Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutmale

Blutmale

Titel: Blutmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
einfach zum Narren halten«, entgegnete Frost. »Indem er diese merkwürdigen Symbole zeichnet. Und dieses seltene Pigment verwendet. Es ist, als wollte er uns absichtlich verwirren.«
    Jane studierte immer noch die Karte. Sie dachte an das Symbol, das an die Hintertür von Anthony Sansones Haus gezeichnet worden war. Udjat, das allsehende Auge. Sie sah Frost an. »Ägypten liegt direkt südlich von Zypern.«
    »Du denkst an das Horus-Auge?«
    »Was ist das?«, fragte Erin.
    »Das Symbol, das der Täter bei dem Mord auf dem Beacon Hill hinterlassen hat«, antwortete Jane. »Horus ist der ägyptische Sonnengott.«
    »Ist das ein satanisches Symbol?«
    »Wir wissen nicht, was es für diesen Täter bedeutet«, sagte Frost. »Jeder hat da seine eigene Theorie. Er ist ein Satanist. Oder ein Geschichts-Freak. Oder er ist schlicht und einfach durchgeknallt.«
    Erin nickte. »Wie im Fall von Son of Sam. Ich weiß noch, dass die Polizei damals viel Zeit mit der Frage nach der Identität dieses mysteriösen Sam vergeudet hat. Wie sich am Ende herausstellte, war das Ganze nur eine Halluzination des Mörders. Ein sprechender Hund.«
    Jane klappte die Mappe zu. »Wissen Sie, irgendwie hoffe ich, dass unser Täter auch ein Verrückter ist.«
    »Wieso?«, fragte Erin.
    »Weil die Alternative mir wesentlich mehr Angst macht. Dass dieser Mörder voll zurechnungsfähig sein könnte.«
    Jane und Frost saßen im Auto, während der Motor warm lief und das Gebläse den Dunstschleier auf der Windschutzscheibe dahinschmelzen ließ. Wenn es doch nur ebenso leicht gewesen wäre, den Nebel zu lichten, der den Mörder einhüllte. Sie konnte sich kein Bild von ihm machen, hatte nicht die geringste Vorstellung davon, wie er aussah. Ein Esoteriker? Ein Künstler? Ein Historiker? Ich weiß nur eines ganz sicher: Er ist ein Schlächter.
    Frost ließ den Wagen anrollen, und sie reihten sich in den Verkehr ein, der auf den eisglatten Straßen wesentlich langsamer als sonst floss. Der klare Himmel brachte fallende Temperaturen, und heute Nacht würde es so bitterkalt werden wie noch nie zuvor in diesem Winter. Es war ein Abend, an dem man besser zu Hause blieb und sich eine kräftige Suppe kochte; eine Nacht, in der - so hoffte sie - das Böse von den Stra ßen fernbleiben würde.
    Frost fuhr auf der Columbus Avenue Richtung Osten und schlug dann den Weg zum Beacon Hill ein, wo sie sich den Tatort noch einmal ansehen wollten. Endlich war es angenehm warm im Auto, und ihr graute davor, sich wieder in den Wind und die Kälte hinauswagen zu müssen, in Sansones Garten, wo der Boden immer noch mit gefrorenem Blut befleckt war.
    Sie sah, dass sie sich der Massachusetts Avenue näherten, und sagte plötzlich: »Kannst du hier rechts abbiegen?«
    »Fahren wir denn nicht zu Sansone?«
    »Bieg einfach hier ab.«
    »Wie du meinst.« Er tat ihr den Gefallen.
    »Jetzt immer geradeaus, Richtung Albany Street.«
    »Fahren wir zur Rechtsmedizin?«
    »Nein?«
    »Wohin dann?«
    »Wir sind gleich da. Nur noch ein paar Blocks.« Sie las im Vorbeifahren die Hausnummern und sagte dann: »Stopp! Da ist es.« Sie blickte zur anderen Straßenseite.
    Frost hielt am Bordstein und sah sie stirnrunzelnd an. »Kinko's? Was willst du denn in einem Kopierladen?«
    »Mein Dad arbeitet da.« Sie sah auf ihre Uhr. »Und es ist gleich Mittag.«
    »Was tun wir hier?«
    »Wir warten.«
    »Och nein, Rizzoli - sag bloß, es geht um deine Mom?«
    »Diese Sache bringt mir noch mein ganzes Leben durcheinander.«
    »Deine Eltern haben einen kleinen Krach. So was kommt in den besten Familien vor.«
    »Wart nur ab, bis deine Mutter bei dir einzieht. Was meinst du, wie Alice das gefallen würde?«
    »Du wirst sehen, bald vertragen sie sich wieder, und dann geht deine Mutter zu ihm zurück.«
    »Nicht, wenn eine andere Frau im Spiel ist.« Sie setzte sich aufrecht hin. »Da ist er.«
    Frank Rizzoli kam aus dem Kopierladen und zog den Reißverschluss seiner Jacke hoch. Er warf einen prüfenden Blick zum Himmel, fröstelte sichtlich und blies die Backen auf. Eine weiße Atemwolke wirbelte in die eisige Luft auf.
    »Sieht aus, als ob er in die Mittagspause geht«, sagte Frost. »Was ist denn das Problem?«
    »Das«, sagte Jane leise. » Das ist das Problem.«
    Eine Frau war hinter Frank aus dem Laden getreten, eine aufgedonnerte Blondine mit schwarzer Lederjacke und hautengen Jeans. Frank grinste und legte ihr den Arm um die Hüfte. Eng umschlungen gingen sie die Straße hinunter und entfernten sich

Weitere Kostenlose Bücher