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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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fuhr mit den Nägeln durch die Wasserrinnsale. »Hilfe! Ich bin entführt worden! Hilfe!«
    Im nächsten Moment wurde alles — ihre Stimme, das Wasser an ihren Fingern und das zarte Summen von oben — von einer Rückkopplung übertönt, die aus den Wänden des Raums über dem Loch hervorbrach, so ohrenbetäubend, dass sie den Lautsprecher, aus dem sie kam, zum Knarzen brachte. Sona hielt sich die Ohren zu. Selbst zwei Meter unter der Erde klang es, als würde sie mit dem Gesicht an einen Verstärker gepresst, der so groß war wie ein Haus.
    Und dann hörte der Lärm so plötzlich auf, wie er begonnen hatte.
    Die Falltür bewegte sich.
    Ihr blieb fast das Herz stehen. Von dem Geräusch hatte sie noch einen Pfeifton in den Ohren, und ein ängstliches Flattern stieg in ihrer Brust auf. Als sie schluckte, fühlte es sich an, als rutschten ihr Glasscherben in den Magen.
    »Hallo?«

    Die Falltür öffnete sich vollständig, und der Raum kam in Sicht. Sona konnte den restlichen Stahlschrank erkennen, der sich die ganze Wand entlang erstreckte. Durch die kahle Wand, die daran angrenzte, verlief ein großer Riss. Noch ein Spülbecken. Ein Badezimmerschrank mit Glastür. Voller Tablettendöschen. Eine rote Tür mit Glasscheibe und abblätternder Farbe. Sie stand offen. Doch dahinter war alles schwarz. Von der Oberseite der Falltür führte ein Seil hinaus in die Dunkelheit.
    »Hallo?«, wiederholte Sona.
    Aus der dunklen Tür kam ein kleines durchsichtiges Plastikröhrchen geflogen. Es prallte über ihr auf dem Boden auf, kullerte weiter und fiel ins Loch. Sie fing es auf. Das Röhrchen war etwa zwanzig Zentimeter lang und mit Watte gefüllt. Sie blickte auf.
    »Mark?«
    Ein zweiter Gegenstand erschien in der dunklen Tür, rollte über den Boden und über die Kante des Lochs auf sie zu. Beim Landen machte er ein dumpfes Geräusch.
    Eine Plastikflasche.
    Sie hob sie auf. Es war eine hellblaue Flüssigkeit darin, die die Beschaffenheit von Wasser hatte. Die Flasche hatte kein Etikett. Es stand nur eine handschriftliche Botschaft darauf: Trage ALLES auf dein Gesicht auf und wirf die Flasche wieder hoch .
    »Mark«, wiederholte sie und schaute wieder nach oben. »Mark, das ist doch albern, Baby. Warum tust du das?« Sie wischte sich das Auge ab. »Warum tust du das?«
    Schweigen.
    »Mark, sag, was du von mir willst.« Sie hielt inne. »Das passt doch gar nicht zu dir, Baby.« Ihre Stimme zitterte. »Mark.« Sie wartete darauf, dass sich in der Dunkelheit etwas rührte. »Mark«, schluchzte sie, inzwischen heftig weinend.
»Mark, du Schwein! Warum machst du so was mit mir? Warum …?«
    »Reib dein Gesicht damit ein.«
    Sie zuckte zusammen. Ihr Herz machte einen Satz. Ein Wimmern drang aus ihrem Mund, und die Angst kroch ihr den Rücken hinunter, als führe ein Finger ihre Wirbelsäule nach. Sie schluckte wieder.
    »Mark?«
    Etwas bewegte sich im dunklen Türbogen. Nun konnte sie einen etwa münzgroßen weißen Fleck sehen, der sich vom Schwarz abhob.
    Ein Gesicht .
    Und dann trat er aus der Tür.
    Er ging langsam und blickte zu ihr herunter. Seine Füße verharrten dicht an der Kante des Lochs. Es war nicht Mark, sondern ein anderer Mann: schwarzes Haar, Seitenscheitel, bleiche Haut, schwarze Knopfaugen. In der linken Hand hielt er einen großen Gegenstand.
    »Wo ist Mark?«
    »Reib dein Gesicht damit ein.«
    Als sie einen Schritt rückwärts machte, stieß sie gegen eine Wand.
    »Mark!«
    »Reib dein Gesicht damit ein.«
    »Mark!«
    »Reib dein Scheißgesicht damit ein.«
    Wieder eine Angstexplosion unter ihren Rippen. Sie duckte sich in eine Ecke des Lochs. Seine Stimme. Was ist los mit seiner Stimme? Sie klang blechern und roboterhaft und wurde von einem ständigen statischen Knistern begleitet. Die Verwirrung sorgte dafür, dass sie die Beherrschung verlor: Tränen strömten ihr über Wangen und Lippen und rannen ihr den Hals hinunter.

    Mark , wollte sie wieder sagen, unterdrückte es aber diesmal.
    Denn der Mann über ihr hob den Gegenstand in seiner Hand — und ließ ihn ins Loch fallen. Er näherte sich schnell und landete mit einem Knall etwa zehn Zentimeter rechts von Sona auf dem Boden. Während sie so rasch wie möglich wegrutschte, versuchte sie herauszufinden, was es war.
    Und dann sah sie es.
    Es war der Torso einer Schaufensterpuppe.
    Cremefarben und starr. Durchlöchert und beschädigt. In der Mitte der Brust klaffte ein Loch. Gaze quoll aus dem Hohlraum.
    »Hast du das gesehen?«, fragte er, am Rand des

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