert an, dann nickte sie ebenfalls, aber eher zögernd. »Warum?«
    »Haben Sie
jemanden gesehen, der unten etwas abgegeben hat? Oder in den Briefkasten gesteckt
hat?«
    »Ist das
wichtig?«
    »Das wäre
sogar sehr wichtig. Sie haben doch vom Herrn Gleinegg gehört, nicht wahr? Wir gehen
gerade einer wichtigen Spur nach!«
    Nun war
auch der letzte Rest von Belustigung aus ihrem Gesicht verschwunden, Leo tat sie
fast leid. Er war sich ziemlich sicher, dass die Brandauer Evamarie nicht allzu
bald wieder von Lachen geschüttelt werden würde. Aber sie wusste etwas, das war
ihr

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