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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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ihrer Oberseite abgerundet und mit Glasscherben besetzt. Ich brauchte eine Weile, bis ich den Schwachpunkt der Sicherungsanlagen entdeckte. Am Ufer der Werse ragte zwar ein mit Metallspitzen versehenes Gitter etwa einen Meter über die Oberfläche des Flusses hinaus, aber mit etwas Schwung und rudimentären Kletterkünsten gelang es mir, auf der anderen Seite den festen Boden zu erreichen. Jetzt stand ich auf dem Grund der Kaufmannssippe und hoffte, dass sie kein Geld in frei laufende Kampfhunde oder Bewegungsmelder investiert hatten.
    Meine Hoffnung erwies sich als berechtigt. Ungehindert näherte ich mich der verglasten Rückfront. Und ich konnte sehen, wie Pia Petry und Renate Averbeck im Erdgeschoss ausgelassen tanzten.
    Der Anblick der gelöst und locker wirkenden Pia gab mir einen Stich. Sie lachte mit vor Aufregung geröteten Wangen und strahlenden Augen. Ich hatte damit gerechnet, sie deprimiert und von den Ereignissen aus der Bahn geworfen vorzufinden. Vielleicht hatte ich insgeheim sogar darauf spekuliert, sie wieder einmal retten zu müssen. Aber es ging ihr offensichtlich gut. Und ich kam mir wie ein Idiot vor. Was machte ich hier eigentlich?
    Auf der Stelle drehte ich mich um und ging zum Fluss zurück. Es wurde Zeit, dass ich mir Pia Petry aus dem Kopf schlug. Hatte ich wirklich gedacht, sie würde sich etwas aus mir machen? Waren meine Versuche, sie aus Dracus Fängen zu retten und vor der Polizei zu schützen, nichts anderes als sentimentale Anwandlungen eines alternden Provinzdetektivs? Ich war weder reich noch berühmt noch mächtig, hatte also keine der Eigenschaften, die Männer über vierzig für Frauen interessant machen. Besonders für Frauen wie Pia Petry. Gegen einen auf der Sonnenbank gebräunten Markenkleiderbügel wie Jochen Averbeck oder einen exotisch angehauchten Vampirverschnitt wie Dracu hatte ich keine Chance. So war das nun mal. Die Welt war ungerecht. Aber das hatte ich schon vor dreißig Jahren als linker Student gelernt.
     
    Als ich eine halbe Stunde später nach Hause kam, holte ich mir dann endlich ein Bier aus dem Kühlschrank und legte mich auf die Couch in meinem Wohnzimmer. Im Fernsehen lief ein Krimi mit lauter starken Frauen und als Männer verkleideten Waschlappen, dessen Handlung ich gleich wieder vergaß.
    Nach dem zweiten Bier überlegte ich, ob ich in die Innenstadt pilgern und mir in einer Nachtbar etwas Hochprozentigeres gönnen sollte. Aber ich widerstand der Versuchung. Oder ich war einfach zu faul, um mich in den Abgrund zu stürzen.

15
     
    Pia Petry tanzt auf dünnem Eis
     
     
    Das vierte Glas Champagner setzt mich endgültig außer Gefecht. Während Renate, laut Jumping Jack Flash von den Rolling Stones grölend, mit mir durchs Wohnzimmer wirbelt, wird mir schwindelig. Ich lasse ihre Hände los und trudele wie ein seekranker Matrose quer durch den Raum. Sie folgt mir, hält mich fest und ich sinke, kichernd wie ein bekiffter Teenager, gegen ihre Schulter. Ihre weichen, schwarzen Haare kitzeln mich an der Nase, ihr Körper riecht nach Parfüm, nach Schweiß und auch ein bisschen nach Sex. Ich genieße ihre Nähe und das Gefühl, eine beste Freundin zu haben. Eine, die mich wieder mag. Die wieder für mich da ist, die ihre Geheimnisse mit mir teilt, mir zuhört und mich versteht. Am liebsten würde ich ihr in die Arme fallen, aber das traue ich mich nicht. Ihre Verletzungen sind noch nicht verheilt und ich habe Angst, ihr wehzutun. Auch wenn sie behauptet, keine Schmerzen mehr zu haben.
    Als ich keine Anstalten mache, mich von der Stelle zu bewegen, zieht Renate mich zum Sofa. Erschöpft lasse ich mich auf die dicken, weichen Polster fallen. Vor mir ragen die hohen, von schmalen Aluminiumrahmen gehaltenen Glasfenster wie ein bedrohlich schwarzes Felsmassiv auf. Den dahinter liegenden Park hat längst die Dunkelheit verschluckt.
    »Ich mache die Musik aus«, ruft Renate mir zu und tänzelt beschwingt zu dem alten Technics-Plattenspieler, den wir eine Stunde zuvor aufgebaut haben, um all die Platten zu hören, die wir als Teenager so liebten.
    Während mein Oberkörper langsam von der Vertikalen in die Horizontale rutscht, registriere ich etwas draußen im Park. Sofort sitze ich wieder aufrecht. Da war etwas. Ein Schatten, eine Bewegung, irgendetwas, was da nicht hingehört. Aus einem diffusen Gefühl heraus assoziiere ich Wilsberg damit. Bin mir aber nicht sicher, ob mir nicht meine Eitelkeit einen Streich spielt. Vielleicht will ich ja nur, dass er um

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