Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman
die Sklavin diesen Vertrag freiwillig und ohne jeden Zwang oder Druck eingeht.
Die Sklavin geht in das Eigentum ihres Ehemanns über, den sie künftig nur noch mit »Meister« anzureden hat.
Die Sklavin:
– Die Sklavin wird ihren Meister ehren, ihm gehorchen und dienen. Sie übergibt ihm alle Rechte an ihrem Körper, ihrem Geist und ihrer Zeit, solange dieser Vertrag gilt. Sie ist sich bewusst, dass alles, was sie tut, in seinem Sinne getan werden muss.
– Die Sklavin ist zur unbedingten Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber ihrem Meister verpflichtet.
– Die Sklavin wird sich mit allen Kräften bemühen, ihrem Meister zu dienen, gehorsam zu sein, egal was auch immer dies an Schmerz und Demütigung für sie mit sich bringt.
Der Meister:
– Der Meister kann jederzeit uneingeschränkt nach seinem Willen über den Körper und die Seele der Sklavin verfügen.
– Der Meister kann die Sklavin für Verfehlungen nach seinem Ermessen bestrafen oder zu seinem Lustgewinn züchtigen. Die Sklavin hat nicht das Recht, Kritik an der Strafe oder dem Strafmaß zu üben.
– Der Meister hat das Recht, jederzeit Auskunft über den körperlichen und seelischen Zustand der Sklavin zu erhalten.
– Der Meister garantiert der Sklavin, keinerlei Handlungen vorzunehmen, die bleibende Schäden an Körper und Geist der Sklavin nach sich ziehen.
Voraussetzung:
Der Meister darf keine anderen Sklavinnen neben seiner Ehefrau haben, die Sklavin darf keinem anderen Meister neben ihrem Ehemann dienen. Bei Zuwiderhandlung hat der Vertragsbrüchige sein Heil verwirkt.
Gültigkeit:
Vom Zeitpunkt des Vertragsbeginns bis zum Ableben einer der beiden Vertragsparteien.
Stadt/Datum
Münster, den 23. Juli 1990
Meister – Sklavin
Jochen Averbeck – Renate Averbeck
Als ich das Datum sehe, bekomme ich eine Gänsehaut. An dem Tag haben die beiden geheiratet. Renate hat sich quasi selbst ihrem Ehemann zum Hochzeitsgeschenk gemacht. Per Sklavenvertrag. Ein Vertrag, fällt mir da auf, der einen Widerspruch in sich selbst darstellt. Denn Sklaverei findet bekanntlich gegen den Willen des Betroffenen statt. Wer versklavt wird, wird nicht gefragt. Doch offensichtlich hat Jochen Renate gefragt. Ungeachtet der Tatsache, dass dieses Abkommen sittenwidrig und damit rechtsungültig ist. Doch solche Spitzfindigkeiten scheinen in der Szene ohnehin niemanden zu interessieren. Wie hatte Dracu so schön gesagt: Ein solcher Vertrag ist absolut verbindlich. Zumindest in unseren Kreisen.
Hinter dem Dokument hängt ein weiteres Formular. Ein Sklavinnen-Steckbrief, in dem genau spezifiziert wird, zu welchen Praktiken und Spielvarianten sich die Sklavin Renate Averbeck gerne bereit erklärt, welche sie nur unter Zwang und welche sie auf gar keinen Fall machen möchte. Renate hat sich selbst als Sklavin und devotes Lustobjekt klassifiziert und als hart belastbar und schmerzgeil beschrieben. Die in diesem Steckbrief aufgeführten Praktiken wie Bondage (Fesselspiele), Fußerotik, Käfighaltung, Elektro/Reizstrom, Kerzenwachs, Facesitting, verbale Demütigung, Vorführung etc. hat sie alle angekreuzt. Ausnahmslos. Auch die unappetitlichen. Sie hat nichts ausgelassen.
Ich bin entsetzt. Meine beste und älteste Freundin ist eine Hardcoremasochistin. Kein Wunder, dass der Überfall und die dabei erlittenen Schnittverletzungen so wenig Eindruck auf sie gemacht haben. Sie ist tatsächlich pervers, denke ich. Sie muss pervers sein. Wie kann ich mich einem anderen Menschen so bedingungslos ausliefern, mir freiwillig solche Dinge antun lassen? Und dabei auch noch Lust empfinden.
Ich lege den Hefter und die Bücher zurück und schließe den Bettkasten. Früher hat mich diese SM-Welt so ein kleines bisschen fasziniert. Das gebe ich ehrlich zu. So ein bisschen Haue, eine bisschen Kratzen, ein bisschen Beißen, ein bisschen Fesseln – fand ich eigentlich ganz spannend. Als Ausdruck von Leidenschaft und Wildheit. Als archaisches Gefühl, das einen zurückversetzt in die Zeiten, als die Jungs ihre Mädels an den Haaren in ihre Höhlen schleppten. Aber nichts davon finde ich hier wieder. Es geht nicht um ein bisschen Unterdrückung, um ein bisschen Unterwerfung, um ein bisschen Schmerz. Es geht um viel mehr, ist viel umfassender und in seinen Ausmaßen so gewaltig, dass es mich nur noch entsetzt.
26
Wilsberg wartet mit Kardinal von Galen auf dem Domplatz
Ich saß am Küchentisch und konzentrierte mich auf den sanften Druck unter
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