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Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)

Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)

Titel: Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaun Hutson
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trank einen Schluck aus dem Glas mit Scotch, das neben seinem Teller stand.
    »Also stimmt es? Was in der Akte steht?«
    »Glaub, was du willst.«
    »Was ist mit mir? Hast du mich überprüft?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich hielt es für unnötig. Ich sehe keinen Sinn darin, etwas über deine Vergangenheit zu erfahren, und eine Zukunft besitzt du vielleicht gar nicht. Wichtig ist nur das Jetzt . Was für einen Sinn hätte es, dich näher kennenzulernen, wenn du morgen erschossen wirst?«
    »Was für ein aufmunternder Gedanke. Danke, Doyle.«
    »Ich bin nur realistisch, Georgie. Du könntest erschossen werden, man könnte uns beide erschießen. Deswegen blicke ich nie voraus. Was für einen Sinn hat es, Pläne zu schmieden, wenn man eventuell den nächsten Tag nicht überlebt? Ich nehme jeden Tag so, wie er kommt. Wenn ich noch am Leben bin, wenn ich mich nachts ins Bett lege, dann hatte ich einen guten Tag.« Er trank noch einen Schluck und bestellte einen weiteren Scotch. »Das ist einfach meine Art, mit dem Leben klarzukommen.«
    »Bist du erst seit dem Unfall so?«
    »Was ist das hier? Ein Quiz? Was spielt das für eine Rolle? Und es war kein Unfall. Ich habe einfach nicht aufgepasst. Ich hätte McNamara nicht so auf die Pelle rücken dürfen. Ich hätte ihn umlegen müssen, bevor er die Gelegenheit bekam, sich quer über die Craigavon Bridge zu verteilen.«
    Sie aß auf und schob ihren Teller weg. Der Kellner kam herbeigeeilt, räumte ab und brachte eine Flasche Wein, als Doyle ihn darum bat. Er wollte ihnen einschenken, doch Doyle winkte ab und übernahm das selbst. Er füllte Georgies Glas. Einen Moment später wurde der Hauptgang serviert, dann ließ man sie wieder allein.
    »Was hält deine Familie von deinem Beruf?«, erkundigte sich Doyle.
    »Ich dachte, du wolltest nichts über mich wissen«, versetzte sie sarkastisch.
    »Ich mache nur Konversation.«
    Sie nickte.
    »Ich habe keine Familie«, erzählte sie ihm. »Meine Mutter und mein Vater sind bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, als ich zehn war. Ich bin bei einer Tante aufgewachsen. Sie ist am Tag vor meinem 20. Geburtstag gestorben. Mein Bruder wurde von der IRA getötet, das habe ich dir schon erzählt.« Sie lachte verbittert. »Niemand würde mich vermissen, wenn ich auch sterbe.« Sie trank einen Schluck Wein.
    »Was ist mit Männern?«
    »Es hat ein paar gegeben. Aber nichts Ernstes. Vielleicht bin ich in der Hinsicht so wie du, Doyle.«
    Er grinste.
    »Mag sein.« Er atmete tief aus. »Also sind wir nur zwei einsame Seelen, die ihre eigenen Ziele verfolgen. Du willst Rache für deinen Bruder ...« Er ließ den Rest des Satzes in der Luft hängen.
    »Und du? Was willst du wirklich? Was hast du von alledem? Von dem Wissen, dass du jeden Tag getötet werden könntest? Warum tust du es trotzdem?«
    »Weil es für mich nicht mehr gibt«, erwiderte er, ohne eine Miene zu verziehen. »An manchen Tagen wünsche ich mir, dass es mich erwischt, irgendein Feuergefecht oder so.« Er lächelte. »Damit ich mich aus allen Rohren schießend verabschieden kann wie ein gottverdammter Cowboy. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich nicht den Mumm habe, mich in einen Wagen zu setzen und ihn gegen die Wand zu fahren. Wenn ich erschossen oder in die Luft gesprengt werde, trägt wenigstens jemand anders die Schuld an meinem Tod.«
    »Warum willst du sterben?«
    »Weil es keine bessere Alternative gibt. Du kennst doch den Songtext: No happy endings, like they always promised .« Er kaute auf seinem Steak herum. »So sieht’s aus. Vielleicht haben wir ja doch etwas gemeinsam. Wir sind allein auf der Welt. Meine Eltern sind ebenfalls beide tot. Meine Mutter erlitt einen Schlaganfall, mein Vater einen Herzinfarkt. Sie haben sich beide länger ans Leben geklammert, als sie es hätten tun sollen, und ich sah zu, wie sie in ihren beschissenen Krankenhausbetten starben. Ich werde auf keinen Fall so abtreten, Georgie. It‘s better to burn out than to fade away, wie es so schön heißt.«
    Sie trank ihren Wein, und während sie ihn über den Tisch hinweg ansah, ging ihr auf, dass er nicht nur etwas Gefährliches an sich hatte, sondern auch etwas sehr Trauriges. Es rührte sie zutiefst. Tiefer, als es hätte der Fall sein dürfen. Seine Arroganz, sein Zorn und seine Einstellung waren die Qualitäten, die ihn attraktiv für sie machten. Sie sah ihn an, und sie wollte ihn, wollte an dieser Wut und dieser Wildheit teilhaben. Doch sie fürchtete, dass das nicht ging.

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