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Blutlust

Blutlust

Titel: Blutlust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Riccarda Blake
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Parkplatz, öffnete die Tür mit dem Schlüssel, den Carla mir gegeben hatte, und nahm den Lift zu Max’ Etage.
    Die Anspannung, mich direkt nach unserer ersten Nacht wie eine Diebin in die Wohnung des Mannes zu schleichen, der mich zu einem Teil seines Lebens, ja zu seiner Göttin zu machen gewillt war, ließ meine Finger zittern, als ich den Schlüssel in das Schloss der Wohnungstür steckte und ihn herumdrehte. Ich zitterte sogar noch, nachdem ich durch die Tür getreten und sie wieder hinter mir geschlossen hatte.
    Für ein paar Atemzüge lehnte ich mich an das Holz und versuchte, mich zu beruhigen.
    Vergeblich.
    Warum also das Unvermeidliche aufschieben?
    Mit schnellen Schritten durchquerte ich Eingangshalle und Wohnzimmer und ging zu den Regalen.
    Die Bücher darin waren alphabetisch geordnet, und ich fand Bram Stoker’s »Dracula« schon nach wenigen Augenblicken. Ich zog es heraus, und tatsächlich – dahinter war ein Schalter in die Rückwand des Regals eingebaut. Ein einfacher schwarzer Kippschalter.
    Ich drückte ihn.
    Ein gedämpftes Surren ertönte, und das Regal glitt zur Seite. Erst jetzt sah ich auf dem Boden die schmalen Schienen, die, wenn man ihren Zweck nicht kannte, aussahen wie Verzierungen in den Kirschholzdielen.
    Dahinter befand sich ein Durchgang. Noch einmal tief Luft holend, trat ich hindurch.
    Meine Zähne und Kiefer taten weh. Ich hatte sie so fest aufeinandergebissen, um nicht vor Wut und Enttäuschung laut loszuschreien, als ich den Raum betrat und ihn als das erkannte, was er war: genau das, was Carla behauptet hatte – eine Folterkammer!
    Wie im Rest des Lofts waren die Wände aus unlasiertem Ziegel – aber während die draußen modern wirkten und stylisch, wirkten sie hier alt und düster wie in einem New Yorker Schlachthof aus dem 19. Jahrhundert. Und sobald dieser Gedanke in mir aufgeblitzt war, roch es auf einmal sogar wie in einem solchen. Nach altem Blut und Tod.
    Aber vermutlich spielten mir da all die Geräte, die ich vor mir aufgebaut sah, einen Sinnesstreich.
    Hier gab es mehr Folterinstrumente als im ›Kitty‹!
    Das Andreaskreuz an einer der Wände, eine an Ketten herabhängende Swingschaukel, ein Holzbock und ein Flaschenzug an der Decke gingen vielleicht noch als ›kinky‹ durch …
    … nicht aber die Streckbank, die ›Eiserne Jungfrau‹ …
    … und das Schafott!
    Am Fuß des hölzernen Gestänges mit dem blitzscharfen Fallmesser stand ein alter Weidenkorb am Boden. Groß genug, um einen abgetrennten Kopf darin aufzufangen.
    Auf einer mit Leder bespannten Bank lag ein ganzes Sortiment Peitschen, Gerten, Zangen, Messer, Rasierklingen und Skalpelle. Nichts davon sah unbenutzt aus.
    Mir wurde schlecht.
    Ich wollte hinausrennen, um nie wieder hierher zurückzukehren. Mein Blick fiel im Herumdrehen auf die Wand rechts von mir, die ich bis jetzt noch nicht gesehen hatte. Hier hingen uralte, ja teilweise antike Karten von New York und auch von Österreich und Ungarn, von Wien und von Budapest. Daneben Porträtzeichnungen und alte Ölgemälde eines jungen Mannes in altertümlicher Kleidung … der Max auffallend ähnlich sah.
    Am unheimlichsten aber waren Stiche und Schwarzweißfotografien unter anderem von der Landung der Mayflower , dem Bau der Brooklyn Bridge , des erst halbfertigen Empire State Buildings und der Errichtung der Statue of Liberty . Alle trugen sie Jahresdaten:
    Die Mayflower 1620.
    Die Brooklyn Bridge 1883.
    Das Empire State Building 1929.
    Die Freiheitsstatue 1886.
    Und ebenfalls alle zeigten sie, jeweils gekleidet in die unterschiedlichen Herrenmoden der entsprechenden Zeiten, den gleichen jungen Mann im Vordergrund: Max!
    Obwohl ich mir auf Anhieb sicher war, dass es Fälschungen waren, machten sie doch eines deutlich klar: Max war nicht nur ein ausgesprochener Sadist, er betrieb auch einen unheimlich großen Aufwand, den Eindruck zu erwecken, er sei unsterblich … wie ein Vampir.
    Aber war ich mir denn wirklich noch sicher, dass es Fälschungen waren?
    Ich erinnerte mich an den Teil in mir, der gestern Nacht großen Genuss gefunden hatte in der Vorstellung, Max sei tatsächlich ein Vampir. Und daran, wie er sich plötzlich von den Handschellen und dem Strick befreit hatte. Die Handschellen waren vielleicht Trickschellen, die man auch ohne Schlüssel öffnen konnte; so etwas gibt es in jedem Zauberladen.
    Aber der Strick? Ich hatte ihn selbst geknotet. Und dann die Kraft, mit der er mich gehoben hatte …
    Natürlich glaubte ich nicht an

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