Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
töten.«
Rator schüttelte den Kopf. »Gestern gesehen Spuren. Laufen Richtung Norden. Rator und Gelp ziehen Westen. Freunde weit weg, nicht kommen zurück. Sie weiterlaufen zwei Tage, dann geben auf und gehen zurück zu Dorf. Du hier liegen, Futter für Wölfe.«
»Was interessiert es dich?«
»Sagen, wo finden Gott Tabal.«
»Geht es nicht rein in deinen fetten Schädel?«, schrie Gelp los. »Die Götter sind tot. Einzig und allein Suul herrscht jetzt über alle Völker. Wir sind die Auserwählten. Suul hat die sieben Clans vereint und sie zum mächtigsten Kriegervolk gemacht, das jeden, der sich ihm entgegenstellt, tötet. Du bist genauso verblendet wie die Bleichen, die am Spalt darauf warten, dass ihr Gott Nassfal wieder auf die Erde herabsteigt, wenn sie seine Waffe und Rüstung für ihn zusammengetragen haben.«
Rator wurde hellhörig. Es war das erste Mal, dass der Junge etwas mehr preisgab. Bis jetzt hatte er jedes Vorhandensein von anderen Göttern abgestritten. Rator sagte der Name Nassfal genauso wenig wie Suul, aber die Geschichte, die sich um diesen fremden Gott drehte, kam ihm bekannt vor. Sie war der Grund dafür, warum die Kriegsoger ihr Können in den Dienst von anderen Völkern gestellt hatten. Zwar waren die Oger belogen und betrogen worden, aber Rator glaubte dennoch an die Erzählung, dass Tabal wieder auf der Erde erscheinen würde, wenn es den Ogern gelänge, Tabals Ausrüstung zusammenzusuchen. Ob Nassfal oder Tabal war nicht entscheidend.
Mogda hatte ihm erklärt, dass andere Völker den Göttern auch andere Namen gegeben hatten, sie aber dennoch dieselben Götter meinten. Vielleicht waren die Bleichen so etwas wie Orks oder Trolle, deren Haut sich durch die Kälte und den Schnee weiß gefärbt hatte. Endlich gab es einen Hinweis auf die Existenz von Tabal, und vielleicht hatten die Bleichen es sogar geschafft, alle Teile zu finden, und standen nun kurz davor, Tabal zurück auf diese Welt zu holen.
»Du bringen Rator zu Spalt«, erklärte der Kriegsoger.
»Das ist zwei Tagesreisen von hier. Wie soll ich das schaffen mit dem kaputten Knie?«, jammerte Gelp.
»Rator Gelp tragen. Wenn stimmen, was Gelp sagen, Rator bringen ihn in Dorf von Hüttenbauern.«
Der junge Krieger stimmte zu. Er hatte keine andere Wahl, wenn er überleben wollte. Rator wärmte sich weiter am Feuer, während Gelp seinen Mantel und die Stulpen wieder überzog. Die Schmerzen des Jungen schienen unerträglich, aber er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
Das Feuer brannte noch etwa eine Stunde. Die wenige Glut konnte sich der Kälte nicht lange erwehren und erlosch kurz danach. Rator hob Gelp aus den Resten der Schneehöhle heraus und setzte ihn unweit davon auf die kalte Erde. Er ging zurück, deckte die Feuerstelle mit Schnee ab, zerschlug die Reste der weißen Mauern und verteilte sie breitflächig. Zurück bei Gelp, warf er sich den Jungen über die Schulter und stapfte in die Richtung, die ihm der Junge gewiesen hatte.
Rators Wunden schmerzten und drohten, wieder aufzuplatzen, aber er musste den Jungen tragen, wenn er sein Ziel erreichen wollte. Der erfahrene Kriegsoger war sich unschlüssig, ob er sein Versprechen Gelp gegenüber einhalten wollte oder nicht. Es war gefährlich, einem Feind die Freiheit zu schenken. Sobald der genesen war und wieder bei seinem Stamm, würde er vergessen, dass Rator ihn verschont hatte. Wenn er konnte, würde er dann sicher wieder Jagd auf den Oger machen und abermals versuchen, ihn zu töten. Doch dieses Mal sicherlich mit einer größeren Waffe als einem Dolch.
Rator merkte, dass Gelp zunehmend schwächer wurde. Die fehlende Bewegung ließ seinen Körper auskühlen. Hin und wieder schien er wegzudämmern. Der Kriegsoger hoffte, dass der junge Krieger nicht einschlief, denn das konnte gefährlich werden, unterkühlt, wie er war. Aus diesem Grund ging Rator wenig zimperlich mit seinem Gefangenen um. Von Zeit zu Zeit packte der Kriegsoger ihn und legte ihn sich auf die andere Schulter, ohne Rücksicht auf die Verletzung des Jungen zu nehmen.
Gelp hatte ihn angewiesen, sich nordöstlich zu halten. Nach seiner Aussage würde es zwei Tage dauern, bevor Rator den Spalt erreichte. Angeblich zog er sich so lang, dass man ihn nicht verfehlen konnte. Wenn Rator ihn erreicht hatte, sollte er weiter auf das Zentrum der Schlucht zulaufen, dorthin, wo die breiteste Stelle zu finden war. Von dort an, meinte Gelp, wüsste Rator, was zu tun sei.
Gelps Zustand verschlechterte sich
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