Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
Vom Netzwerk:
Wozu?«
    »Als Versuchskaninchen. Um festzustellen, ob die Haut anwächst.«
    »Warum?«
    »Keine Ahnung. Aber schauen Sie sich an, was er mit Sona gemacht hat.« Als ich Healys ungläubige Miene bemerkte, hielt ich inne. »Soll ich Ihnen sagen, was ich denke? Er plant eine große Sache und wollte nicht riskieren, die Frauen zu beschädigen.«
    Er wurde still, und wir beide kannten den Grund dafür: Seine Tochter war eine dieser Frauen. Das Rauschen des immer heftiger aufs Dach prasselnden Regens füllte das Schweigen. Wenn die Tropfen auf die Karosserie prallten, entstand ein Zischen.
    »Also wonach suchen wir? Einem verstümmelten Hund?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nach dem Haus, das Sona beschrieben hat. Denn da ist auch der Hund  – weil Glas nämlich auch dort ist.«
    Healy seufzte. »Das Gelände ist einen halben Quadratkilometer groß, und es gibt dort nichts als Bäume. Wissen Sie, wie viele Häuser ringsherum stehen?«
    »Vergessen Sie nicht, was sie gesagt hat. Wir interessieren uns nicht für ein bewohntes Haus, sondern für ein einsturzgefährdetes. Ein ganz besonderes Haus.«
    »Wessen Haus?«

    Ich kramte meinen Notizblock aus der Tasche. »Das von Milton Sykes.«
    Healy grinste selbstzufrieden. »Da kommen Sie etwa siebzig Jahre zu spät, Raker. Die ganze Straße wurde während des Krieges plattgemacht, um ein Industriegebiet hochzuziehen.«
    »Ich meine nicht sein Haus in der Forham Avenue«, entgegnete ich, hielt den Block hoch und tippte auf eine der Eintragungen: Ovlan Road 42 . »Sondern sein Geburtshaus.«

62
    Wir fuhren auf der Derry Road, wo ich schon einmal geparkt hatte, nach Osten, bogen aber am Ende links ab und setzten unseren Weg durch eine Schlucht aus verlassenen Fabrikgebäuden und alten Backsteinhäusern fort. Hier sah es aus wie nach einem Erdbeben. Auf beiden Seiten der Straße waren Dächer eingesackt und Mauern eingestürzt. In dem Unkraut, das die Fundamente überwucherte, glitzerten Glasscherben.
    »Hier wird mir richtig gruselig«, stellte Healy fest.
    Ich betrachtete die Gebäude, die Fenster und die Türen. So viel Dunkelheit. In all der Zeit, die ich nun schon in London lebte und arbeitete, hatte ich noch nie eine derart desolate und heruntergekommene Gegend gesehen. Healy hatte recht: Die Stimmung war auch deshalb so beunruhigend, weil sie so gar nicht zu dieser Stadt passte.
    Am Ende der ehemaligen Forham Avenue angekommen, bogen wir wieder links in die Straße ab, die zur Ovlan Road führte. Inzwischen hieß sie Peterson Drive. Von den Häusern, die einst hier gestanden hatten, war nichts mehr übrig. Die Straße wurde rechts von gewaltigen Lagerhäusern aus Metall und links vom Wald gesäumt. Der Wald war mit
einem zwei Meter hohen, an manchen Stellen durchlöcherten, aber zum Großteil intakten Zaun abgetrennt. Etwa alle dreißig Meter hing ein Schild mit der Aufschrift GEFAHR  – BETRETEN VERBOTEN. Am Ende der Straße befand sich das Gewerbegebiet, das ich auf den Satellitenfotos gesehen hatte.
    Healy wendete am Anfang des Gewerbegebiets, sodass die Motorhaube in Richtung Peterson Drive zeigte. Der Regen hatte nachgelassen, doch im Schein der Straßenlaternen waren Wolken zu sehen, die schwer und dunkel über uns hingen. Wir schauten auf die Uhr. Halb zwei.
    »Und wo ist das Haus?«, fragte Healy. Den Blick auf die Bäume gerichtet und die Hände ums Steuer geschlossen, beugte er sich vor. »Im Wald?«
    »Am südlichen Ende gibt es weder einen Zaun noch Warnschilder«, erklärte ich und wies mit dem Kopf auf die rautenförmigen Schilder. »Welchen Zweck erfüllen also die da?«
    »Vielleicht ist es ja nur hier gefährlich.«
    »Möglicherweise hatte das Haus die Ovlan Road ja nur als Postadresse, stand aber nicht direkt an der Straße, sondern abseits im Wald.«
    Er schüttelte den Kopf. »Was, zum Teufel, bringt Sie auf diese Idee?«
    »Ich spekuliere nur, Healy, okay? Falls Sie einen besseren Vorschlag haben, tun Sie sich keinen Zwang an.«
    Schweigen entstand. Noch nie im Leben war ich einem Menschen begegnet, der mir derart auf die Nerven fiel und gleichzeitig so sehr mein Mitgefühl erregte.
    »Das Haus war verfallen«, erwiderte Healy leise. Als ich ihn ansah, wurde mir klar, wie das gemeint war: als Entschuldigung. »Das hat Sona vorhin gesagt. Das Haus sei eine Ruine gewesen.«
    Ich nickte. »Keine Fußböden. Bäume, die durch Dach und Fenster wuchsen. Und wonach klingt das für Sie?«

    Healy musterte den Zaun. »Nach hier.«
    »Sykes ist vor

Weitere Kostenlose Bücher