Blutlinie
Menschen, John, meinen Vater. Von ihm gab es keine Abbildung. Aber die Aufzeichnungen wirkten neuer; sie waren ergänzt worden. Man erwähnte, dass Lana sich mit ihm paaren wollte, um einen Halbvampir zu schaffen, der den Überlieferungen zur Folge mit 20 Jahren sich von einem Menschen zu diesem Wesen wandeln würde.
Tja, das war dann wohl ich.
Und so viel Macht besitzen könnte, um die dunkle Rasse der Vampire aussterben zu lassen. Nur wie? Das wurde mit keiner Silbe erwähnt. Konnte ich Feuerblitze aus den Augen schießen, Gehirne mit bloßer Gedankenkraft zerdrücken oder solche ekelhaften Dinge? Egal, weiter im Text.
Ich wurde also erfolgreich gezeugt - wie das klang! - und ein Jahr später tötete man Lana und John hinterrücks. Ich wunderte mich, wie das geschehen konnte, wo doch eine Königin nach allen Regeln bewacht und beschützt wurde. Mich durchzuckte ein Schmerz, als ich mir nochmals das schöne Antlitz meiner leiblichen Mutter anschaute. Sie hatte es nicht verdient zu sterben.
Unsanft wurde ich von einem kräftigen Klopfen geweckt. Ich schielte zum Wecker, der mir verriet, dass es bereits Abend war. Mein Zimmer wurde in schummriges Licht getaucht. Ich musste wohl eingeschlafen sein.
„Ich bin’s, Maggie“, hörte ich eine gutgelaunte Stimme vor der Tür.
„Komm rein.“
Sie öffnete die Tür, lugte um sie herum und grinste.
„Na du Schlafmütze! Ich habe etwas für dich mitgebracht, dass dich zum Weinen bringen wird.“
„So schlimm?“, fragte ich, musste aber lächeln.
„Sei nicht albern. Es wird dir hervorragend stehen.“
Sie trat ein, trug einen breiten Karton unter dem rechten Arm, in der linken Hand erblickte ich einen Kosmetikkoffer und zwei Tüten.
Mary Nummer zwei, oh je!
Sie schmiss alles auf mein Bett, machte sich an dem Karton zu schaffen und zog ein pailettenbesticktes Kleid hervor, das einen buschigen dunklen Schwanz am Schoß angenäht hatte.
„Tadaaaa!“, rief sie und holte aus einer Tüte einen Haarreifen mit zwei schwarzen Plüschohren und eine Maske, die die Augen bis zur Nase bedeckte. Sie war mit Strasssteinen verziert.
„Ich soll mich also als Miezekätzchen lächerlich machen“, scherzte ich.
Maggie verzog ihren hübschen Mund.
„Nun bleib mal locker, du wirst total sexy aussehen, glaub mir.“
„Und als was verkleidest du dich?“
„Ich werde eine frivole Hexe sein“, klimperte sie verheißungsvoll mit ihren Wimpern.
Das konnte ich mir lebhaft vorstellen.
Ich robbte über das Bett und sah mir das Kleid an.
„Ein bisschen kurz, oder?“
Zögerlich stand ich auf und hielt es mir an. Es ging mir bis knapp über die Knie.
„Hab Mut und zeig Bein“, trällerte Maggie.
„Wieso bist du immer so gut gelaunt?“, fragte ich missmutig.
„Wieso nicht? Du lernst nachher meinen Alexio kennen, er ist schon sehr gespannt auf dich.“
Eine plötzliche Übelkeit überkam mich, schnell setzte ich mich wieder auf das Bett.
„Alles okay?“, fragte Maggie besorgt und kam zu mir.
„Mein Magen ist nur ein bisschen flau, ich schätze, das ist die ganze Aufregung.“
Ich atmete tief durch und mir ging es etwas besser.
„Wann hast du zuletzt etwas gegessen?“
Ich überlegte.
„Heute morgen.“
„Nachher gibt es Torte und ein riesiges Buffet. Du musst unbedingt etwas essen.“
Ich musste schmunzeln. Es war zu schön, wie Maggie sich um mich kümmerte.
„Warte mal“, sagte sie und verschwand aus meinem Zimmer.
Ich schaute mir skeptisch das Kleid an. Maggie hatte sogar an Strumpfhosen und Stiefel gedacht, um das Outfit zu komplettieren.
Ich verspürte überhaupt gar keine Lust, zu der Party zu gehen, fürchtete aber, dass ich allein in meinem Zimmer nur wieder meinen Ängsten und Gedanken nachhing. Was hatte ich also verlieren?
Maggie rauschte wieder herein. In der Hand hielt sie ein Glas Wasser, in der anderen hatte sie eine Tablette, die sie mir gab.
„Für deine Nerven. Die habe ich mal zum Probieren von einem menschlichen Arzt bekommen. Bei mir wirkten sie nicht.“
Sie lachte. Kritisch beäugte ich die Pille.
„Na los, dir wird es danach besser gehen“, ermunterte sie mich.
Ich kam ihrer Aufforderung nach und spülte mit reichlich Wasser das Ding hinunter.
„So ist’s brav! Und nun geht’s los. Zieh es mal an.“
Maggie hielt mir das Kleid vor die Nase. Aufstöhnend gab ich mich geschlagen und zog meine Jeans aus, während Maggie in ihrem Kosmetikkoffer herumwühlte.
Nach einer geschlagenen Stunde stand ich vor dem Spiegel
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