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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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roch nach Essen. Draytons Sohn stand hinter der Theke, stützte sich darauf und war dabei, sich etwas zu notieren. Als Healy hereinkam, blickte er auf. Ich bemerkte, wie es in seinem Verstand arbeitete. Offenbar überlegte er, ob er ihn kannte. Ich blieb an der Tür stehen.
    »Luke Drayton?«
    Er betrachtete Healy und schaute dann zu mir hinüber. »Kennen wir uns?«
    Healy kramte seinen Dienstausweis aus der Jackentasche. Während er ihn auf die Theke legte, drückte er zwei Finger auf das Mäppchen. Mir war klar, was er da tat: Die Finger verdeckten seinen Namen.
    »Wir sind von der Metropolitan Police.«
    Drayton sah zwischen uns hin und her. »Schon wieder?«
    »Wir haben noch ein paar Fragen.«
    »Worum geht es?«
    »Ihren Vater.«
    Drayton verdrehte die Augen. »Wir haben Ihnen schon beim ersten Mal alles gesagt, was wir wissen. Und auch beim zweiten und beim dritten Mal. Wollen Sie, dass ich etwas erfinde?«
    Healy machte einen Schritt auf Drayton zu und lehnte sich auf die Theke.

    Wortlos.
    »Dad hat uns verarscht«, fuhr Drayton fort. »Er hat den guten Ruf unserer Firma zerstört. Alles, was ich Ihren Kollegen beim letzten Mal erzählt habe, gilt immer noch. Ich hoffe, dass er in der Hölle schmort und nie wieder seinen Frieden findet, egal, wo er jetzt ist.«
    Healy nickte. »Offenbar vermissen Sie ihn sehr.«
    Drayton verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf.
    Ich überließ die beiden ihrem Gespräch und schloss die Tür hinter mir. Dann ging ich um das Lagerhaus herum. Dahinter befand sich ein betonierter, von einer einen Meter fünfzig hohen Mauer umgebener Hof. Oben war die Mauer mit Stacheldraht bewehrt. Ich spähte darüber: ein kleiner Gabelstapler, zwei Autos, ein Transporter, einige unbeschriftete Fässer und ein riesiger, mit einer wasserdichten Plane abgedeckter Haufen Kartons. Zwei Männer machten sich an den Kartons zu schaffen. Der eine hakte etwas auf einem Klemmbrett ab. Ein zweiter Mann stapelte weiter Kartons aus dem Lagerhaus dazu  – vermutlich gehörten sie zur heutigen Lieferung.
    Ich folgte dem Pfad, der rund um das Grundstück führte. Er endete an einem Bach, der vermutlich vom Royal Albert Dock her kam, an allen sieben Lagerhäusern entlang verlief und in einer Baumgruppe verschwand. Ich stellte fest, dass die rückwärtige Mauer des Hofes nicht nur von einem, sondern von drei Strängen Stacheldraht gekrönt wurde. Kein Eingang. Keine Möglichkeit, sie zu überwinden, wenn man sich nicht die Haut in Fetzen reißen wollte.
    Ich kehrte zu meinem Ausgangspunkt zurück und spähte wieder über die Mauer. Inzwischen war nur noch der Mann mit dem Klemmbrett da. Er stand rechts neben dem Kartonstapel und fuhr mit dem Finger eine ausgedruckte Liste entlang. Die Kartons von unterschiedlicher Größe waren zu mehreren Türmen angeordnet.

    Im nächsten Moment kam der Mann, der die Kartons getragen hatte, wieder aus dem Lagerhaus. Er schleppte eine riesige würfelförmige Pappschachtel. Beim Gehen schwankte er, und er umrundete vorsichtig den Stapel, um nichts umzustoßen. Als er etwa drei Viertel des Stapels hinter sich gelassen und die Seite erreicht hatte, wo mein Beobachtungsposten war, bückte er sich und stellte den Karton in einer Lücke zwischen den Kisten ab. Durch die Bewegung verlagerte er sein Gewicht nach vorn und stieß mit der Fußspitze an einen der unteren Kartons, der sich bewegte und sich ein Stück drehte. Unter dem Karton erschien eine in den Beton geritzte Rille.
    Der Mann ging in die Hocke, umfasste den Karton mit beiden Händen und schob ihn wieder an seinen Platz über der Rille. Innerhalb von Sekunden war alles wie zuvor. Auf dem betonierten Untergrund war nichts zu sehen außer Reifenspuren und Staub.
     
    Als wir wieder im Auto saßen, blickte Healy weiter zum Lagerhaus hinüber.
    »Er weiß etwas«, verkündete er.
    »Was hat er denn gesagt?«
    »Nichts.«
    »Warum finden Sie ihn dann verdächtig?«
    »Ich bin nicht sicher«, erwiderte er und schaute mich an. »Vielleicht haben Sie mich ja paranoid gemacht. Aber wenn er uns Märchen auftischt, ist er ein verdammt guter Lügner.«
    Die Autofenster knarzten im Wind.
    »Hinten was Interessantes gesehen?«, erkundigte er sich.
    Ich nickte. »Wir müssen zurückkommen, wenn es dunkel ist.«
    »Warum?«
    Ich spähte durch die hinteren Türen hinüber zur Rückseite
des Lagerhauses und zum Hof. »Weil an der Rückseite des Gebäudes eine Falltür ist.«

49
    Gleich hinter den East India Docks gab es ein Café.

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