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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Familienlegenden waren.« Er warf ihr einen Blick zu. »Ich glaubte ebenso sehr daran, wie Sie es in diesem Moment tun, mit anderen Worten: überhaupt nicht.«
    Er klingt so rational. Und doch ist er es nicht. Er kann es nicht sein.
    »Ich habe Geschichte gelehrt und bin deshalb vertraut mit den alten Mythen«, sagte er. »Aber Sie werden mich nie davon überzeugen, dass es irgendwann einmal Satyrn oder Meerjungfrauen oder fliegende Pferde gegeben hat. Warum sollte ich den Geschichten meines Vaters über die Nephilim Glauben schenken?«
    »Was hat Sie umgestimmt?«
    »Oh, ich wusste, dass manches von dem, was er mir erzählte, der Wahrheit entsprach. Isabellas Tod zum Beispiel. In Venedig konnte ich in Kirchendokumenten Aufzeichnungen über ihre Gefangenschaft und ihren Tod finden. Sie brachte in der Tat einen Sohn zur Welt, kurz vor ihrer Hinrichtung. Nicht alles, was in der Familie Sansone von Generation zu Generation weitererzählt wurde, war reine Fantasie.«
    »Und was ist mit der Überlieferung, Ihre Vorfahren seien Dämonenjäger gewesen?«
    »Mein Vater hat es geglaubt.«
    »Und Sie?«
    »Ich glaube, dass es feindselige Mächte gibt, die die Mephisto-Stiftung zu Fall bringen wollen. Und jetzt haben sie uns gefunden. So, wie sie auch meinen Vater gefunden haben.«
    Sie starrte ihn an, wartete auf seine Erklärung.
    »Vor acht Jahren«, fuhr Sansone fort, »flog er nach Neapel, um einen alten Freund zu treffen, einen Mann, den er seit seinen College-Tagen in New Haven kannte. Sie waren beide verwitwet und teilten eine leidenschaftliche Begeisterung für alte Geschichte. Sie wollten gemeinsam das dortige Archäologische Nationalmuseum besuchen und ihre Bekanntschaft auffrischen. Mein Vater freute sich sehr auf den Besuch. Es war das erste Mal seit dem Tod meiner Mutter, dass sich seine Stimme wirklich lebendig anhörte. Doch als er in Neapel ankam, war sein Freund nicht am Flughafen. Und auch nicht im Hotel. Er rief mich an und sagte mir, dass irgendetwas Schlimmes passiert sein müsse; er werde schon am nächsten Tag nach Hause zurückfliegen. Ich konnte hören, dass er sehr aufgeregt war, doch er wollte nicht mehr darüber sagen. Ich vermute, dass er glaubte, unser Gespräch würde abgehört.«
    »Er glaubte tatsächlich, das Telefon sei angezapft worden?«
    »Sehen Sie? Sie reagieren genau so wie ich damals. Der gute alte exzentrische Papa fantasiert mal wieder von sei nen Kobolden. Das Letzte, was er zu mir sagte, war: ›Sie haben mich gefunden, Anthony. Sie wissen, wer ich bin.‹«
    »Sie?«
    »Ich wusste genau, wovon er redete. Es war derselbe Unsinn, den ich mir hatte anhören müssen, seit ich ein Kind war. Finstere Mächte in der Regierung. Eine weltweite Verschwörung der Nephilim, die sich gegenseitig in einflussreiche Positionen brachten. Und wenn sie einmal die politische Macht erobert hätten, würden sie nach Herzenslust jagen können, ohne Furcht vor Strafe. So, wie sie im Kosovo gejagt haben. Und in Kambodscha. Und in Ruanda. In Zeiten von Krieg, Chaos und Blutvergießen blühen sie erst richtig auf. Das ist ihr Lebenselixier. Armageddon, das ist für sie die Vision eines Paradieses für Jäger. Deshalb können sie es nicht erwarten, es Wirklichkeit werden zu lassen, deshalb sehnen sie es herbei.«
    »Das klingt wie die ultimative paranoide Wahnvorstellung.«
    »Es kann aber auch eine Erklärung für das Unerklärliche sein: warum Menschen einander so schreckliche Dinge antun.«
    »Ihr Vater hat das alles geglaubt?«
    »Er wollte, dass ich es glaube. Aber erst sein Tod hat mich überzeugen können.«
    »Was ist mit Ihrem Vater passiert?«
    »Man hätte es leicht als einen Raubüberfall abtun können, der zufällig tödlich endete. Neapel ist ein gefährliches Pflaster, und als Tourist muss man dort immer auf der Hut sein. Aber mein Vater war auf der Via Partenope unterwegs, der Pro menade am Ufer des Golfs von Neapel, einer Straße, auf der es immer von Touristen wimmelt. Dennoch ging alles so schnell, dass er keine Zeit hatte, um Hilfe zu rufen. Er brach einfach auf der Stelle zusammen. Niemand hatte seinen Angreifer gesehen. Niemand hatte gesehen, was passiert war. Aber da lag mein Vater plötzlich auf der Straße und verblutete. Die Klinge war direkt unterhalb des Brustbeins eingedrungen, hatte den Herzbeutel durchstoßen und die rechte Herzkammer verletzt.«
    »So ist auch Eve Kassowitz gestorben«, sagte sie leise. Eine Tötungsmethode von brutaler Effizienz.
    »Wissen Sie, was für mich

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