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Blutköder

Blutköder

Titel: Blutköder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nevada Barr
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Büro der Parkverwaltung und eine weitere Wohnsiedlung befanden.
    Nach kurzem Zögern setzte Rory sich in Bewegung. Anna gestattete sich ein lautloses, erleichtertes Aufseufzen. Rory mochte zwar einen Entschluss gefasst haben, war jedoch noch nicht bereit, Hand an sie zu legen, um seinen Willen durchzusetzen.
    »Warum möchtest du nicht, dass wir gegen deinen Dad ermitteln?«, fragte sie freundlich.
    »Das habe ich dir doch schon erklärt«, entgegnete Rory patzig. »Er ist nicht gesund.«
    Um die Gesundheit seiner Frau steht es um einiges schlechter, sagte sich Anna, sprach es jedoch nicht aus. Stattdessen ging sie einfach weiter und wartete ab, ob sich das, was sich hinter Rorys Sorge um seinen Vater verbarg, in Worten Luft machen würde. Tat es jedoch nicht, was Anna Kopfzerbrechen bereitete. Jugendliche, normale Jugendliche mit Eltern, die mehr oder weniger in Ordnung waren, prahlten als Heranwachsende gern damit, dass sie niemandem über dreißig trauten. Allerdings diente diese Großspurigkeit nur dem Zweck, das Kind zu tarnen, das noch immer daran gewöhnt war, sich in Notsituationen an Erwachsene zu wenden. Rory war diese Eigenschaft offenbar abtrainiert worden.
    Anna behielt dasselbe Gehtempo bei. Mittlerweile waren sie an der Ecke, wo der Betriebshof die Form eines L annahm. Nun hatten sie die größtmögliche Entfernung zu Fenstern und Ohren erreicht. Eine von Wänden umgebene Schlucht aus Gebäuden, Maschinen und Bäumen trennte sie von den verstreut stehenden Häusern. Als Anna bemerkte, wie verspannt sie war, lockerte sie ihren Nacken und schärfte ihre Sinne. Ganz bewusst setzte sie einen Fuß vor den anderen.
    »Ich habe bei diesen Ermittlungen nicht viel mitzureden«, meinte sie beiläufig. »Ich bin nur eine Besucherin aus einem anderen Park. Ich habe Harry ein paar Aufgaben abgenommen, mehr nicht. Wenn du möchtest, dass dein Dad in Ruhe gelassen wird, musst du dich an den Polizeichef wenden. Ich schlage vor, dass du das während der üblichen Bürozeiten tust. Wenn man sich durchs Gebüsch an andere Leute anschleicht, fängt man sich leicht eine Kugel ein.«
    »Ich will, dass du Dad in Ruhe lässt«, beharrte Rory, und diesmal fasste er sie an. Kräftige gebräunte Finger schlossen sich um ihren Oberarm, sodass sie stehen bleiben musste.
    Die Berührung machte Anna Angst. Wenn sie sich wehren oder fliehen wollte, war jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Und für zierlich gebaute Menschen, die weder über die Fähigkeiten noch die Drehbuchautoren von Jackie Chan verfügten, war es das Ratsamste, zuerst wie ein Knallfrosch zu explodieren und dann die Beine in die Hand zu nehmen.
    Allerdings war die Angst noch nicht stark genug. Das Gespräch dauerte an.
    »Wie ich schon sagte …«, begann Anna.
    »Nein«, fiel Rory ihr ins Wort. »Du. Du lässt ihn in Ruhe.« Sein Griff um ihren Arm wurde fester. »Du bist anders. Du bohrst und bohrst und zwängst dich den Menschen in den Kopf. Du fragst nicht nur, was sie getan haben, sondern beobachtest und wartest wie eine flinke kleine Schlange, die sich schlafend stellt. Und dann zuckt deine Zunge, weil du etwas gewittert hast. Du mischst dich in Dinge ein, die dich nichts angehen. Das hier ist nicht deine Angelegenheit. Du hast nichts damit zu tun.«
    Rory war sein eigener Motivationstrainer und steigerte sich in seine Ansprache hinein wie ein Redner, der eine aus einer Person bestehende Menschenmasse aufpeitschen will.
    Anna beschloss, der Sache ein Ende zu bereiten, bevor er sich noch Ärger einhandelte. »Das reicht«, meinte sie leise. Einen anderen Jungen hätte sie angeschrien, eine verbale Ohrfeige, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Doch sie hatte Rory mit Harry Ruick erlebt. Der Junge hatte eindeutig ein Autoritätsproblem. »Lass meinen Arm los«, fügte sie, ebenso ruhig, hinzu. »Ich kriege leicht blaue Flecken, und wir haben Badesaison.«
    Entweder war ihr Tonfall oder die Absurdität der Situation zu ihm durchgedrungen, denn er gehorchte. Anna marschierte los, froh die gespenstischen Maschinen auf dem Betriebshof nicht mehr ansehen zu müssen.
    »Es ist Zeit zum Umkehren«, sagte sie. »Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber für mich ist längst Schlafenszeit.« Da Anna nicht mehr neugierig darauf war, was Rory von ihr wollte, wechselte sie entschlossen das Thema.
    Nachdem Rory etwa fünfzehn Meter lang nachgedacht hatte, ergriff er wieder das Wort. Der hitzige Tonfall, der seine Ansprache geprägt hatte, war verschwunden. Aber der eisige

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