Blutiges Gold
Say Pari s ! – ihr Boss bestand auf einer Kostümierung in französischer Art komplett mit Netzstrümpfen, die ihr wie Draht in die Fußsohlen schnitten.
»Tja, das Leben ist einfach ungerecht.« Merry lehnte sich nach vorne und nahm einen schnellen Zug von Slim Johns Zigarette. Ihre stark angemalten Lippen hinterließen einen pinkfarbenen Ring auf dem Filter. »Also, mit wem geht Tannahill zurzeit ins Bett?«
»Mit einer Angestellten.« Slim John schnappte sich die Zigarette wieder. Er konnte den Geschmack von Lippenstift nicht leiden; daher bumste er Merry, küsste sie aber selten.
»Welche?«, fragte Merry.
»Risa Sheridan.«
»Echt? Hab davon noch gar nichts gehört.«
Er schnaubte verächtlich. Lippenstift und Tratsch waren Merrys Leidenschaft. Ohne die beiden konnte sie nicht auskommen. »Du kannst in Vegas nicht alles hören. Das bildest du dir nur ein.«
»Meinst du wirklich? Bezahl mir noch einen Drink, dann erzähl ich dir, wie du mit Shane Tannahill quitt werden kannst.«
»Quitt mit Tannahill? Oh ja, super, und vorher werd ich noch schnell Milliardär.«
»Ich meine es ernst.«
Slim John zögerte noch einen Moment, dann hielt er einen Fünfdollarschein hoch, um die Cocktailkellnerin auf sich aufmerksam zu machen, und sah Merry prüfend an. Das Bier war bemerkenswert schnell da. Merry schenkte sich ein, schlürfte an dem frischen Bier und schluckte es runter.
»Okay«, sagte Slim John. »Dann schieß mal los.«
»Es heißt, eine Menge wichtiger Leute hätten es auf Tannahill abgesehen. Er spielt nicht nach ihren Regeln, und dadurch wird es für einige der ganz großen Casinos eng.«
»Das bricht mir das Herz.«
Merrys pinkfarbener Mund kräuselte sich. »Tatsächlich, ich kann dich bluten sehen. Also, wenn du Firenze einen Tipp geben könntest, wär er überglücklich. Ich wette, er hat dann auch einen Job für dich in seinem Casino.«
»Was zum Teufel soll ich denn Carl …«
»Nicht dem«, unterbrach ihn Merry. »Dem Onkel. Ist aber auch nicht so wichtig, beide hätten die Sache gerne erledigt.«
»Und was soll ich John Firenze sagen?«
Sie blickte ihn belustigt an. »Slim John, du solltest wirklich zuhören, wenn die Leute von all den Dingen erzählen, die auf dem Strip unter all dem Geglitzer und Gefunkel passieren.«
Er grunzte ungeduldig. »Also was?«
»Einige Leute wollen Risa Sheridan ans Leder.«
»Warum?«
»Ist doch egal, oder? Was auch immer der Grund ist, die Bezahlung ist die Gleiche. Dass Sheridan mit einer Nutte so dicke befreundet ist, könnte doch genau das sein, was die hören wollen. Weißt du, wie die Nutte heißt?«
»Nur den Vornamen.«
Merry kramte ihr Handy aus ihrer Tasche. »Dann ruf an.«
Er schaute auf das Telefon und zuckte dann die Achseln. »Zum Teufel, warum eigentlich nicht? Ich hab ja nichts zu verlieren!«
24
Las Vegas
3. November
Am Vormittag
Auf Shanes Computerbildschirm wurden alle Informationen über die Baccara-Erträge der letzten Woche und der Wochen zuvor angezeigt. Stirnrunzelnd sah sich Shane noch einmal alle Grafiken an. Wie die Automaten hatten auch die Baccara-Tische zuletzt ungewöhnlich viel Geld abgeworfen. Die Steigerungsrate lag zwar unter zehn Prozent, aber sie war eindeutig sichtbar. Und das machte einige Millionen an zusätzlichen Einkünften aus. Ein paar Millionen hätte er noch den japanischen Walfischen zuschreiben können, aber sogar sie konnten unmöglich für ganze sieben Millionen verantwortlich sein.
Seine Finger schwebten schon über der Tastatur, um einen Wahrscheinlichkeitscheck der Baccara-Zahlen durchzuführen, als sein privates Telefon klingelte. Sein ganz privates. Shane versuchte, sich über die Unterbrechung zu ärgern. Doch das klappte nicht. Jedes Mal, wenn er sich mit den Zahlen des Golden Fleece beschäftigte, fiel ihm auf, wie wenig Spaß ihm das machte, was früher zu seinen Leib- und Magen-Beschäftigungen gehört hatte.
Er nahm den Hörer ab. »Ja?«
Niall fragte: »Zeichnen Sie das Gespräch auf?«
»Packen Sie doch alles in meine Rarities -Datei und sagen mir jetzt bloß das Wichtigste.«
»Ich mag es nicht, wenn Sie sich auf meiner Festplatte rumtreiben, mein Freund.«
»Dann gewöhnen Sie sich dran. So wie ich mich an die Vorstellung gewöhnt habe, dass Factoid jede freie Minute damit verbringt, sich in meinen Computer zu hacken. Nur gut, dass Sie den Jungen immer ordentlich auf Trab halten.«
Am anderen Ende der Leitung lachte Niall. Shanes Computergenie verunsicherte den
Weitere Kostenlose Bücher