Blutiges Gold
Red-Phoenix-Leute zurückverfolgen kann?«
»Zum Teufel, ja! Diese Burschen haben ihr Handwerk bei den besten Hackern der USA gelernt. Tannahill hat von dem Geld der Triade hiesige und Bundessteuern bezahlt und den Rest für sich behalten als lupenreinen Profit.«
Mit geübtem Griff zog Gail den Korken heraus und atmete den duftenden Nebel ein, der aus der Flasche stieg. »Dann ha ben wir ihn.« Sie goss den exquisiten Champagner in zwei Glä ser. »Bleibt die Frage, wann wir die Bombe platzen lassen.«
»Ich habe zwei anonyme Hinweise über die Red-Phoenix-Triade an die Bundespolizei lanciert. Es dürfte nicht lange dauern, bis sogar die Taskforce kapiert, was Sache ist.«
11
Las Vegas
1. November
Frühmorgens
Die meisten der großen Casino-Hotel-Anlagen hatten ihre Empfangshallen mit einem besonderen Blickfang versehen, um Besucher anzulocken und sie zu unterhalten. Die weniger einfallsreichen boten riesengroße Blumenarrangements. Andere hatten in der Lobby ein Aquarium, das sechs Meter hoch und zwanzig Meter lang war. Wieder andere durchfloss ein nach Chlorwasser riechender Bach, der von vielen Münzen glitzerte, die Gäste hineingeworfen hatten, oder es wuchsen gläserne Blumen von der fußballplatzgroßen Decke herab.
Das Golden Fleece hatte – ein Goldenes Vlies. Und zwar ein ziemlich spektakuläres. Ob bei Tag oder bei Nacht, immer war eine Menschenmenge um Shanes Nachbildung des legendären goldenen Widderfells aus der griechischen Mythologie versammelt und betrachtete staunend das Objekt, für das so mancher Schatzsucher der Antike mühselige Reisen bis ans Ende der bekannten Welt unternommen hatte.
Shane war ein Pragmatiker mit einer Dichterseele, und so glaubte er, dass der Mythos vom Goldenen Vlies seinen Ursprung in einer realen Begebenheit haben musste. Antike Goldgräber hatten goldhaltigen Flusskies in hölzernen Rinnen gewaschen. Am Ende der Rinne waren bereits alle schweren Teile zurückgelassen worden – mit Ausnahme des Goldstaubs. Auch der wäre mit dem Abwasser weggeschwommen, hätte sich nicht am Boden der Rinne ein Schaffell befunden. Nach Ablauf eines Tages oder einer Woche hatten die Goldgräber dann die Rinne geschlossen und den Goldstaub, der sich im Fell angesammelt hatte, ausgeschüttelt.
Diese Idee hatte Shane aufgegriffen, um daraus die Hauptattraktion und den Publikumsmagneten für sein neues Mega-Casino-Hotel zu machen. Er hatte das größte Schaffell gekauft, das er finden konnte, und eine Waschrinne entworfen, wie sie vielleicht vor zweitausend Jahren für die Goldgewinnung verwendet wurde. Das Fell hatte er quer zur Fließrichtung des Wassers gespannt, um damit den Eimer Goldstaub, den er ins saubere Wasser gekippt hatte, herauszufiltern. Das alles steckte er in ein riesiges Aquarium, stellte die Wasserpumpen an und wartete.
Im Verlauf der Minuten, Stunden, Tage und Wochen hatte das Schaffell unermüdlich das fast unsichtbare feine Gold aus dem Wasser gefiltert. Als das Vlies so viel von dem Gold aufgenommen hatte, wie es nur irgend konnte, glitzerte es schließlich wie ein märchenhafter Traum, den die Menschheit fast erhaschen konnte.
Und so blieb es, aufgespannt in einem durchsichtigen Käfig von klarem Wasser, eine große zottelige Goldskulptur, die nur darauf wartete, neue Generationen von Schatzsuchern in die Casinos des Golden Fleece einzuführen.
»Guten Morgen, Mr Tannahill.«
Shane drehte sich zu Susan Chatsworth um, einer seiner vier Geschäftsführungsassistenten. Sie war früher Polizistin gewesen und nun seine Verbindungsfrau zur Sicherheitsabteilung. Da sie schulpflichtige Kinder hatte, übernahm sie die Tagesschicht in seinem Casino. Ihr Mann war Captain bei der Las Vegas Police und arbeitete in wechselnden Schichten, doch irgendwie schafften sie es dennoch, eine gute Ehe zu führen.
Susan trug keine Uniform, wenn man die übliche Las-Vegas-Alltagskleidung nicht als Uniform bezeichnen wollte. Mit ihren locker fallenden, schulterlangen braunen Haaren, ihrer seidenen Bluse, Jeans und Riemensandalen sah sie aus wie eine Besucherin, die zu ihrem strahlenden Lächeln wie zufällig eine dicke Handtasche mit sich herumtrug. In dieser Tasche waren ihr Walkie-Talkie, ihr Handy und ihre Pistole verborgen.
»Hallo, Susan«, sagte Shane. »Haben Sie die Eiscreme schon aus dem Teppich gewaschen?«
Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Das war wirklich eine ziemlich wilde Party. Ich hatte ganz vergessen, was für einen Lärm eine Gruppe kreischender
Weitere Kostenlose Bücher