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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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dem es köstlich aus einem Behälter dampfte, lief mir langsam das Wasser im Mund zusammen.
    »Wrappie und einen Gepressten«, verlangte er und schnippte dem Mann eine Münze hin.
    »Willst mal echtes Essen probier’n, eh, Bluddy?«, meinte der Mann übellaunig, reichte aber einen Becher herüber, der origamiartig aus dickem Wachspapier gefaltet und mit einer goldenen Flüssigkeit gefüllt war. Mit der anderen Hand nahm er eine Zange und griff damit ein längliches Päckchen, das in das gleiche wachsige Papier gewickelt war. Das ließ er mit einem spöttischen Grinsen in Criminys Hand fallen, und wir gingen schnell wieder, ohne uns zu bedanken. Ich merkte, dass Criminy stinkwütend war. Solche Sachen schienen in der Stadt häufig zu passieren.
    »Das ist für mich, richtig?«, fragte ich. Was immer es war, es roch gut. Wie Fastfood.
    »Es ist für dich, aber es ist glühend heiß. Dieser kleine Bastard hat gehofft, dass sich einer von uns daran verbrennt. Ich gebe es dir, sobald es soweit abgekühlt ist, dass man es essen kann, versprochen.«
    Er drückte mir den Becher in die Hand und sagte: »Trink schnell. Diese Becher halten nicht lange.«
    Nach einer kurzen Untersuchung drehte ich den Becher zur Seite und ließ das goldene Zeug in meinen Mund laufen.
    »Traubensaft?«
    »Deshalb nennt man es einen Gepressten«, erklärte er trocken. »Aber die Trauben in der Stadt werden nicht rot oder violett – nur gelb.«
    Ich trank den Saft aus, und er warf den Becher zu Boden und gab mir das Ding, das er einen Wrappie genannt hatte. Es war eine Art Burrito, gefüllt mit kochend heißer Lava, die sehr nach Hackfleisch mit Kartoffelbrei schmeckte. Das Ding war knorpelig und schwer von Kartoffeln und Bohnen, aber das Verhältnis zwischen Öl und Salz war absolut befriedigend. Ich dankte ihm und leckte mir die Soße von den Handschuhen, während wir weitergingen.
    Schließlich bogen wir in eine dunkle Gasse, unter einem vernieteten Schild, auf dem Darkside stand. Ich hätte schwören können, dass die Temperatur auf der anderen Seite dieses Schildes um zehn Grad kälter war. Die Straße war in schlechtem Zustand; fehlende Kopfsteine im Pflaster und Graffiti aus weißer Kreide.
    Blutet aus war eines.
    Bluddy unter die Erde ein anderes.
    Es war ein Wohngebiet, aber die Fenster waren entweder verdunkelt oder sorgfältig mit Brettern vernagelt. Die Türen waren alle blutrot gestrichen. Es gab keine Blumenkästen oder Dekorationen. Niemand würde freiwillig so leben wollen; dazu musste man schon gezwungen werden. Die trostlosen Straßen und Criminys angespanntes Schweigen sprachen Bände über die Unterdrückung seiner Spezies durch meine.
    Die nächste Kreuzung war offener, Holzschilder hingen an den Häusern, ähnlich denen in der Hauptstraße – nur düsterer. Ich sah einen Juwelier, ein Pfandhaus, eine Apotheke. Und dann, über uns, ein Schild mit einem schwarzen Hund, der auf dem Rücken lag, die Pfoten in die Höhe gestreckt und anstelle der Augen ein X aufgemalt. Das musste das Gasthaus zum Alten schwarzen Hund sein. Und nebenan eine Spule mit Nadel – Criminys Freund, der Schneider.
    Wir traten durch die burgunderrote Tür in einen hellen Raum, der mit hellblauen und violetten Harlekinrauten ausgestaltet war. Es sah genauso aus wie im Wohnwagen von Mrs Cleavers, nur ordentlicher, mit unzähligen Schneiderpuppen, Spiegeln und ordentlich in den Regalen gestapelten Stoffballen. Uns genau gegenüber, den Kopf über eine Tischnähmaschine gebeugt, war der erste Bludmann, den ich in der Stadt sah.
    Er hob den Kopf: Er hatte den Mund voller winziger Nadeln, und das Grinsen, mit dem er uns ansah, war wie das einer Voodoo-Puppe. Seine hellbraune Haut stand in merkwürdigem Kontrast zu seinem goldblondem Haar und den eisblauen, durchdringenden Augen. Aber seine Miene war fröhlich, und er schien erfreut, uns zu sehen. So langsam empfand ich das als etwas Besonderes.
    Er ließ die Nadeln in einem Gefäß verschwinden, richtete sich auf und streckte sich ausgiebig, sodass es ein paar Mal knackte. Dann sperrte er die Vordertür ab und drehte sich mit ausgebreiteten Armen zu Criminy um: »Crim! Wie lange ist das her?«
    »Zu lange, Antonin. Zu lange. Wie geht’s?«
    Sie umarmten einander und klopften sich gegenseitig auf den Rücken. Offenbar war diese Geste welten-und speziesübergreifend die einzig akzeptable Art, Freundschaft unter Männern auszudrücken.
    »Manchester ist nicht mehr das, was es einmal war«, erklärte Antonin und

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