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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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die Luft, als sie zusammenstießen, und die Frau in ihm sprang aus ihm heraus, ihr Kopf schlug auf dem Lenkrad auf, und dann nahm ihm ein roter Schleier die Sicht und spritzte gegen die Windschutzscheibe.
    Zu seiner Rechten wurde eine Puppe nach vorn geschleudert.
    Eine große Puppe.
    Sie schlug hart gegen die Windschutzscheibe, die daraufhin zerbarst, Glasscherben flogen durch die Gegend; dann krümmte sich die Puppe zu einem U, prallte vom Wageninneren ab, flog einmal durch ihn hindurch, stieß gegen die Frau, knallte wieder gegen die Scheibe und landete schließlich als kleines Häuflein auf dem Boden.
    Die Puppe hatte ein Leck.
    Bloß dass es keine Puppe war.
    Es war ein kleines Mädchen.
    Harry konnte nicht genau erkennen, wie es aussah. Es sah gar nicht aus. Es war nur ein Wirrwarr von blonden Haaren mit scharlachroten Strähnen darin, sein Gesicht ein Wirrwarr aus Glasscherben und Blut. Das Blut lief jetzt schneller. Das ganze Auto war innen damit überzogen.
    Sicherheitsgurte, dachte er. Wo sind die Sicherheitsgurte?
    Er fiel nach vorn und stieß sich den Kopf am Lenkrad an, und im Auto wurde es dunkel, dumpf und leer, und es wurde schlagartig wieder alt; die Tür quietschte, als er sie aufriss und einen Schrei ausstieß.
    Er schrie nicht nur einmal.
    Er hörte gar nicht mehr auf.
    Seine Eltern kamen aus dem Haus und fanden ihn im Garten auf dem Rücken liegend, wie er zu den Sternen aufschaute und immer noch schrie.

Kapitel 9
    Im Laufe der nächsten Jahre wurde er von einem Arzt zum nächsten geschleppt. Und jeder Arzt kam mit Diagrammen und Tests und am Ende mit Tabletten, die ihn müde und auch ein bisschen gaga machten. Sie sollten ihm helfen, sich besser zu konzentrieren. Sollten gegen seine Wahnvorstellungen helfen. Stattdessen wurde ihm davon nur übel.
    Ja, dachte er etwas später, von den Tabletten wurde mir übel, aber wenigstens haben sie mir das Gehirn vernebelt. Und vernebelt war besser.
    Doch damals war ihm das nicht klar.
    Also setzte er die Tabletten wieder ab, weil er dachte: Na gut, vielleicht hab ich ja einen Riesensprung in der Schüssel, vielleicht aber auch nicht. Aber eins weiß ich, meine Eltern haben kein Geld, und ich koste sie eine Menge Kohle, weil ich eventuell nicht mehr ganz dicht bin.
    Also muss ich aufhören zu spinnen.
    Oder was auch immer mit mir nicht stimmt, muss aufhören.
    Ich höre jetzt einfach damit auf.
    Und das tat er.
    Mehr oder weniger.
    Er war sechzehn und hatte gerade frisch seinen Führerschein. Ihm bot sich die allererste Gelegenheit, sich hinters Lenkrad zu setzen und in die Welt hinauszufahren – und um die Wahrheit zu sagen, hatte er Angst.
    Es hatte gewisse Vorfälle gegeben.
    Eines Abends, als er mit Joey, der seinen Führerschein vor ihm gemacht hatte, in der Gegend herumgefahren war, hatte er »ein Erlebnis« gehabt. Es lief nicht genauso wie beim letzten Mal. Die Autotür schloss ohne Probleme. Die Fahrt war ebenfalls okay. Dann sausten sie über einen Buckel. Das Handschuhfach sprang auf, der Deckel knallte mit einem Nachhall herunter, und da stürzte es wieder auf ihn ein.
    Diesmal war es anders. Sanfter. Nur eine holperige Fahrt um die Mittagszeit und ein Schwarzer, der schrie, als ein Auto wie aus dem Nichts auftauchte. Ein reiner Blechschaden auf der rechten Seite, bei dem das Handschuhfach aufklappte, und ein vor lauter Schreck durchgetretenes Gaspedal. Der Fahrer begann sogar zu lächeln, froh darüber, dass es ihn nicht um die Lenkstange gewickelt hatte. Dann floss das Gesicht des Mannes fort wie geschmolzenes schwarzes Wachs, und die Welt, wie Harry sie kannte, kam zurück, und alles war vorbei.
    Als er wieder klar denken konnte, schaute Joey gerade vom Lenkrad zu ihm herüber und fuhr rechts ran. »Was zum Teufel ist los mit dir? Hör auf so rumzuzucken! Du machst mich echt fertig, Alter.«
    »Was?«
    »Du hüpfst auf und ab und schreist rum wie ein Irrer. Dabei haben wir nicht mal Musik laufen.«
    »Scheiße«, stöhnte Harry.
    »Find ich auch.«
    »Ist der Wagen gebraucht?«
    »Ja, natürlich. Meinst du vielleicht, ich kaufe ein altes Modell, und es ist noch nie jemand damit gefahren? Als hätte die Karre ein paar Jahre auf dem Parkplatz gestanden und gewartet, bis ich vorbeikomme?«
    »Ist es ein Unfallwagen?«
    »Keine Ahnung. Woher zum Geier soll ich das wissen? Mach das Handschuhfach zu. Das Scheißteil springt immer auf.«
    »Können wir es offen lassen, damit es nicht wieder aufgeht?«
    »Ich kenne echt keinen, der auf so luschige

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