Blutleer
Jakubian?«
»Händchenhalten?« Barbara dämmerte es. Er musste eben gesehen haben, wie Jakubian kurz ihre Hand genommen hatte. »Also wirklich, Sven. Jeder braucht mal etwas Zuspruch und Unterstützung. Ich … ich habe zurzeit private Probleme.«
»Und die besprichst du ausgerechnet mit Jakubian?«
Barbara sah ihn stirnrunzelnd an. »Sag mal, was soll das? Bist du eifersüchtig?« Und damit ließ sie ihn stehen.
Auf dem Heimweg dachte Barbara über das Gespräch mit Jakubian nach. »Ändere das«, hörte sie ihn sagen. Das klang einfacher als es war. Aber sie wusste, dass er Recht hatte. So konnte es mit ihr und Thomas einfach nicht weitergehen.
Als sie ihren Wagen in die Garage fuhr und sah, dass auch Thomas’ Mercedes dort stand, fasste sie den Entschluss, endlich mit ihm zu reden. Sie atmete tief durch und ging ins Haus – nicht, wie in letzter Zeit gleich in die obere Etage, sondern unten in die Wohnung.
Sie fand Thomas in der Küche. Er bereitete sich ein Abendessen zu, Salat und etwas Kurzgebratenes. »Hallo.«
Er sah erstaunt auf. »Hallo.«
»Hast du auch für mich etwas zu essen?«
»Ich denke, das reicht für zwei. An Singleportionen habe ich mich noch nicht wieder gewöhnt.« Er goss das Dressing über den Salat und rührte um. »Du kannst den Tisch decken.«
Sie holte Teller und Besteck und deckte an der Küchenbar neben dem Herd ein. Sie zapfte für beide noch ein frisches, gesprudeltes Wasser aus dem Luxuskühlschrank und setzte sich dann auf einen der Barhocker, Thomas direkt gegenüber. Der teilte gerade das gebratene Steak und tat noch ein weiteres in Pfanne.
»Du hast mir gefehlt«, sagte er knapp.
Du fehlst mir schon so lange, dachte Barbara plötzlich, aber sie sprach es nicht aus, sondern begann, ihren Salat zu essen. Sie hatte sein Essen sehr vermisst in den letzten Wochen.
Es war nicht Thomas’ Art, ein gutes Essen durch das Wälzen von Problemen zu verderben. So aßen sie schweigend und teilten sich auch das zweite Steak. Erst als sie die Teller beiseite schoben, sah er ihr direkt ins Gesicht. »Warum kannst du mir nicht verzeihen, Barbara? Ich bitte dich doch darum. Und ich habe die … die Affäre doch beendet.«
Genau das war es, worüber sich auch Barbara den Kopf zermarterte. Weil sie nicht sofort antwortete, fuhr er fort: »Ich weiß, ich habe dein Vertrauen missbraucht, und es wird schwer für mich sein, es wiederzuerlangen. Aber ich habe das Gefühl, dass du es gar nicht willst.«
Barbara wusste, sie würde ihn verärgern, trotzdem sagte sie leise: »Ich hatte nicht viel Zeit darüber nachzudenken.«
Sie war erstaunt, dass er das Stichwort Job gar nicht aufgriff. »Barbara, damals, als du mich verlassen hattest, glaubst du, da war es einfach für mich, dir wieder zu vertrauen? Nicht ständig zu denken, dass du wieder wegläufst, vor mir, vor dem Tod, vor Nähe?« Er lächelte resigniert. »Ich habe dir wieder vertraut. Und jetzt bist du wieder weggelaufen.«
Es entstand eine lange Pause. Barbara versuchte die Gedanken zu ordnen, die da auf sie einstürmten. Schließlich sagte sie: »Vielleicht geht es gar nicht darum, ob ich dir verzeihe oder dir vertrauen kann. Es geht eher darum, ob da überhaupt jemand ist und wer das ist, dem ich da vertrauen soll. Du hast dich verändert. Seit der … Transplantation.«
Sie zwang sich, ihm direkt in die Augen zu sehen. »Bitte, verstehe mich nicht falsch, Thomas. Niemand ist glücklicher als ich darüber, dass du jetzt gesund bist. Ich habe es mir immer gewünscht, auch aus ganz egoistischen Gründen. Weil ich dich bei mir haben wollte und nicht ständig mit deinem möglichen Tod leben wollte. Und ich verstehe auch, dass es jetzt andere Dinge in deinem Leben gibt, Dinge, die du vorher nicht tun konntest, neue Menschen.«
»Aber?«
Barbara wartete auf sein feines ironisches Lächeln, aber es blieb aus. »Du bist der erste und einzige Mensch, dem ich jemals so nah war. Ich brauche dich. Du bist mein Zuhause.«
Er seufzte. »Ich hatte mir mein neues Leben auch ein wenig anders vorgestellt. All die Dinge, die ich gern gemeinsam mit dir getan hätte. Es gab früher so wenige Menschen in meinem Leben, es gab dich, Mutter und einige wenige Freunde, die ich ohne dich auch nicht gehabt hätte. Durch dich habe ich ja erst gelernt, Kontakte zu knüpfen. Und jetzt kann ich nicht genug davon bekommen, vom Reden, vom Kennenlernen. Im Grunde ist es auch mit Katharina so gewesen. Aber viel lieber hätte ich das alles mit dir
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