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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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lange?«
    »Ungefähr zwei Jahre. Seit ich die Stelle in Boston angetreten habe.«
    »Und war Ihr Verhältnis immer so angespannt?«
    »Nein. Es ist nur, weil …« Sie verstummte. Weil sie mein Verhalten missbilligt. Weil sie auf ihrem hohen moralischen Ross sitzt und mir nicht zugesteht, menschliche Gefühle zu haben. Weil sie mir verbieten will, mich zu verlieben. »Wir haben ein paar sehr stressige Wochen hinter uns«, sagte sie.
    »Ich bin froh, dass wir die Gelegenheit haben, uns unter vier Augen zu unterhalten«, sagte er. »Denn was ich Ihnen gleich sagen werde, wird sich für Sie absurd anhören. Und Detective Rizzoli hätte es ohne nachzudenken als Unsinn abgetan.« Wieder sah er zu ihr herüber. »Ich hoffe, Sie sind eher bereit, mich anzuhören.«
    »Weil Sie glauben, dass ich weniger skeptisch bin als sie? Wenn Sie sich da mal nicht täuschen.«
    »Was sagen Sie zu dem Tatort, den wir heute besichtigt haben? Was hat er Ihnen über den Täter verraten?«
    »Für mich deutet er auf eine schwer gestörte Persönlichkeit hin.«
    »Das ist eine Möglichkeit.«
    »Was ist Ihre Interpretation?«
    »Dass eine beträchtliche Intelligenz dahintersteckt. Nicht nur irgendein Spinner, der darauf abfährt, Frauen zu quälen. Das ist jemand mit einer sehr klaren und logischen Motivation.«
    »Kommen Sie jetzt wieder mit Ihren mythischen Dämonen?«
    »Ich weiß, dass Sie ihre Existenz nicht akzeptieren. Aber Sie haben diesen Zeitungsartikel gelesen, über den Stall, der vor zwölf Jahren verunstaltet wurde. Ist Ihnen an diesem Bericht irgendetwas Besonderes aufgefallen?«
    »Sie meinen, abgesehen von den Kreuzen im Viehstall?«
    »Die verschwundene Ziege. Vier Ziegen waren aus dem Stall entkommen, und der Bauer konnte nur drei wieder einfangen. Was wurde aus der vierten?«
    »Vielleicht ist sie ihm entwischt und hat sich im Wald verirrt.«
    »Im dritten Buch Mose, Kapitel 16, wird der ›Sündenbock‹ erwähnt, der auch der Bock des Azazel genannt wird. Derjenige, der alle Sünden, alles Böse der Menschheit auf sich nimmt. Der Brauch war, dass das ausgewählte Tier in die Wüste geführt wurde, beladen mit den Sünden der Menschen. Und dort ließ man es laufen.«
    »Nun sind wir also wieder bei Ihrem Symbol von Azazel.«
    »Eine Zeichnung seines Kopfes wurde an Ihrer Tür angebracht. Das können Sie nicht vergessen haben.«
    Nein, das habe ich nicht vergessen. Wie könnte ich ver gessen, dass ein Mörder sein Zeichen an meiner Tür hinter lassen hat?
    »Ich weiß, Sie sind skeptisch«, sagte er. »Ich weiß, Sie glauben, dass dieser Fall so ausgehen wird wie so viele andere.
    Dass die Ermittlungen Sie zu einem scheinbar gewöhnlichen, ja fast bemitleidenswerten Individuum führen werden, das alein und zurückgezogen lebt. Einem zweiten Jeffrey Dahmer, einem neuen Son of Sam. Vielleicht hört dieser Mörder Stimmen. Vielleicht hat er Anton LaVeys Satanische Bibel ein paar Mal zu oft gelesen und verinnerlicht. Aber bedenken Sie doch einmal eine andere Möglichkeit, die sehr viel erschreckender ist.« Er sah sie an. »Dass die Nephilim - die Wäch ter - tatsächlich existieren. Dass sie immer schon existiert haben, und dass sie immer noch unter uns weilen.«
    »Die Kinder der gefallenen Engel?«
    »Das ist lediglich die biblische Interpretation.«
    »Das alles stammt aus der Bibel. Und Sie wissen, dass ich nicht daran glaube.«
    »Das Alte Testament ist nicht die einzige Quelle, in der diese Wesen erwähnt werden. Sie tauchen auch in den Mythen älterer Kulturen auf.«
    »Jede Kultur hat ihre mythischen bösen Geister.«
    »Ich rede nicht von Geistern, sondern von Wesen aus Fleisch und Blut mit menschlichem Antlitz. Eine eigene Spezies von räuberischen Wesen, die sich parallel zu uns entwickelt hat. Sich mit uns vermischt hat.«
    »Würden wir nicht inzwischen von ihrer Existenz wissen?«
    »Wir sehen das Böse, das sie begehen. Aber wir erkennen sie nicht als das, was sie wirklich sind. Wir nennen sie Soziopathen oder Tyrannen. Oder Vlad den Pfähler. Mit ihrem Charme und ihren Verführungskünsten erschleichen sie sich Macht und Einfluss. In Zeiten von Krieg, von Revolution und sozialen Unruhen blühen sie auf. Und wir merken einfach nicht, dass sie anders sind als wir alle. Es ist eine grundlegende Andersartigkeit, die tief in unserem genetischen Code verankert ist. Sie sind geborene Beutejäger, und die ganze Welt ist ihr Jagdrevier.«
    »Ist es das, womit die Mephisto-Stiftung sich beschäftigt? Die Suche nach

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