Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)
Krankenhäuser«, sagte Doyle. »Ich bin hier, um meine Frau zu besuchen. Sie hatte einen Autounfall. Hat sich ein Bein und einen Arm gebrochen. Sie ist ziemlich durch den Wind.«
»Tut mir leid, das zu hören.«
»Was ist mit Ihnen? Wen besuchen Sie hier?«
»Meinen Vater. Er hatte vor ein paar Tagen einen Herzinfarkt. Gestern haben sie ihn aber aus der Intensivstation verlegt. Er scheint das Schlimmste überstanden zu haben. Zäher alter Bursche.«
»Meine Schwiegermutter lag hier mal auf der Intensivstation«, log Doyle. »Der Doktor hat mir überhaupt nicht gefallen. Schien nicht zu wissen, was er tut. Tyrone hieß er, glaub ich. Aber der kümmert sich bestimmt nicht um Ihren alten Herrn, oder?«
Der Mann schüttelte den Kopf.
»Nein, es ist Dr. Collins. Der ist ziemlich nett.«
Doyle nickte und seufzte theatralisch.
»Tja, ich geh jetzt wohl besser. Tut mir wirklich leid wegen dem Kaffee.« Er rang sich ein Lächeln ab.
Der Mann verabschiedete sich, trank seinen Becher aus und schlenderte aus dem Krankenhaus. Doyle sah ihm hinterher, dann ging er mit ausdruckslosem Gesicht zum Empfang.
»Verzeihen Sie«, sagte er ernst, ohne das Lächeln der Frau hinter dem Schalter zu erwidern. »Dr. Collins hat heute Morgen mit mir telefoniert. Er sagte, ich könnte jetzt zu meinem Bruder. Die Operation sei gut verlaufen.«
»Dr. Collins ist gerade auf der Intensivstation, Sir«, sagte die Frau zu ihm. »Wie heißt Ihr Bruder?«
»Jonathan Martin.«
Die Frau ging die Namensliste auf ihrem Klemmbrett durch, indem sie die Zeilen mit der Spitze ihres Kugelschreibers entlangfuhr.
»Ich finde hier niemanden mit diesem Namen, Sir«, erklärte sie verwirrt.
Doyle seufzte.
»Könnten Sie bitte noch mal nachsehen? Dr. Collins hat mir versichert, dass ich ihn besuchen kann.«
»Wann ist er eingeliefert worden?«, wollte sie wissen.
»Letzte Nacht.«
»Sein Name steht vielleicht auf der anderen Liste. Auf dieser hier«, sagte sie und tippte mit ihrem Stift auf das Klemmbrett, »stehen nur die Namen der Patienten, die heute eingewiesen wurden.«
Zum Beispiel Officer Gary Farrow, dachte Doyle. Ein kurzer Anruf bei einem seiner Kontakte hatte genügt, um den Namen des verletzten Polizisten herauszufinden.
Die Frau stand auf und verschwand in einem kleinen Nebenraum. Doyle lehnte sich über die niedrige Trennwand und betrachtete die Namensliste.
FARROW, G., INTENSIV 4.
Er drehte sich um, ging zu Georgie und tippte ihr auf die Schulter.
»Vierte Etage«, sagte er, als sie zu den Fahrstühlen gingen. Doyle drückte auf den Rufknopf, und der Fahrstuhl kam. Die Türen öffneten sich, und drei Personen verließen die Kabine, darunter ein uniformierter Beamter der Garda.
Doyle und Georgie stiegen ein, und Doyle drückte auf die Tasten 3 und 4.
Der Fahrstuhl setzte sich nach oben in Bewegung.
Im dritten Stock kam er zum Stehen.
Doyle stieg aus, ging zum Treppenhaus und nahm die Treppe, um zeitgleich mit dem Fahrstuhl in der vierten Etage anzukommen.
Er erreichte den Treppenabsatz, lugte durch das kleine Fenster in der Durchgangstür und beobachtete, wie Georgie mit dem Blumenstrauß den Fahrstuhl verließ. Rechts von ihr saß an einem Schreibtisch mit Telefonanlage die diensthabende Schwester. Nicht weit davon entfernt hatte sich ein Beamter der Garda postiert. Er sah, wie Georgie auf den Mann zuging. Zwar hörte er nicht, was sie zu ihm sagte, aber der Polizist nickte.
Doyle glitt durch die Tür und bewegte sich praktisch lautlos durch den Korridor, ohne den Beamten aus den Augen zu lassen. Georgie drückte dem uniformierten Mann den Blumenstrauß in die Hand. Doyle fand sich fünf Türen gegenüber, alle geschlossen, doch jeweils mit einem kleinen quadratischen Fenster in Augenhöhe. Er ging rasch von einem zum anderen und lugte hindurch.
Eine alte Frau, die im Sterben lag.
Ein Mann in einem Sauerstoffzelt, um die 40 Jahre alt. Durch die blasse Haut und die eingefallenen Gesichtszüge wirkte er wesentlich älter.
Doyle trat ans nächste Fenster.
Das Gesicht des Mannes verschwand praktisch vollständig hinter Bandagen, nur die Augen waren zu erkennen. In beiden Armen steckte ein Tropf, und Schläuche führten in Nase und Mund. Doyle konnte den Echoimpuls auf dem Oszilloskop neben dem Bett sehen, der sich in trägen Wellen bewegte.
Er drehte sich kurz zu Georgie um, die sich immer noch mit dem uniformierten Mann und der Schwester unterhielt. Dann widmete er sich wieder der Tür des Krankenzimmers.
ZUTRITT FÜR
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