Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
der Frostriese herum und starrte ins Leere. Mit hoch erhobenem Hammer stürmte er auf den Schacht zu. Krachend fuhr die Waffe in die dünne Wand und brachte sie zum Einsturz. Steine und getrockneter Lehm rieselten auf den Frostriesen nieder. Der Hammerkopf hatte sich im Mauerwerk verkeilt. Mogda stürmte seitlich heran und trieb sein Schwert durch das Knie des Riesen. Dem Hünen sackten die Beine weg, und er verlor das Gleichgewicht. Vor Schmerzen schreiend, sank er gegen die Mauer des Schachts und trommelte mit den Fäusten gegen die losen Ziegel. Das Gewicht des Riesen war zu viel für die marode Wand. Sie gab nach wie das morsche Dach einer alten Scheune. Der Frostriese fiel vornüber und versuchte Halt zu finden. Er stürzte in den Schacht, aber alles, was er zu packen bekam, waren die Ketten, die von oben herabhingen. Der Koloss hing mit seinem gesamten Gewicht in dem Knäuel aus Metall und jungen Frauen. Sie stürzten fünf Schritt in die Tiefe, bevor es einen Ruck gab und ihr Fall gestoppt wurde.
Gellende schrille Schreie drangen von oben aus dem Schacht herunter. Die erste Kette stürzte rasselnd in die Tiefe und mit ihr eine der jungen Frauen.
»Das Blut der Jungfrau ist verebbt. Ich leiste meinem Schwur folge, oh Suul.« Der nächste Riese betete seinen Spruch herunter, während sein Gefährte zappelnd und keuchend in dem Schacht hing.
Eine weitere Frau stürzte in die Tiefe, und ein weiterer Riese begann mit seinem Gebet. Dann rissen sich die letzten Ketten los, und die verbliebenen Frauen stürzten mit dem Riesen in den Schacht. Ein Schwall von Blut und Fleischfetzen regnete hinter ihnen herab. Im gleichen Moment erhob sich ein Chor von tiefen Bassstimmen. Die letzten vier Riesen kamen ihrer Verpflichtung nach, sagten ihren Spruch auf, wobei sich immer nur die Namen der Barbarenstämme unterschieden. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg und quetschten sich durch die enge Tür.
Das Spiel aus Licht und Geklapper endete nach wenigen Augenblicken. Trumbadin kam erschöpft durch die Halle gewankt.
»Habt Ihr die Kette gesehen?«, keuchte er, als er neben Mogda stand. Der Zwergenmaester stützte sich mit den Händen auf die Knie und schnaubte erschöpft.
»Ehrlich gesagt habe ich mehr auf die Riesen und die Frauen geachtet als auf die Kette. Es schien mir wichtiger, dem tonnenschweren Hammerkopf auszuweichen, als mich von der Schmiedekunst der Zwerge beeindrucken zu lassen. Ich hoffe, Ihr könnt meinen Frevel verzeihen.«
Trumbadin trat dicht an den Rand des Schachtes heran und wagte einen Blick nach unten. Als ihm dickflüssiges Blut auf den Kopf kleckerte, seine Wange herunterlief und in seinem dichten Bart versickerte, wandte er den Kopf nach oben.
»Ich habe den Ketten zuerst auch keine Beachtung geschenkt«, sagte er. »Doch die matte schwarze Färbung der Glieder und ihre anscheinende Makellosigkeit haben mich aufmerken lassen. Die Ketten waren von der gleichen Magie wie die Kette des Wächters. Sie verbanden den Quell mit der Schale.«
Mogda grunzte verächtlich. »Wenn ich die roten Flecken in Eurem Bart richtig deute, haben wir die Schale gerade geknackt.«
»Ihr versteht nicht. Suul war nicht die Schale, sie war der Quell. Die Kette ist dafür gemacht, Gegensätze aneinanderzubinden und sie davor zu schützen, das Gleichgewicht zu stören. Etwas Heißes wird an etwas Kaltes gebunden, und beide Energieformen bleiben erhalten, wenn die Kette sie vereint. Es ist so wie Licht und Schatten, die durch eine Mauer getrennt sind. Die Mauer ist dazu da, das Licht zu reflektieren und sichtbar zu machen. Licht, das nirgends auftrifft, ist für niemanden sichtbar. Auf der anderen Seite wirft die Mauer aber auch einen Schatten. Somit können Licht und Schatten nur existieren, wenn es die Mauer gibt.«
Mogda packte den Zwerg am Arm und zog ihn zu sich heran.
»Verzeiht, wenn ich Eurem philosophischen Gebrabbel nicht richtig folgen konnte, irgendwo zwischen Schale und Quell habe ich den Faden verloren. Sagt, was Ihr sagen wollt, aber beeilt Euch, ich habe einen Krieg zu führen.«
Trumbadin räusperte sich. »Die Kette hat Suul die Macht verliehen, die sie brauchte, und gleichzeitig durch die Jungfrauen auf der anderen Seite das Gleichgewicht erhalten. Suul gab ihnen den Samen zum Gebären, dafür gaben sie ihr die Kraft, so alt zu werden. Wenn Ihr so wollt, waren die Jungfrauen die Reinheit in Person und Suul ...« Trumbadin stockte.
»... und Suul die Verderbtheit, wolltet Ihr sagen«, kam Mogda ihm
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