Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
Vom Netzwerk:
das Wiesel in den Wanten«, bestätigte Mogda, der sich eigentlich nur an den Namen erinnerte, aber kein Bild zu diesem im Kopf hatte. »Warum hockst du dort oben und belauscht uns?«
    »Ich habe Euch und den jungen Herrn nicht belauscht.«
    »Wenn schon, dann junge Dame«, fuhr Cindiel ihn an.
    Erschrocken zuckte Ingert zusammen. »Ihr seid es, Frau Cindiel. Entschuldigt bitte, ich habe Euch nicht gleich erkannt in der Aufmachung. Ihr tragt die Haare kürzer als früher. Es steht Euch sehr gut.«
    Cindiels wutentbrannter Blick schien Ingert fast zu durchbohren. Mit der Höflichkeit eines weibischen Eunuchen erdreistete er sich, ihr ins Gesicht zu lügen. Jeder konnte doch sehen, dass es eine Verkleidung war und eigentlich nicht beabsichtigt. »Nun sagt schon, wonach Herr Mogda dich gefragt hat. Warum hast du uns belauscht?« Das »Herr«, betonte sie extra, damit sie nicht die Einzige war, die von dem ungewollten Spott des Seemanns etwas abbekam.
    »Ich habe euch nicht belauscht«, wiederholte Ingert betont wehleidig. »Als die anderen Herren Oger kamen, war ich gerade im Gesunkenen Rettungsboot und habe versucht, noch etwas Brandwein und Proviant ...« Ingert stockte und biss sich auf die Unterlippe. »Ich habe gerade zu Abend gespeist«, sagte er mit übertriebener Überzeugung.
    Mogda sah Ingert einen Moment an, dann lockerte er den Griff und ließ ihn zu Boden gleiten. Freundlich lächelte er den Seemann an. Bevor Ingert sich bedanken konnte, was er sicherlich wieder in höflichster Manier getan hätte, packte Mogda sein Bein und ließ ihn daran baumeln. »Wo ist er?«, hauchte Mogda ihm zu und blies ihm seinen Atem ins Gesicht.
    »Wen meint Ihr?«, fragte Ingert in dem Bewusstsein, dass er sich selbst verraten hatte.
    »Ich meine den Herrn Kapitän Londor«, verriet Mogda.
    »Er wird mich oben im Ausguck festbinden, wenn ich es verrate«, jammerte Ingert. »Er hat gesagt, er würde eher das Nordmeer durchqueren, als es zuzulassen, dass Ihr noch einmal ein Schiff von ihm in die Hände bekommt.«
    »Stell dir einfach vor, was ich mit dir mache, wenn du es mir nicht verrätst«, drohte Mogda, lies den Seemann von links nach rechts ein wenig hin und her baumeln und blies ihm jedes Mal, wenn ihre Köpfe auf derselben Höhe waren, seinen übel riechenden Atem ins Gesicht.
    »Die Sturmwind II liegt vor dem Hafenbecken vor Anker. Es ist die Dreimastbark, das Ebenbild der Sturmwind. Sie ist sein ganzer Stolz.«
    »Welch wunderbarer Einfallsreichtum bei der Vergabe der Schiffsnamen«, gestand Mogda. Er ließ Ingert wieder zu Boden. Der begann sofort, sich das Blut wieder in die Beine zu streichen.
    »Prinzessin«, sagte Mogda zu Cindiel, etwas frohgelaunter als zuvor. »Am besten, du besorgst dir ein paar Kleidungsstücke, die besser zu dir passen. Vielleicht richtest du auch noch deine neue Frisur, du speist heute Abend mit dem Kapitän.«

20
Die Sturmwind II

    Die Sturmwind schaukelte im seichten Wasser auf und ab. Wie das Schmatzen eines Tieres erklang das Geräusch, wenn die Wellen gegen den Rumpf des Schiffes schlugen. Nach jeder siebten Welle gab es ein dumpfes Klopfen, wenn die Ankerkette gegen die Bohlen des Schiffsrumpfes schlug und dem freien Treiben der Sturmwind ein Ende setzte. Die spärliche Beleuchtung an Deck ließ nur kreisrunde Ausschnitte der Aufbauten erkennen, als ob man mit einem Fernrohr ein zu nahes Objekt betrachtete. In regelmäßigen Abständen durchwanderten zwei Wachen die Lichtkegel. Leises Flüstern wurde von der Brise herübergetragen, wenn sich die beiden an Deck trafen und einen Moment beieinander verharrten.
    Die Sturmwind lag hoch im Wasser, zu hoch, um beladen zu sein. Die kleinen, kaum kopfgroßen Bullaugen im Rumpf schlummerten dunkel unterhalb der Reling, nur ab und zu wurde ein Lichtschein von Land reflektiert und ließ sie kurz aufblitzen, dann verschwanden sie wieder zwischen den ebenholzschwarzen Planken. Nur die Kajüte im Heck des Schiffes war beleuchtet. Ein schwacher Schein, der kaum zum Lesen gereicht hätte, erhellte die drei Butzenfenster, jeweils eins an Back- und Steuerbord und das letzte achtern heraus.
    Das kleine Ruderboot trieb dahin wie eine Regenwolke bei Nacht. Niemand an Bord der Sturmwind hörte das Schlagen der Paddel, obwohl sie oft ungeschickt und nicht flach genug angesetzt wurden, um wirklich wirksam zu funktionieren. Das Beiboot steuerte auf die Bark zu.
    Eine Bark war kein Haus und ein Schiffsfenster nicht der Einstieg zu einem Gasthaus. Die gelb

Weitere Kostenlose Bücher