Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
signalisiert mir, dass er einer Spezies angehört, der brave Mädchen weitläufig aus dem Weg gehen sollten. Wollen sie nicht unter die Räder kommen.
»Zu was ausbilden?«, frage ich unsicher.
»Zur Sklavin.«
»Ich bin Sadistin!«
»Wenn du Sadistin bist, bin ich Kermit, der Frosch«, antwortet er und lacht schallend.
»Das weiß ich ja wohl besser.«
»Offensichtlich nicht.« Er nimmt mir meine Mastercard aus der Hand und steckt sie in das Lesegerät. »Bist du heute Abend im Club?«
»Wahrscheinlich.«
»Dann können wir ja nochmal drüber reden.«
Das klingt wie eine Drohung. Er reicht mir die Tüte mit meinen Neuerwerbungen und meinen Kreditkartenbeleg. Als ich unterschreibe, fällt mein Blick auf die Gesamtsumme und mich trifft fast der Schlag: 737,80 Euro. Erschrocken reiße ich die Augen auf. Jochen flippt aus, wenn er das sieht.
Dracu, der meinen entsetzten Blick registriert hat, greift hinter sich, nimmt einen kleinen Karton aus dem Regal und legt ihn in meine Tüte.
»Ein kleines Geschenk«, sagt er und zwinkert mir zu.
Immerhin, denke ich, er versucht nett zu sein. Das honoriere ich mit einem Lächeln. Einem Lächeln, das mir in dem Moment vergeht, als ich sehe, was auf dem Karton steht: Busenkette mit Nippelzwinge. Vor Schreck fällt mir fast die Tüte aus der Hand.
8
Wilsberg und die hohe Kunst des Bondage
An diesem Abend fand im Club Marquis eine Bondage-Performance statt. Clara Heusken hatte mich mit dem Versprechen geködert, dass viele Stammgäste kommen würden, die ich mir sicher anschauen wolle. Außerdem würde ich die hohe Kunst des japanischen Bondage kennen lernen, vorgeführt von einem in Japan ausgebildeten Meister.
Nun kannte ich Fesselungstechniken zur Genüge, zumeist ausgeführt von Polizisten mit schlichten Handschellen, aber da Clara Heusken meine Auftraggeberin war, konnte ich ihr den Wunsch schlecht abschlagen. Unterschwellig klang in ihrer Stimme auch ein persönliches Interesse mit, allerdings war ich fest entschlossen, auch diesmal dem Angebot einer Einführungslektion in Sadomasochismus zu widerstehen.
Als ich den Saal im Erdgeschoss des Clubs betrat, standen oder saßen etwa fünfzig Leute in kleinen Grüppchen zusammen. Der Altersdurchschnitt lag deutlich über vierzig, allerdings wurden einige ältere Herren, die nach gut gefüllten Bankkonten und Fincas auf Mallorca aussahen, von jungen Frauen begleitet. Hätten nicht alle Lack und Leder in Schwarz getragen – wobei etliche Frauen jedweden Alters ihre Brüste gänzlich unbekleidet ließen –, hätte man die Gläser schwingende und fröhlich talkende Versammlung für eine x-beliebige Cocktailparty halten können.
Doch dann spürte ich, wie ich selbst zum Objekt der Begierde wurde. Einige Transvestiten oder Transsexuelle, die in der Mitte des Saals standen, hatten mich als Frischfleisch ausgemacht und starrten mich aus zentimeterdick zugeschminkten Gesichtern in eindeutiger Absicht an. Unterhalb des Bauchnabels kühlte meine Körpertemperatur um etliche Grade ab. Ich bemühte mich, so desinteressiert wie möglich zurückzuschauen, und stapfte mit machohaftem Gang zur Bar, um mich auf einen Hocker zu fläzen. Die Transen setzten sich ebenfalls in Bewegung. Anscheinend hatte sie mein Heterogehabe nicht beeindruckt. Oder sie dachten, ich würde auf sehr groß geratene, mit Perücken und Bauarbeiterhänden ausgestattete Frauen stehen.
Bevor sie die Bar erreichten, kam mir Clara Heusken zu Hilfe. Dankbar nahm ich zur Kenntnis, dass sie sich auf den Hocker neben mich setzte und mich schelmisch anlächelte. Sie trug einen schwarzen Lederbody, aus dem zwei straff verschnürte, nackte Brüste ragten. Die Nippel steckten in silbernen, strahlenförmigen Schmuckstücken, wie sie Janet Jackson getragen hatte, als sie beim Endspiel der amerikanischen Football-Meisterschaft von Justin Timberlake entkleidet wurde.
»Nicht schlecht«, sagte die Chefin des SM-Clubs, wobei sie das lederne Muskelshirt begutachtete, das meine nicht besonders durchtrainierten Oberarme zur Geltung brachte. Götz hatte es mir am Eingang mit ihrer Empfehlung überreicht.
»Sie sehen auch bezaubernd aus«, gab ich zurück.
»Danke.« Sie nahm die beiden Sektgläser, die die rothaarige Bardame auf die Theke gestellt hatte, und reichte mir eins. »Haben Sie sich schon einen Namen überlegt?«
»Wofür?«
»Niemand hier benutzt seinen richtigen Namen.«
»Wie wäre es mit Georg?«
»Schön.« Sie stieß mit mir an. »Bleiben wir
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