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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Rasch überquerte er die Straße und lief den Hügel hinab. Diese Gegend war ihm vertraut, mehr als ein wenig Sternenlicht brauchte er nicht. Hier kannte er sich überall aus; schließlich hatte er auf jedem Quadratzentimeter Boden gespielt. Solange ihm kein neuer Erdhörnchenbau oder eine Schlange dazwischenkam, fand er sich in der Dunkelheit bestens zurecht.
    Am Fuße des Hügels lehnte er sich gegen die Kneipenwand, neben dem Fenster, das Joey eingeschlagen hatte.
    Er wollte gerade losklettern, doch dann zögerte er.
    Da drin war es stockfinster, und er hatte nicht einmal eine Taschenlampe dabei. Was hatte er sich nur gedacht?
    Allein schon beim Hineinschauen wurde er nervös. Im Dunkeln bekam man den Eindruck, als würde da drin etwas herumkrabbeln, und das Gebäude sah noch heruntergekommener aus als bei seinem letzten Besuch mit Joey und Kayla. Er spürte die Gänsehaut über seinen Rücken, die Arme entlang und in den Nacken kriechen, wie das Krabbeln kalter Käferbeine. Er holte tief Luft und griff nach dem Fensterbrett. Ein Glassplitter bohrte sich ihm in die Hand. Instinktiv riss er sie zurück, biss den Splitter heraus und spuckte ihn weg. Die blutige Handfläche wischte er an seiner Bluejeans ab.
    Harry beugte sich vor, betrachtete das Fensterbrett genauer und fand einige freie Stellen, stützte die Hände dort auf und ...
    Es ging nicht.
    Er brachte es einfach nicht über sich.
    Er merkte, dass er hyperventilierte, und davon wurde ihm schwindelig; er fühlte sich schon ganz schwach.
    Als er es zurück bis zu seinem Vorgarten geschafft hatte, hielt er inne, um zu verschnaufen, und warf einen Blick zu den alten Autos nebenan. Inzwischen sahen sie wirklich verrottet aus; die Witterung und die Zeit hatten ihnen übel mitgespielt.
    Früher hatte Harry diese alten Autos einmal geliebt; jetzt konnte er sich nur noch an das letzte Mal erinnern, als er vor langer Zeit in einem dringesessen und sich gefürchtet hatte. Er wusste zwar nicht mehr genau, was ihm Angst eingejagt hatte, aber er hatte nicht vergessen, dass er zu Tode erschrocken gewesen war und fortan nie wieder dort gespielt hatte.
    Schlotternde Knie.
    Das war seine Erkennungsmelodie.
    Schlotternde Knie mit einem Refrain von klappernden Zähnen.
    Ein, zwei Erinnerungsbruchstücke lösten sich, zerfaserten. Und da traf es ihn wie ein Schlag.
    Genau das war passiert, als er als Kind hier draußen im Auto gesessen hatte. Das Gleiche wie in jener Nacht im Honkytonk. Deswegen war er nie wieder zu den Schrottautos gegangen. Er hatte Gesichter gesehen und Geräusche gehört. Das hatte er beinahe vergessen, oder es zumindest versucht zu vergessen, hatte es verdrängt, doch jetzt kam alles wieder hoch.
    Harry holte tief Luft und ging zu dem Wagen, der einmal sein Lieblingsauto gewesen war. Der ihm vor so vielen Jahren solche Angst eingejagt hatte. Er legte die Hand auf die Fahrertür, dann zögerte er.
    »Junge, das ist deine zweite Chance«, sagte er laut. »Du kannst nicht in einer Nacht zweimal kneifen.«
    Er zog die Autotür auf, schlüpfte hinein und ließ die Tür offen. Der Sitz kippelte, eine Ratte quiekte und huschte darunter hervor. Harry stieß einen leisen Schrei aus. Die Ratte verschwand durch die offene Tür. Harry beobachtete, wie ihre Gestalt im Sternenlicht über den Boden und in den Wald hinein flitzte.
    Verdammt.
    Vielleicht war es das, was ihm damals so einen Schrecken eingejagt hatte.
    Eine Ratte. Eine quiekende Ratte. Das wäre eine Erklärung. Er war noch klein gewesen und hatte sie nicht gesehen. Sie hatte ihn erschreckt und in die Flucht geschlagen.
    Ja. Das erklärte so einiges.
    »Ich hab keine Angst«, sagte er laut.
    Mit einem kräftigen Ruck zog er die Tür zu.
    Das Zuschlagen der Tür klang, als wäre das Tor zur Hölle ins Schloss gefallen, und sofort ertönten noch weitere Geräusche, ein Weinen und ein nahezu ohrenbetäubendes Kreischen. Ein Schrei. Dann psychedelisches Licht und fliegende Farben, und das Auto war neu und roch frisch und sauber und die Welt war hell und voll Sonnenschein, und draußen brausten verschwommene Autos auf dem Highway vorbei, und Hitzewellen durchrollten ihn, und er konnte hören, wie der Wind vorbeirauschte, und Haare, die nicht seine waren, flatterten lang und wild im Fahrtwind am offenen Fenster.
    Eine Frau saß in ihm drin.
    Anders war es nicht zu begreifen. Sie steckte in ihm, und plötzlich tauchte etwas Dunkles vor ihm auf. Ein Auto, das eine Kreuzung überquerte, und Harry warf die Hände in

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