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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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haben. Für mich hat Schmerz auch etwas mit Lust zu tun. Mein Körper schüttet schlicht und ergreifend Endorphine aus, wenn mir jemand in bestimmten Situationen wehtut. Allerdings muss das Drumherum stimmen. Der Schmerz darf nicht zu dominant sein und das Ganze muss in einem sexuellen Zusammenhang stattfinden.«
    »Das ist doch pervers«, rutscht es mir da raus.
    »Pervers?«, fragt sie ironisch und sieht mich von der Seite an. »Sind wir nicht alle ein bisschen pervers? Steckt nicht in jedem von uns ein bisschen SM?«
    Als ich ihr widersprechen will, lässt sie mich nicht zu Wort kommen. »Erzähl mir nicht, dass du noch nie übers Fesseln und übers Auspeitschen nachgedacht hast.«
    »Nie!«, sage ich mit Nachdruck. »Ich bin völlig normal.«
    »Was ist schon normal?« Sie verdreht die Augen. »SM ist eine sexuelle Variante mit genau festgelegten Regeln. Niemand wird zu irgendetwas gezwungen, niemand wird so schwer verletzt, dass seine Gesundheit dauerhaft Schaden nimmt. Alles passiert auf freiwilliger Basis. Wenn der Bottom das Safeword ausspricht, wird sofort abgebrochen.«
    »Und wann beendest du das Spiel?«, fahre ich sie an. »Kurz bevor du das Bewusstsein verlierst?«
    »Der Ehrgeiz einer Masochistin ist es, Schmerz und Demütigung möglichst lange auszuhalten«, antwortet sie, ohne auf meinen provokativen Ton einzugehen. »Und erst dann aufzugeben, wenn sie es wirklich nicht mehr aushält.«
    »Das heißt, heute erträgst du fünf Schläge, morgen zehn, übermorgen fünfzehn, dann zwanzig, dreißig, vierzig. Und immer so weiter. Das ist ja rasend spannend.«
    Renate schüttelt den Kopf. »Es geht nicht nur um den Schmerz. Es geht auch, und bei manchen SMlern sogar ausschließlich, um Macht und Ohmacht. Beim Bottom um die Unterwerfung, um Hilflosigkeit und Demütigung – und beim Top um das Gefühl von Allmacht und totaler Kontrolle. Und natürlich um die Spiele, in denen all diese Erwartungen und Fantasien miteinander verwoben und ständig variiert werden. Das setzt Intelligenz und ein enormes Vertrauen zwischen allen Beteiligten voraus.«
    Klar, denke ich, die SM-Clubs sind voll mit Intelligenzbestien. Lauter Hochbegabte und Nobelpreisgewinner.
    Renate beobachtet mich lächelnd von der Seite. »Probier es doch einfach mal aus. Vielleicht gefällt es dir ja.«
    Das möchte ich mir gar nicht erst vorstellen.
    »Wie war das an dem Abend, als du gemerkt hast, dass nicht Jochen, sondern ein anderer Mann im Raum ist? Dass du jemandem ausgeliefert warst, mit dem es keine Absprachen und kein vereinbartes Safeword gab?«, frage ich stattdessen.
    Renate sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Ich hatte wahnsinnige Angst«, sagt sie leise. »Ich habe wirklich gedacht, der bringt mich um. Bis er mich das erste Mal gestreichelt hat.«
    »Hast du seine Stimme gehört?«
    »Nein.«
    »Aber du bist dir sicher, dass es ein Mann war?«
    »Ja.«
    »Wenn dieser Überfall nur eine weitere Spielvariante war, warum hat Jochen mich dann engagiert?«, frage ich.
    »Weil sich der Typ nicht an die Regeln hält.« Renate steht auf und geht zum Fenster. »Und das ist gefährlich. Außerdem ...«
    »Außerdem?«, frage ich nach.
    »Jochen hat dich auch engagiert, weil ein Sadist sich sein Spielzeug nicht von einem anderen Sadisten einfach so wegnehmen lässt. Und weil wir eine Abmachung haben, Jochen und ich. SM findet nur zwischen uns statt. Es gibt keine anderen Spielpartner.«
    »Du hattest nie etwas mit einem anderen Sadisten?«, frage ich ungläubig. »Auch nicht mit Dracu?«
    Ruckartig dreht sie sich zu mir um. »Ich kaufe meine SM-Klamotten in Dracus Laden. Und wenn es ausgefallenere Sachen sind, dann bestellt er sie und liefert sie mir hierher.«
    »Wie heute Nachmittag«, sage ich. »Und weil er schon mal da war, hast du ihn gebeten, mich abzuholen.«
    »Genau.« Sie wendet sich wieder dem Fenster zu. »Es tut mir leid, wenn dir das unangenehm war.«
    »So unangenehm war es nicht«, antworte ich. Nur etwas seltsam.
    Gedankenverloren reibt sich Renate die Arme. Es ist kühl geworden, das Feuer im Kamin glimmt nur noch und ist kurz davor auszugehen.
    Ich stehe auf und stelle mich neben sie. »Renate«, sage ich. »Du weißt doch, wer es war? Du hast doch eine Vermutung?«
    »Nein«, sagt sie und wendet mir ihr schönes, blasses Gesicht zu. »Aber ich würde es wirklich gerne wissen.«

16
     
    Wilsberg denkt nach und sieht dressierte Pferde
     
     
    Was suchte ich eigentlich bei den Frauen? Die große Liebe, das kurze

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