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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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hinter seinen Worten.
    »Nein«, sagte ich und entschied mich, ehrlich zu sein. »Aus irgendeinem seltsamen Grund vertraue ich dir.«
    »Kluges Mädchen«, lobte er.
    Inzwischen hatten wir den Speisewagen erreicht, und er hielt mir die Tür auf. Ich kletterte hinein, und er folgte mir und nahm meinen Arm. Aber anstatt zum Büffet führte er mich zu einem Mann, der allein in einer Nische saß. Er war gutaussehend, dieser Mann, der da gedankenverloren aus dem Fenster starrte und mit den Fingern auf den Tisch klopfte. Sein Piratenhemd war am Kragen offen, und die Ärmel waren bis über die Ellbogen hinaufgeschoben. Anstelle von Kniehosen trug er Hosen, die auf Höhe der Waden abgeschnitten waren. Er war barfuß, und nach einem Tag in Sang war ich darüber etwas konsterniert. Er musste ein Bludmann sein, und ein ziemlich unverschämter noch dazu.
    »Letitia, meine Liebe«, sagte Criminy freundlich, »das ist Casper, unser Cembalist.«
    Der Mann blinzelte, als er so aus seinen Tagträumen gerissen wurde, wandte sich mit einem leicht irritierten Lächeln zu uns um und sagte: »Nett, Sie kennenzu –«
    »Sie!« Mein Aufschrei unterbrach ihn mitten im Satz.
    Ich hatte die saphirblauen Augen noch nie gesehen, die mich da, umringt von zarten kastanienbraunen Wimpern, anschauten. Aber ich kannte den Mund, das Rabentatoo auf seinem Unterarm und ganz besonders die langen, flinken Finger, die beständig unsichtbare Noten auf den Tisch klopften. Diese Fingernägel hatte ich über Monate hinweg immer wieder geschnitten.
    »Sind wir uns schon einmal begegnet?«, fragte er, höflich aber verwirrt.
    »Nein«, antwortete ich. »Ich habe nur …« Ich sah Criminy an, der aufreizend amüsiert war. Ich war fasziniert, perplex und ziemlich verärgert darüber, dass er mich mit dieser Überraschung überrumpelt hatte.
    »Weiß er es?«, fragte ich ihn.
    »Ob ich was weiß?«, fragte Casper, der langsam auch verärgert wirkte.
    »Dass du ein Fremdling bist«, antwortete Criminy sachlich mit einem charmanten Lächeln.
    Casper zuckte mit den Schultern. »Das wissen doch alle hier im Zirkus.«
    »Sie ist auch ein Fremdling«, sagte Criminy. »Und sie kennt dich.«
    Damit tätschelte er mir den Arm und spazierte selbstzufrieden den Speisewagen entlang, um sich in ein Abteil zu einem nervös zuckenden Vil zu setzen. Wahrscheinlich, um sich über den Stand der Dinge zu informieren, was den Wohnwagen anging, in den er mich später sperren würde, der hinterhältige Bastard. Und über die ganze Entfernung fühlte ich seinen Blick auf mir ruhen.
    »Ich verstehe nicht«, meinte Casper und wies auf den leeren Sitz ihm gegenüber am Tisch. Ich setzte mich. Jetzt wo Criminy außer Hörweite war, wirkte er offener und entspannter. Und innerlich glühend. »Sie kommen aus Amerika? Denn, ich glaube nicht, dass ich Sie kenne. Ich bin sicher, dass ich mich daran erinnern könnte.« Er betrachtete forschend mein Gesicht, so wie ich seines. Sein Gesicht war … es lohnte sich darin zu forschen.
    Erstaunlich, dieser Unterschied zwischen einem bleichen, dahinschwindenden, reglosen Körper und einem lebendigen, atmenden Mann. Der Mr Sterling, den ich kannte, hatte einen rasierten Kopf, dürre Arme und sabberte. Aber der Casper vor mir war sonnengebräunt und sah umwerfend aus, wie eine romantische Version von Robinson Crusoe. Kaum zu glauben, wie oft ich ihn schon mit dem Schwamm gewaschen hatte, ohne dass er es überhaupt wusste. Ich ertappte mich dabei, wie ich meinen Blick über sein offenes Hemd wandern ließ und richtete meine Augen hastig wieder auf sein Gesicht. Ich hatte ihm eine unerfreuliche Mitteilung zu machen, aber ich wollte nicht, dass er aufhörte, dieses umwerfende, filmstarmäßige Lächeln zu zeigen.
    »Es gibt keine schöne Art, um das zu sagen, aber in unserer Welt bin ich Ihre Krankenschwester. Vor sechs Monaten hatten Sie einen Motorradunfall, und jetzt liegen Sie im Koma. Es tut mir sehr leid.«
    »Im Koma«, sagte er zu sich selbst gewandt. »Hätte ich mir denken können. Meine Mom hat immer gesagt, dass mich dieses Motorrad noch umbringen würde.«
    »Was ist passiert?«, wollte ich wissen. Ich musste es einfach erfahren.
    »Ich erinnere mich nicht. Eines Tages war ich einfach hier, ich lag nackt auf dem Boden. Nachdem mich das erste Karnickel gebissen hatte, trug ich immer einen großen Ast bei mir. Habe damit auch einen Hirsch getötet. Und dann hab ich einen Toten gefunden ohne einen Tropfen Blut am oder im Körper. Ich hab seine

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