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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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sein Entführer die Augen schloss.
    Das ungleiche Gespann hatte sein Tagespensum an Wegstrecke hinter sich gebracht. Mit dem Hüttenbauer im Schlepptau kam Rator nur noch halb so schnell voran wie zuvor. Immer noch hoffte er, aus dem Jungen eine Antwort herauszubekommen. Wenn Tabal hier irgendwo seinen Palast hatte, musste der Junge davon wissen. Schließlich wusste er auch, dass die große Höhle, die Rator gefunden hatte, jemandem namens Hrimthorsen gehört hatte. Wobei Rator nicht ganz verstanden hatte, ob es sich dabei um den Namen eines Einzelnen oder um die Bezeichnung für ein Volk handelte. Einig waren sie sich aber darüber, dass Hrimthorsen größer war als Rator.
    Es war der zweite Tag, den sie nun gemeinsam reisten. Der Junge hatte noch nicht viel gesprochen und auch auf Rators Fragen keine Antwort gegeben. Bislang folgte Rator immer noch der Richtung, die ihm das Zauberpulver das letzte Mal gewiesen hatte.
    »Gelp bauen Höhle aus Schnee«, befahl Rator. Er wollte endlich wissen, ob Mogda ihm die Wahrheit erzählt hatte, was die Hüttenbauer aus dem Norden anging.
    Gelp runzelte die Stirn. »Warum sollte ich das tun? Es würde Stunden dauern, für einen Koloss wie dich einen Iglu zu bauen. Ich kann auch im Freien schlafen.«
    Rator hatte wenig Lust auf Widerworte, erst recht nicht von einem Gefangenen, der ihm ohnehin noch Antworten schuldig war. Die meisten Hüttenbauer redeten sonst eher viel zu viel, es wurde Zeit, ihnen zu zeigen, wer hier das Sagen hatte. Rator packte den Jungen im Genick und zog ihn hoch. Der angehende Krieger ergab sich kampflos in sein Schicksal. Als Rator vor zwei Tagen dessen Schwert zerbrochen und ihm seinen Dolch genommen hatte, hatte er ihm anscheinend auch die Kampflust geraubt. Jetzt musste es ihm nur noch gelingen, den Kerl zum Reden zu bringen. Rator riss ihm den Pelzumhang vom Leib und pflückte die Fellstulpen von dessen Schuhen wie reife Beeren von einem Busch. Dann warf er Gelp zurück in den Schnee, aus dem dieser sich sofort aufrappelte.
    »Bist du verrückt, was soll das? Ohne meinen Umhang bin ich in zwei Stunden erfroren«, jammerte Gelp.
    Rator setzte sich demonstrativ auf die Kleidungsstücke des Jungen. »Dann beeilen Bau von Schneehöhle. Rator wenig kalt. Sitzen warm auf Fell.« Die Worte des Kriegsogers ließen keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte.
    Gelp schaufelte übereifrig den Schnee zusammen und presste ihn in eine kantige Form. Stück für Stück baute er einen Ring aus Schneequadern um Rator auf. Geschickt formte er weitere Blöcke und türmte sie auf dem unteren Ring auf. Allerdings waren Gelps Hände mittlerweile ganz blau gefroren, und er zitterte am ganzen Körper. Selbst Rator musste sich eingestehen, dass die Errichtung einer Schneehöhle länger dauerte, als er erwartet hatte. Außerdem kroch auch in ihm langsam die Kälte hoch. Er musste sich bewegen, sonst drohten ihm Erfrierungen. Er warf sich den Pelz des jungen Kriegers über die Schulter und fing selbst an, einen großen Schneequader zu formen.
    »Du musst sie kleiner machen, sonst bricht uns alles unter dem Gewicht zusammen«, erklärte Gelp. »Normalerweise presst man einen großen Block zusammen und teilt ihn mit der Klinge seines Schwertes, dann passen die Kanten besser aneinander. Leider habe ich kein Schwert mehr«, beklagte er sich.
    »Gehen auch so«, sagte Rator und begradigte die Kanten des Blocks mit der Axt. Durch die Bewegung wurde Rator gleich wieder etwas wärmer. Also schätzte er, dass auch der Junge ohne seinen Umhang und seine Stulpen würde durchhalten können.
    Es dauerte noch fast zwei Stunden, bis die Schneehöhle fertig war. Am Ende ließ sich Gelp im Inneren einschließen und nahm die letzten Quader von Rator entgegen. Danach glättete der Nordmann die Innenflächen und verschmierte die letzten Ritzen mit Schnee. Zu guter Letzt grub er eine kleine Öffnung.
    »Jetzt musst du den Eingang herausschneiden. Mach ihn nur so groß, dass du gerade hindurchpasst«, rief der Junge Rator von innen zu.
    Der Oger schlug vorsichtig mit seiner Axt die Seiten des Durchbruches weg. Stück für Stück vergrößerte er das Loch in der Schneewand, bis er nach mehrmaligem Probieren hindurchpasste.
    »Häng meinen Umhang davor, dann wird es gleich wärmer«, empfahl Gelp.
    Rator nahm den Dolch des Jungen, den er sich in den Hosenbund gesteckt hatte, bohrte ihn durch den Pelz und befestigte ihn auf einer Seite des Eingangs. Die andere Seite stützte er mit seiner Axt ab.

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