Blutmale
dich am Wickel. Nicht bezahlte Strafzettel? Dann mach dich auf was gefasst. Mom kann nicht zurückschlagen, aber ich kann es dafür umso besser. Mit einer unwirschen Bewegung steckte sie den Schlüssel ins Schloss der Wohnungstür und hielt inne, als sie von drinnen die Stimme ihrer Mutter hörte. Das Lachen ihrer Mutter.
Mom?
Als sie die Tür aufstieß, stieg ihr der Duft von Zimt und Vanille in die Nase. Und dann hörte sie ein anderes Lachen, und die Stimme kam ihr verdächtig bekannt vor. Eine Männerstimme. Sie ging in die Küche und starrte in das Ge sicht von Vince Korsak, Detective a. D., der am Tisch saß und Kaffee trank. Vor ihm stand ein riesiger Teller Zuckerplätzchen.
»Hallo«, sagte er und hob zur Begrüßung seine Kaffeetasse. Die kleine Regina lag direkt neben ihm in ihrer Babyschale, und auch sie hob das Händchen, wie um ihn zu imitieren.
»Äh … was machst du denn hier?«
»Janie!«, schalt Angela sie, während sie ein Blech mit frisch gebackenen Plätzchen zum Abkühlen auf den Herd stellte. »Wie redest du denn mit Vince?«
Vince? Sie nennt ihn Vince?
»Er hat angerufen, um dich und Gabriel zu einer Party einzuladen«, erklärte Angela.
»Und Sie, Mrs. Rizzoli«, ergänzte Korsak und zwinkerte Angela zu. »Je mehr Mädels kommen, desto lustiger wird's!«
Angela errötete - und es lag nicht an der Hitze des Ofens.
»Und ich wette, er hat die Plätzchen durchs Telefon gerochen«, sagte Jane.
»Ich war zufällig gerade beim Backen, und da hab ich ihm gesagt, wenn er gleich vorbeikäme, würde ich rasch noch ein Blech für ihn reinschieben.«
»So ein Angebot konnte ich natürlich unmöglich ablehnen.« Korsak lachte. »Ist doch 'ne feine Sache, wenn man seine Mama im Haus hat, was?«
Jane beäugte Korsaks zerknittertes, mit Krümeln übersätes Hemd. »Wie ich sehe, hast du deine Diät aufgegeben.«
»Und wie ich sehe, bist du mal wieder bester Laune.« Er trank schlürfend einen Schluck Kaffee und wischte sich mit seiner fetten Pranke über den Mund. »Hab gehört, dass ihr da an einem verdammt abartigen Fall dran seid.« Er brach ab und sah Angela an. »Verzeihen Sie meine Ausdrucksweise, Mrs. Rizzoli.«
»Oh, nehmen Sie nur kein Blatt vor den Mund«, sagte Angela. »Ich will, dass Sie sich ganz wie zu Hause fühlen.«
Bitte, ermuntere ihn nicht auch noch.
»So 'ne Art Satanskult«, sagte er.
»Das hast du gehört?«
»Ich bin vielleicht im Ruhestand, aber taub bin ich nicht.«
Und er war auch nicht auf den Kopf gefallen. Sosehr er sie auch mit seinen primitiven Witzchen und seinem erschreckenden Mangel an Hygiene auf die Palme bringen mochte - Korsak war einer der scharfsinnigsten Ermittler, die sie kannte. Obwohl er nach seinem Herzinfarkt letztes Jahr den Dienst hatte quittieren müssen, hatte er doch im Grunde die Dienstmarke nie abgegeben. Am Wochenende traf sie ihn immer noch regelmäßig im J. P. Doyle's, einer in Bostoner Polizeikreisen sehr beliebten Kneipe, wo er sich die neuesten Frontberichte anhörte. Ob im Ruhestand oder nicht - Vince Korsak würde eines Tages als Cop sterben.
»Was hast du noch gehört?«, fragte Jane, während sie sich an den Tisch setzte.
»Dass euer Täter ein Künstler ist. Hinterlässt putzige kleine Zeichnungen. Und er …«, Korsak hielt inne und warf Angela, die gerade die Plätzchen vom Blech gleiten ließ, erneut einen Seitenblick zu, »… er schnippelt gerne rum. Liege ich da ungefähr richtig?«
»Ein bisschen zu richtig.«
Angela hatte inzwischen die restlichen Plätzchen in einen Frischhaltebeutel gefüllt, den sie nun mit einer überschwänglichen Geste vor Korsak auf den Tisch legte. Das war nicht die Angela, die sie in ihrer Wohnung vorzufinden erwartet hatte. Ihre Mutter wuselte durch die Küche, als stünde sie unter Strom, raffte Töpfe und Pfannen zusammen und machte sich mit der Spülbürste darüber her, dass es nur so spritzte. Sie sah ganz und gar nicht aus wie eine unglückliche, verlassene, deprimierte Ehefrau - im Gegenteil, sie wirkte zehn Jahre jünger. Ist das immer so, wenn man von seinem Mann verlassen wird?
»Erzählen Sie Jane doch von Ihrer Party«, sagte Angela, während sie Korsak Kaffee nachschenkte.
»Ach ja.« Er trank geräuschvoll. »Ich habe nämlich letzte Woche die Scheidungspapiere unterschrieben. Fast ein volles Jahr Gezerre ums Geld, und jetzt ist es endlich vorbei. Da hab ich mir gedacht, jetzt musst du deine neu gewonnene Freiheit aber auch gebührend feiern. Ich hab meine Wohnung
Weitere Kostenlose Bücher