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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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den Ogern Proviant und Decken oder Felle, mit denen sie sich warm halten konnten.
    Jeweils ein Dutzend Oger hatte Hagmu an den Straßenbarrikaden Stellung nehmen lassen. Alles, was sie hatten finden können, hatten sie dort zu einem Wall aufgetürmt und sich dann dahinter verschanzt. Umgestürzte Wagen, Fässer, Säcke und anderes Gerümpel versperrte die Straße bis zu sechs Fuß hoch. Einem ernsthaften Ansturm der Bauern- und Händlerarmee hätte die Barrikade nicht trotzen können. Dennoch konnte sich jeder ausrechnen, dass die ersten hundert verwegenen Streiter, die versuchten auf die andere Seite zu gelangen, dabei ihr Leben lassen würden. Bauern waren eben keine Söldner, es gab für sie noch ein Leben nach dem Krieg.
    »Was hast du vorhin gemeint mit: Es wäre schön, daran glauben zu können«, fragte Mogda, während er hinter Hagrim herlief und der eisige Wind an seiner Kleidung zerrte.
    Hagrim blieb stehen und drehte sich um. Sein Lächeln verriet, dass er sich seiner Worte sicher war.
    »Du glaubst doch nicht selbst, dass die Händler ihre Waren an euch verschenken, oder?«, sagte er. »Der Winter kommt früher als sonst, ihnen würde ein gutes Geschäft bevorstehen, aber dennoch verabschieden sie sich von ihrem Profit. Warum wohl?«
    Mogda hatte das Gefühl, er würde es gleich erfahren, deshalb suchte er gar nicht erst nach einer Antwort.
    »Ich will nicht bestreiten, dass es den einen oder anderen gibt, der eurer Sache wohlgesonnen ist«, fuhr Hagrim fort. »Doch die meisten von ihnen haben Angst. Sie hoffen, euch mit den Lebensmitteln gütig zu stimmen, damit ihr sie nicht tötet. Sie wissen, dass ihre Häuser ihnen keinen Schutz bieten, deshalb verkriechen sie sich gar nicht erst. Und dann gibt es noch diese Art von Menschen, die ihren Mantel nach dem Winde hängen. Sobald sie aber eine Schwäche bei euch spüren, brauchst du nur auf die andere Seite der Barrikade zu sehen, und du erkennst dort die gleichen Gesichter, wie sie Brot und Wein verteilen an ihre ... neuen Freunde.«
    Mogda sah den Geschichtenerzähler an. Es war ernüchternd, solche Worte aus dem Mund eines Menschen zu hören. Hagrim kannte die Menschen gut, und er machte keinen Hehl daraus.
    »Und warum bist du hier?«
    Hagrim legte die Hand an sein Rapier. »Ein schönes Stück, nicht? Ich habe es einem Kaufmann zu verdanken, der hofft, dass ich damit sein Leben verteidige, wenn der Sturm losbricht.«
    »Warum?«, wiederholte Mogda.
    »Sicherlich nicht, weil ich für eure Sache einstehe. Ich finde, man muss beide Seiten der Münze gesehen haben, um eine gute Geschichte erzählen zu können. Jetzt komm, Cindiel wartet.«
    Der Geschichtenerzähler drehte sich um und ging. Mogda stand noch einen Augenblick da und sah ihm nach. Er fragte sich, was wohl passiert wäre, wenn es nicht Usil gewesen wäre, den er im Zaubererturm vor Jahren getroffen und der ihm die Welt erklärt hatte, sondern Hagrim. Der alte Bauer hatte nicht viel mit Menschen zu tun gehabt und gab sich nicht viel Mühe, sie zu unterscheiden. Für ihn waren Menschen eben »die Menschen«. Sie handelten aus der Not heraus, allein um zu überleben, sie taten das, was der König ihnen befahl, aber im Grunde waren sie alle friedfertig. In Hagrims Augen sah das alles etwas anders aus. Vielleicht war seine Sichtweise zutreffender, aber sie trug nicht gerade zu mehr Hoffnung bei.
    Cindiel saß an der Pier und ließ die Beine über den Rand baumeln. Hagrim war gar nicht ganz bis an sie herangetreten, sondern zeigte nur in ihre Richtung, bis Mogda die junge Hexe entdeckt hatte. Danach wandte er sich ab und hielt auf die nächste Kneipe zu.
    »Gegen Mittag wird die Sturmwind einlaufen«, erklärte Cindiel, ohne dass Mogda überhaupt fragen musste. »Er hat sich etwas geziert, doch Gnunt und Tarbur haben ihn überzeugt.«
    Cindiel sah nicht einmal auf zu Mogda. Er kannte die Hexe nun schon, seitdem sie ein kleines Kind war, und er wusste, wenn sie ihren Blick abwandte, konnte das nichts Gutes bedeuten.
    »Gibt es Schwierigkeiten?«, fragte Mogda.
    »Vielleicht«, sagte Cindiel. »Londor sagt, es ist gefährlich, im Winter mit dem Schiff nach Norden zu fahren. Er weiß nicht, ob der Rumpf einen Zusammenprall mit einer Eisscholle aushält. Er müsste die Planken verstärken. Außerdem hat er nur sieben Mann Besatzung.«
    »Das ist alles?«, fragte Mogda, als ob sich daraus nicht schon genug Komplikationen ergaben. Er spürte, dass es noch etwas gab, was die Hexe beschäftigte, und das

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