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Blutiges Gold

Blutiges Gold

Titel: Blutiges Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Luxusapartments, es war doch immer dasselbe. Sie zog ihr Geisterkostüm an, murmelte eine Menge vor sich hin, erzählte den Dummköpfen, was sie hören wollten, und kassierte genug Geld dafür, um die Miete zu bezahlen und ein paar Bier für ihn. War doch ein gutes Geschäft. Er würde es ja selbst machen, aber er konnte dabei einfach nicht lange genug ernst bleiben. Mit Merlin reden oder mit dem König Melchisedech oder mit Marilyn Monroe – was für ein hirnrissiger Quatsch.
    Er presste die Lippen aufeinander, um ein weiteres Gähnen zu unterdrücken. Herrje, dieses Aufstehen mitten in der Nacht war nichts für ihn. Das war einer der Gründe, warum er es nie zu einem richtigen Einbrecher gebracht hatte. Da konnte er ja gleich arbeiten gehen. Wenigstens war die Channel-Betrügerei einfacher, als in Wohnungen einzubrechen, außerdem brachte sie einem nicht gleich die Polizei auf den Hals.
    Es gab schließlich kein Gesetz dagegen, Dummköpfen zu helfen, so dumm zu sein wie nur irgend möglich.
    Er steckte seine Hände tief in die Hosentaschen und wünschte, Cherelle hätte ihm gesagt, er solle eine Jacke mitnehmen. Es war zwar nicht sonderlich windig, aber kalt genug, dass ihn immer wieder fröstelte. Mürrisch blickte er auf die Holzkiste, blinzelte und blinzelte nochmals. Wann hat denn bloß der verrückte alte Knacker seine kleine Taschenlampe angemacht und in die verschlossene Kiste gesteckt, wunderte sich Tim. Und warum? Das war ja eine verdammt merkwürdige Art, Batterien zu verschwenden, und Batterien kosteten schließlich fast so viel wie Zigaretten.
    »… ich spüre dich, aber ich kann dich nicht hören«, flüsterte Cherelle. »Ich spüre, wie mächtig du bist. Bitte hilf mir.«
    Tim schluckte mit Mühe einen Lachanfall hinunter. Sobald sie von diesem beschissenen Felssockel wegkamen, würde er ihr was zu fühlen und zu hören geben. Er hatte ziemlich viel loszuwerden.
    »… ich weiß nicht, was Virgil möchte«, sprach sie sehr ernst. »Weißt du es?«
    Der alte Mann spannte sich an und lehnte sich nach vorne. Merlin wusste genau, was er wollte.
    »Ah ja, natürlich«, murmelte sie. »Er hat etwas von dir in Besitz.« Ihre Worte brachen ab, und ihre Zähne schlugen aufeinander. Sie zuckte einmal und noch einmal, und dann durchlief sie ein Zittern vom Kopf bis zu den Füßen.
    »Zu dunkel«, sagte sie eindringlich. »Ich kann dich nicht hören. Du nimmst das Licht weg! Bitte, bitte, hilf uns!«
    Virgil wartete so angespannt, dass er fürchtete, seine Knochen würden gleich brechen. Sie musste nahe dran sein. Nie zuvor hatte sie so – so verängstigt geklungen.
    »Ich – kann – dich – nicht – hören«, sagte sie unter Zucken. »Bitte hilf mir. Bitte. Wir wollen nichts Böses und nichts Verbotenes. Hilf mir, den Channel zu öffnen, Merlin. Hilf – mir.«
    Virgil wollte nicht länger zuhören. Diese Sitzung verlief anscheinend genauso wie die anderen – alles umsonst. Mit einigen schnellen Bewegungen holte er ein paar alte Lederhandschuhe aus seiner hinteren Hosentasche und zog sie an. Er hatte gehofft, es würde nicht dazu kommen.
    Aber es musste sein. Heute Nacht würde sie eine klare Verbindung zu Merlin bekommen, dafür würde er sorgen.
    Mit geschlossenen Augen kämpfte Cherelle gegen den Schrei an, der durch die zusammengepresste Dunkelheit ihrer Kehle hinausdrängte. Jedes Mal, wenn sie hierherkam, war es schlimmer. Im Augenblick hatte sie das Gefühl, als wäre sie zwei Personen: eine schaute sich das Ganze amüsiert an, und die andere war wie ein verängstigtes kleines Kind, das zu seiner Mama rennen wollte. Aber es gab keine Mama. Für sie hatte es nie eine gegeben. Im Augenblick gab es nur Dunkelheit und Angst und die Wut eines Tieres in der zugeschnappten Falle, die sie am liebsten …
    Ein Stück Metall, so kalt, dass es brannte, klatschte ihr direkt in die Hand. Licht und Dunkelheit explodierten und wurden zu etwas, das beides und nichts enthielt. Es wurde zu allem.
    Und dann wurde es zu nichts.
    Sie war nichts.

9
Sedona
Sehr früh morgens
    Cherelle schrie immer noch, als Tim ihr einen so kräftigen Schlag versetzte, dass sie aus dem Schatten der drei Steine heraustaumelte. Sie stolperte und fiel zu Boden. Zitternd und vornübergebeugt kämpfte sie gegen die aufsteigende Galle an, die mit all den vielen Schreien hochkommen wollte, die sie ihr Leben lang unterdrückt hatte.
    »Wenn du die Kontrolle verlierst, dann offenbar richtig«, sagte Tim und beäugte sie vorsichtig. Er beugte

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