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Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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streuen.«
    »Genau.« Er schnaubte verächtlich. » Irgendjemand sollte es machen. Die Stadt ist damit ja offenbar überfordert heute Abend.«
    »Wo ist Detective Crowe?«
    Der Cop deutete auf eine Reihe eleganter Stadthäuser. »Num mer 41. Ist ein paar Häuser die Straße rauf. Ich kann mit Ihnen hingehen.«
    »Nein, ich werde es schon finden, danke.« Sie hielt inne, als ein weiterer Streifenwagen um die Ecke bog und gegen den Bordstein schlitterte. Jetzt verstopften schon mindestens acht Polizeifahrzeuge die schmale Straße, wenn sie richtig gezählt hatte.
    »Wir werden mehr Platz brauchen, damit der Leichenwagen durchkommt«, sagte sie. »Müssen diese Streifenwagen wirklich alle hier sein?«
    »Ja, müssen sie«, erwiderte der Cop. Sein Tonfall veranlasste sie, sich umzudrehen und ihn anzusehen. Im pulsierenden Blaulicht wirkten die Schatten in seinem Gesicht wie eingemeißelt. »Wir müssen alle hier sein. Das sind wir ihr schuldig.«
    Maura dachte an den Tatort von Heiligabend zurück, als Eve Kassowitz vornübergebeugt auf der Straße gestanden und sich in den Schnee erbrochen hatte. Und sie erinnerte sich daran, wie sich die Streifenbeamten über die Neue vom Morddezernat und ihren schwachen Magen amüsiert hatten. Jetzt war diese Frau tot, und das Gelächter war verstummt, war dem grimmigen Respekt gewichen, der allen ums Leben gekommenen Polizistinnen und Polizisten gebührte.
    Der Cop schnaubte zornig. »Ihr Freund ist übrigens auch bei der Truppe.«
    »Er ist Polizist?«
    »Ja. Helfen Sie uns, diesen Kerl zu schnappen, Doc.«
    Sie nickte. »Wir werden ihn schnappen.« Als sie sich auf den Weg zum Haus machte, wurde ihr plötzlich bewusst, wie viele Augen ihr auf Schritt und Tritt folgten - all die Streifenbeamten, die ihre Ankunft zweifellos mitbekommen hatten. Sie kannten ihren Wagen, sie wussten, wer sie war. Der eine oder andere nickte ihr zu, als er sie kommen sah. In klei nen Gruppen standen sie dicht gedrängt und mit dampfendem Atem in der Dunkelheit, wie Raucher, die sich auf eine heimliche Zigarette trafen. Sie kannten den makabren Grund ihres Kommens, und sie wussten genau, dass jeder Einzelne von ihnen irgendwann das bedauernswerte Objekt ihrer Aufmerksamkeit werden könnte.
    Der Wind wehte urplötzlich eine Schneewolke auf, und sie kniff die Augen zusammen und senkte den Kopf, um sich vor den eisigen Nadelstichen zu schützen. Als sie ihn wieder hob, blickte sie in das Gesicht eines Mannes, mit dem sie hier nicht gerechnet hatte. Auf der anderen Straßenseite stand Pater Daniel Brophy und unterhielt sich leise mit einem jungen Polizisten, der zusammengesunken an einem Streifenwagen des Boston PD lehnte, als sei er zu schwach, um sich auf den Beinen zu halten. Brophy legte den Arm um den anderen Mann, um ihn zu trösten, und der Polizist brach schluchzend an seiner Brust zusammen, während der Priester beide Arme um ihn schlang. Andere Cops standen in betretenem Schweigen um sie herum, scharrten mit den Füßen und senkten den Blick, offensichtlich unangenehm berührt von diesem öffentlichen Ausbruch puren Schmerzes. Obwohl Maura Brophys gemurmelte Worte nicht verstehen konnte, sah sie den jungen Cop nicken und hörte, wie er sich eine tränenerstickte Erwiderung abrang.
    Ich könnte nie tun, was Daniel tut , dachte sie. Es war wesentlich leichter, totes Fleisch aufzuschneiden und Löcher in Knochen zu bohren, als sich mit dem Leid der Lebenden auseinanderzusetzen. Plötzlich hob Daniel den Kopf und bemerkte sie. Einen Moment lang starrten sie einander nur an. Dann wandte sie sich ab und ging weiter auf das Haus zu, wo ein Streifen Absperrband am gusseisernen Geländer der Veranda flatterte. Er hatte seinen Job, und sie hatte ihren. Es war Zeit, sich darauf zu konzentrieren. Doch obwohl sie den Blick stur auf den Gehsteig vor ihr gerichtet hielt, waren ihre Gedanken bei Daniel. Sie fragte sich, ob er noch hier sein würde, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig war. Und wenn ja, was würde dann passieren? Sollte sie ihn zu einer Tasse Kaffee einladen? Oder würde das zu dreist wirken, zu aufdringlich? Sollte sie einfach nur »Gute Nacht« sagen und ihrer Wege gehen, wie immer?
    Was erwarte ich denn eigentlich?
    Inzwischen stand sie vor dem Eingang und verweilte einen Moment auf dem Gehsteig, um zu dem stattlichen dreigeschossigen Wohnhaus aufzublicken. Drinnen brannten sämtliche Lichter. Eine Backsteintreppe führte hinauf zu der massiven Haustür, an der ein Messingklopfer im Schein

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